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Marktberichte |
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Porzellan ist beim Heidelberger Auktionshaus Metz in Qualität und Umfang wieder Trumpf. Auch historisch Bedeutendes findet sich darunter  Wellingtons Sieg und Flaschenkühler

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 |  | François Coudray, Portraitrelief von Johann Friedrich Böttger, 1710 | |
Das Auktionshaus Metz gilt als Spezialist für Porzellan. Das macht die kommende Versteigerung einmal mehr eindrucksvoll deutlich. Kaum ein Mitbewerber in Deutschland kann etwa soviele Zeugnisse der frühen Porzellanentwicklung in Europa vorweisen, wie das Heidelberger Unternehmen. So startet die Auktion am kommenden Samstag mit einer Reliefplakette aus Böttgersteinzeug, auf der sich einer der Erfinder der westlichen Porzellanherstellung selbst feiert: auf der kleinen runden Scheibe prangt das markante und ernste Profilbildnis von Johann Friedrich Böttger, wie ihn der in Dresden tätige Bildhauer François Coudray im Jahr 1710 sah. Dafür sind 17.500 Euro veranschlagt. Mit rotbraunem Böttgersteinzeug aus Meißen geht es weiter, etwa mit einer kaum jüngeren gedrungenen Teekanne von Johann Jakob Irminger, auf deren Wandung sich als Dekor bunte Reliefblüten von Johann Martin Meyer für 15.000 Euro ausbreiten.
Der als Goldschmied ausgebildete Johann Jakob Irminger wurde wohl auf Böttgers Vorschlag 1710 an die neugegründete Porzellanmanufaktur in Meißen berufen, wo er laut nachträglichem Vertrag von 1712 Modellformen schaffen und zugleich die Handwerker anlernen und beaufsichtigen sollte. Aus Irmingers Modelleurtätigkeit stammt zudem noch eine birnförmig gestaltete Teekanne von 1711, die am Ausguss mit einem Maskaron verziert und mit einer Silbermontierung gefasst ist (Taxe 24.000 EUR). Dieser Wert wird auch für seine Kaffeekanne von 1710 in Anschlag gebracht, die mit einem sogenannten „Türkenbund“ als Deckel geschlossen und daher als „Türkische Form“ bezeichnet wird. Dazwischen rangiert bei 18.000 Euro Irmingers rotbraune Böttgersteinzeug-Flasche aus dem selben Jahr mit aufmodellierten Kakiemonblütenzweigen und Fabeltieren. Dann steht zunehmend das „Weiße Gold“ aus Meißen im Mittelpunkt. Erste Höhepunkte sind noch Irminger-Modelle, etwa eine hexagonale Teedose von 1712 mit reliefiertem Blüten- und Blattdekor (Taxe 8.000 EUR) oder eine Teekanne von 1713 mit einem kräftigen Relief aus Akanthusblättern (Taxe 7.500 EUR).
Im Rokoko werden die technischen Möglichkeiten besser und damit die Ausführungen feiner und raffinierter. Dazu listet der Katalog unter anderem eine große runde Deckelterrine von 1725 mit einer Handhabe aus Baumästen und einem Chinoiseriedekor von Johann Gregorius Höroldt (Taxe 36.000 EUR) oder eine weitere Deckelterrine von 1723/24 auf drei Beinen und mit seitlichen eckigen Henkeln, bei der Höroldt die Malerei mit fernöstlichen Szenen und den sogenannten „Salamidekor“ fast noch überbordender aufgebracht hat (Taxe 10.000 EUR). Selten trifft man beim Meißner Porzellan auf eine eckige vierpassige Kannenform, die sich nach oben geschwungen verjüngt. Metz kann ein Exemplar von 1724 vorweisen, bei dem Johann Gregorius Höroldt wiederum für den bunten Chinoiseriedekor zuständig war (Taxe 24.000 EUR).
Die Augustus Rex-Marke weckt stets besondere Aufmerksamkeit; stehen die Meißner Waren doch dann in direktem Zusammenhang mit Kurfürst August dem Starken. Daher soll eine hohe Deckelvase mit kobaltblauem Fond, Goldspitzenkartuschen, Kakiemonblütenzweigen von Johann Ehrenfried Stadler in den Reserven und wertsteigender ligierter „AR“-Marke am Boden auch 32.000 Euro einspielen. Daran schließt sich eine Bechervase mit Augustus Rex-Marke an, die Johann Gottfried Klinger um 1730/35 fein mit Blütenbündeln und Insekten in Purpur staffiert hat (Taxe 22.000 EUR). Für die Hausmalerei steht eine Meißner Kaffeekanne, die Johann Auffenwerth 1725 in Augsburg mit zwei Komödienszenen in Schwarzlot verziert hat (Taxe 16.000 EUR). Ausgefallen ist zudem die Meißner Spielkartendose „L’Hombre“ von 1760. Unter dem abnehmbaren Deckel mit französischen Spielkarten befinden sich vier gleichgroße, rechteckige Jetondosen, die mit Spielsteinen der Kartensymbole gefüllt sind (Taxe 24.000 EUR).
Figürliches Porzellan hält der Katalog ebenfalls bereit. Hier tut sich vor allem Johann Joachim Kändler mit seinen galanten Entwürfe hervor, etwa den drei „Kirschenpflückern“ von 1755 (Taxe 5.000 EUR) oder der süffisanten Gruppe „Reiche alte Frau mit jungem Liebhaber“ von 1760, der seiner „Angebeteten“ zwar eben einen Handkuss gibt, aber schon auf das Geld nach ihrem Tod schielt (Taxe 2.600 EUR). Für Kändlers zweiteilige Gruppe einer „Kauffrau“ und eines „Kaufmannes“ von 1740/48 beim Schreiben in ein Warenbuch und eines Briefes werden 12.000 Euro fällig, für sein Paar Papageien der „Mittleren Größe“ von 1741 das Doppelte. Seltenheitswert darf das Paar Potpourrigefäße von 1730/35 beanspruchen, die Kändler fast schon exzentrisch in Muschelform auf erhöhten, korallenartigen Füßen und mit einem durchbrochenen Deckel angelegt hat, auf dem drei prächtige, vollplastisch modellierte Blüten wachsen (Taxe 36.000 EUR).
Aber auch andere Manufakturen kommen in der Auktion zu ihrem Recht. So lässt sich etwa ein interessanter Vergleich zwischen Kändlers „Großem Pantalone“ aus dem Jahr 1743 (Taxe 6.000 EUR) zu der gleichen Commedia dell’Arte-Figur von Kloster Veilsdorf ziehen, die Wenzel Neu 1764/65 doch etwas weniger agil und damit behäbiger modellierte (Taxe 2.800 EUR). Charmant ist die Kindergruppe mit Vogelbauer von 1751/57 aus der ersten Berliner Porzellanmanufaktur von Wilhelm Caspar Wegely (Taxe 600 EUR). Dann stellt der Katalog einen Bauern mit Sack als „Müllerknecht“ von Georg Ludwig Bartholome aus Fulda um 1770 für 2.500 Euro der gleichen Berufsgruppe aus der Frankenthaler Serie „Erntearbeiter“ von 1759/62 nach einem Modell von Johann Wilhelm Lanz für 1.800 Euro gegenüber.
Die Münchner Manufaktur Nymphenburg liefert etwa aus dem späten Rokoko die beiden von Franz Anton Bustelli entworfenen Figurengruppen „Liebespaar in der Ruine“ mit Hund und Ziegenbock (Taxe 7.000 EUR) und „Der gestörte Schläfer“ in einem C-Schwung, den eine musizierende Schäferin eben aufweckt (Taxe 9.000 EUR). Bekannter sind die nach Bustelli-Vorlagen bis heute immer noch produzierten Gestalten der „Italienischen Komödie“; in der Auktion ist eine originale exaltierte „Leda“ von 1760/65 für 7.500 Euro zu haben. Die Porzellanmanufaktur Höchst kann auf einen seltenen Satz von sechs Eierbechern aus dem Jahr 1765 verweisen, deren bunt gefasste Kuppa in Form von Tulpenblüten ausgearbeitet ist (Taxe 6.500 EUR). Eine Sammlung aus schwäbischem Privatbesitz steuert immerhin 72 Teile aus der Ludwigsburger Porzellanproduktion zwischen 1758 und 1824 für meist dreistellige Werte bei, darunter etwa Johann Adam Bauers Winzerpaar als Allegorie des Monats „Oktober“ von 1765/70 (Taxe 600 EUR) oder ein rechteckiges Tablett mit Blumenbouquets und Streublumen von 1770 (Taxe 360 EUR), aber auch ein musizierendes Schäferpaar in einer Ruinenarchitekturkulisse mit Ziegenbock, einem wundersamen Delphin und Putto von Johann Christian Wilhelm Beyer aus dem Jahr 1763 (Taxe 2.800 EUR).
Höhepunkt bei KPM ist ein auch historisch bedeutender Flaschenkühler aus dem Service für Arthur Wellesley, 1. Herzog von Wellington, dem Sieger in der Schlacht bei Waterloo. Das Service war 1817/19 ein Geschenk des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. an den großen britischen Feldherrn. Die Vorlagen lieferten der deutsche Bildhauer Johann Gottfried Schadow und der englische Zeichner und Naturforscher Charles Hamilton Smith, die Malereien entwarf und überwachte Gustav Friedrich Amalius Taubert; aber auch Friedrich Wilhelm III. ließ es sich nicht nehmen, an der Ausführung mitzuwirken. Zum dem Tafelgeschirr gehören 21 vergoldete Flaschenkühler. Auf deren Schauseiten sind Soldaten unterschiedlicher Truppenteile aus den Ländern dargestellt, die unter Herzog Wellington gedient hatten, beim vorliegenden Exemplar Regimentsmitglieder aus Dänemark. Dieses Stück wurde dem preußischen König als Mustervorlage präsentiert, um gemeinsam die bildliche Wiedergabe der Militärs zu besprechen. Als Prototyp und persönliches Belegexemplar des Königs verblieb dieser Flaschenkühler in Berlin und soll nun 36.000 Euro einspielen.
Die Auktion beginnt am 14. Oktober um 11 Uhr. Die Vorbesichtigung ist bis zum 13. Oktober täglich von 10 bis 18:30 Uhr sowie zwei Stunden vor Auktionsbeginn möglich. Der Internetkatalog listet die Objekte unter www.metz-auktion.de. |  | Kontakt: Auktionshaus Metz Friedrich-Ebert Anlage 3-5 DE-69117 Heidelberg |
 | Telefon:+49 (06221) 23571 | Telefax:+49 (06221) 183231 |  |
13.10.2023 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Werner Häußner |  |
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 Johann Joachim
Kändler, Reiche alte
Frau mit jungem
Liebhaber, 1760 |  | Taxe: 2.600,- EURO Losnummer: 68 |  |  |  |  |  | 
 Johann Jakob
Irminger, Flasche,
1710 |  | Taxe: 18.000,- EURO Losnummer: 8 |  |  |  |  |  | 
 Johann Jakob
Irminger, Kanne
„Türkische Form“,
1710 |  | Taxe: 24.000,- EURO Losnummer: 9 |  |  |  |  |  | 
 Johann Jakob
Irminger, Teedose,
1712 |  | Taxe: 8.000,- EURO Losnummer: 52 |  |  |  |  |  | 
 Johann Ehrenfried
Stadler, Augustus
Rex-Deckelvase,
1725/30 |  | Taxe: 32.000,- EURO Losnummer: 43 |  |  |  |  |  | 
 Johann Gottfried
Schadow, Johann
Gottfried Schadow
und Charles Hamilton
Smith,
Flaschenkühler aus
dem Service für
Arthur Wellesley, 1.
Herzog von
Wellington, 1817/19 |  | Taxe: 36.000,- EURO Losnummer: 208 |  |  |  |  |  | 
 Johann Jakob
Irminger, Teekanne,
1711 |  | Taxe: 24.000,- EURO Losnummer: 5 |  |  |  |  |  | 
 Johann Gregorius
Höroldt, Runde
Deckelterrine, 1725 |  | Taxe: 36.000,- EURO Losnummer: 49 |  |  |  |  |  | 
 Johann Jakob
Irminger, Teekanne,
1710/13 |  | Taxe: 15.000,- EURO Losnummer: 2 |  |  |  |  |  | 
 Johann Joachim
Kändler,
Kirschenpflücker,
1755 |  | Taxe: 5.000,- EURO Losnummer: 18 |  |  |
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