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Aktuellzum Archiv:Messe-Vorbericht

Die Highlights in München: Trotz Rezession und Kriegsszenario ist die Stimmung auf der internationalen Kunstmesse zuversichtlich. Dafür warten die Teilnehmer wieder mit Erlesenem, Außergewöhnlichem und Exotischem von der Antike bis zur Gegenwart auf

Der Süden glänzt noch immer



auf den „Highlights – Internationale Kunstmesse München“ 2023

auf den „Highlights – Internationale Kunstmesse München“ 2023

Die Messen mit alter Kunst und Antiquitäten haben sich in Deutschland rar gemacht. Gab es in den 2000er Jahren in Berlin die „Ars Nobilis“, in Hannover die „Kunst in Herrenhausen“, im grenznahen Basel die „Cultura“, die inzwischen alle eingegangen sind, und buhlten früher noch Köln und Düsseldorf um eine entsprechende Veranstaltung, so hat die Koelnmesse die Cologne Fine Art im vergangenen Jahr zu einem Anhängsel der Art Cologne degradiert. Diese Entwicklung spiegelt das seit Jahren schwindende Interesse an Möbeln aus dem Barock und Klassizismus, an altem Porzellan, Silber, Keramik oder Glas wider, deren Verkauf weitgehend in die Auktionshäuser oder ins Internet abgewandert ist. Aber es gibt einen Lichtblick: Als einziger wichtiger deutscher Messestandort für dieses Metier ist München übriggeblieben. Hier tummeln sich mit den „Kunst & Antiquitäten München“ und den „Highlights – Internationale Kunstmesse München“ noch zwei relevante Events, die neben Kunst aus dem 20. und 21. Jahrhundert auch bis zur Antike zurückgehen.


Die „Highlights“, die noch bis Sonntag ihr Quartier in der Münchner Residenz aufgeschlagen haben, sind hierzulande nicht mehr zu toppen. Sie halten auch in ihrer 14. Ausgabe das Versprechen, eine der schönsten und glanzvollsten Verkaufsschauen in Europa zu sein. Dabei verstehen sie sich als überschaubare Boutique-Messe, die sich mit knapp 60 international agierenden Händler*innen auf das obere Segment des Kunstmarkts konzentriert. Das gereicht ihr diesmal wieder zum Vorteil: die Schau wirkt nicht überfüllt und lässt sich gut durchstreifen, die Stände sind dezent und ästhetisch arrangiert, die Mischung der Epochen und Sammelgebiete stimmt und die Händler*innen sind in positiver Erwartung. So bezaubert Antiken-Spezialist Jean-David Cahn aus Basel die Besucher*innen etwa mit einer attischen Lekythos aus dem sechsten oder fünften Jahrhundert vor Christus. Das Gefäß, das den alten Griechen zur Aufbewahrung von Olivenöl diente, ist mit einem Pferd und einem nackten jugendlichen Reiter verziert. Zeitlich auf der jüngsten Seite hat sich die Dresdner Galerie Gebr. Lehmann positioniert, die heuer ihr Highlights-Debüt feiert. Abstrakte Formfindungen, wie Slawomir Elsners Farbmodulationen auf dem Aquarell „Just Watercolors“ von 2023 oder Eberhard Havekosts gestisch inspirierte Leinwand „Lichtung“ von 2015, stehen figurativen Positionen gegenüber, darunter den Arbeiten des japanischen Pop Art-Vorreiters Keiichi Tanaami, etwa eine junge Frau im Bikini mit zwei Vögeln von 1972 unter dem Titel „Blue Sky“.

Die zeitgenössische Kunst spielt auf den Highlights eine zunehmend größere Rolle. So hat die Hamburger Galeristin Nanna Preußners Werke von Antje Blumenstein und Astrid Busch mit nach München gebracht, die zwischen Minimalismus, Farbfeldmalerei und Organischer Abstraktion angesiedelt sind. Während sich Blumenstein in ihrer Serie „lines B“, die aus vier im Abstand weniger Zentimeter hintereinander gesetzten Acrylglasplatten in zwei verschiedenen Farben und dezent eingefrästen Geraden besteht, mit Linien, Flächen und Farben, den Grundelementen abstrakter Kunst, beschäftigt, geht Busch vom Medium des Fotos aus. Ihre Arbeiten, die sich auf gefundene und selbst erzeugte Bilder beziehen, verdichtet Busch zu ebenfalls ungegenständlichen räumlichen Bildarrangements, aus denen schließlich Fotografien unter komplexen Lichtverhältnissen entstehen, die sie auf verschiedenen Bildträgern in den Raum überträgt oder auch als Skulpturen weiterentwickelt. Klassische Fotografie gibt es dann bei Ira Stehmann, die neben ihrer Koje die Highlights-Lounge mit einer kleinen Schau zu Ron Galella ausgestattet hat. Auch diese Schwarz-Weiß-Abzüge des 2022 verstorbenen Paparazzo, der in den 1950er Jahren die Sensationspresse mitbegründete, sind verkäuflich, so das verzerrte Lachen von „Grace Jones attends Disco Convention Banquet at the New York Hilton Hotel, Febr. 28 1979“, das für 6.500 Euro zu haben ist.

Der Münchner Händler Stefan Vogdt kombiniert bevorzugt modernes Design mit junger Kunst und präsentiert für 39.000 Euro einen schlichten konstruktiven Holzschreibtisch, den Pierre Jeanneret um 1958 für eine Büroausstattung im indischen Chandigarh entworfen hat, zusammen mit Olaf Unverzarts rot glühendem Berggipfel des Matterhorns auf einem Light Jet Print des Jahres 2009. Zahlreiche Aussteller haben sich der Kunst der Nachkriegsepoche verschrieben. Während Informel und Farbfeldmalerei im musealen Kontext derzeit kaum eine Rolle spielen, werden sie von der Sammlerschaft rege nachgefragt und sind daher auf den Highlights gut vertreten. Für 380.000 Euro hängt am Stand der Galerie Beck & Eggeling beispielsweise Ernst Wilhelm Nays „Grüne Flucht“, ein dynamisches Werk aus der Reihe der „Fugalen Bilder“ von 1951, bei dem Düsseldorfer Kollegen Ludorff Willi Baumeisters flächig komponierte Formenspielerei „Mit rotem Kreis“ von 1951 für 395.000 Euro oder Sam Francis’ blau gesättigte Postkartenmalerei „Untitled (Pasadena Box #1)“ mit gelben und roten Farbspritzern von 1964 für 45.000 Euro. Richtig teuer wird es Manuel Ludorff aber bei der Moderne. So sollen Hermann Max Pechsteins spätexpressionistische farbenprächtige „Keitelkähne“ von 1920 für 950.000 Euro aus der Münchner Residenz schippern. Nur 100.000 Euro darunter rangiert Alexej von Jawlenskys zarter und meditativer „Abstrakter Kopf: Winter“ von 1927.

Ein epochenübergreifendes Konzept fährt zudem die Kunsthändlerin Sina Stockebrand aus Veltheim bei Braunschweig, folgt dabei aber konsequent der ungegenständlichen Kunst von frühen konstruktiven Positionen bis zur Minimal Art. Eines ihrer Messe-Highlights ist Walter Dexels „Gelbherrnpagode“, eine mit Tempera, Tusche, Deckweiß, Bleistift und Papiercollage entwickelte konstruktivistisch-geometrische Komposition von 1928, für 88.000 Euro, aber auch Abraham David Christians aus Kegelformen konstruierte titellose Skulptur von 1997/98 für 58.000 Euro, die ihren ästhetischen Reiz durch das zarte Material Papier erhält. Ferner macht Stockebrand auf den kaum bekannten Carl Krasberg, einen Vertreter der Konkreten Kunst, aufmerksam und hat aus seinem Atelier unter anderem die systematisch aufgebauten Farbreihen-Gemälde „8 gleich Farbquanten an einer Achse – hellgrau + schwarz“ von 1976 und „5 wachsende Farbgruppen“ von 1974 mitgebracht.

Die Kunsthändler für Moderne müssen sich mangels Masse bei den wichtigen Namen zunehmend von der Malerei auf Arbeiten auf Papier verlagern. Das tut dem Angebot der Messe aber keinen Abbruch. Findet sich hier doch genauso Qualitätvolles, das oft in den spontanen Arbeitsprozess der Künstler blicken lässt, etwa in der dichten Bleistiftstudie „Elch in phantastischer Umgebung“ von 1913 aus einem Skizzenbuch von Franz Marc, die der Hamburger Kunsthändler Thole Rotermund für einen unteren sechsstelligen Euro-Betrag offeriert. Etwas zackiger geht es bei Ernst Ludwig Kirchners Rohfederzeichnung „Kleine Fränzi“ von 1909/10 zu. Das Lieblingsmodell der Brücke-Künstler aus der Dresdner Zeit hat auch Erich Heckel 1909 in dem Aquarell „Fränzi mit Decke“ eingefangen, das das Münchner Alexander Kunkel erst im Juni 2022 beim Auktionshaus Ketterer für einen Nettozuschlag von 85.000 Euro eingekauft hat und nun für 185.000 Euro wieder loshaben will. Die „Fränzi“-Suite komplettiert der Berliner Grafikspezialist Jörg Maaß mit Heckels Kaltnadel und Flächenätzung „Liegendes Kind“ von 1910. Außerdem stellt er Edvard Munchs bekannte Lithografie „Das Weib“ von 1899 für 100.000 Euro vor. Seinen Stand hat der Salzburger Galerist Thomas Salis diesmal mit exquisiten Collagen von Max Ernst, Jean-Jacques Lebel, Robert Motherwell, Victor Vasarely oder Christo ausgestattet; darunter findet sich auch Kurt Schwitters’ kleine sympathische „Merzzeichnung“ von 1947 mit collagierten Papieren und blauen Kreidespuren für netto 78.000 Euro.

Aus Österreich ist gleichfalls die Wiener Galerie Sylvia Kovacek angereist, die mit Werken von Gustav Klimt, Alfons Walde oder Egon Schieles Zeichnung „Sitzende Dame“ um 1914 ein dezidiert österreichischen Programm fährt, einen Schwerpunkt auf die Wiener Kinetistin Erika Giovanna Klien legt und unter anderem ihr „Movement of two Heads“ präsentiert. Bei diesem Gemälde Kliens von 1951 evozieren Köpfe und Hände in einer Sequenz farblich abgestufter Profile eine Bewegung. Kunst und Kunsthandwerk aus Österreich vereint auch die Galerie bei der Albertina – Zetter aus Wien, die bis vor kurzem mit einer Ausstellung ihr 50jähriges Firmenjubiläum gefeiert hat. Davon hat Katharina Zetter-Karner Leopold Forstners um 1910 entstandenes Mosaik „Calla“ mitgebracht, das in der Stilisierung der Pflanze beinahe eine monumentale Bildwirkung entfaltet. In dieser Epoche ist auch Monika Fahrenson von der Münchner Kunsthandlung Brigantine 1900 tätig. In ihrer Koje treffen schönlinige Jugendstil-Möbel von Richard Riemerschmid, Hedwig Bollhagens große Keramikvase mit einem unterbrochenen Streifendekor in Rot und Blau von 1926/28 oder das mythologische Aktgemälde „Abschied der Dryaden“ der Londoner Künstlerin Noël Laura Nisbet um 1915/20 aufeinander.

Früher Porzellankunst widmet sich dann Langeloh Porcelain aus Weinheim. Bei ihr sticht eine Meißner Teekanne für 35.000 Euro heraus, die Johann Joachim Kändler um 1735 als Affenmutter mit zwei Jungen modelliert hat, die den Henkel und den Ausguss bilden. Ihr Münchner Kollege Röbbig glänzt neben Waren aus der Meißner Porzellanmanufaktur auch mit einem frühklassizistischen Kommoden-Paar von Heinrich Wilhelm Spindler aus Potsdam um 1780, für das 860.000 Euro auf dem Preisschild stehen. Bei Christian Eduard Franke aus Bamberg lockt dann ein eleganter, eine Stilgeneration älterer Mainfränkischer Tabernakelsekretär des Rokoko aus Würzburg um 1750, ebenso wie ein aufwändig gestalteter Antwerpener Kabinettschrank um 1650 aus Ebenholz mit rot unterlegtem Schildpatt und gemalten Szenen aus Ovids Metamorphosen für 450.000 Euro oder eine ovale Tabatiere des bedeutenden Dresdner Steinschneiders und Hofjuweliers Johann Christian Neuber.

Ein Generalist ist desgleichen der Kunsthändler Peter Mühlbauer, dessen Offerte von François Haberts Prunkstillleben mit vergoldeten und silbernen Kannen, Früchteplatte, Blumenstrauß sowie Brokatdecken- und Vorhangdraperie aus der Mitte des 17. Jahrhunderts für 225.000 Euro über einen sächsischen Serpentin-Humpen um 1600/20 mit Nürnberger Silbermontierung von Balthasar Holweck bis zu einer fein geschnitzten Elfenbeintafel mit dem „Raub der Sabinerinnen“ von Ignaz Elhafen um 1685 reicht, die Mühlbauer erst kürzlich mit Rothschild-Provenienz aus einer süddeutschen Sammlung erwerben konnte. Mühlbauers Renaissance-Trinkspiel, das Esaias zur Linden um 1620 als Schiffspokal aus vergoldetem Silber gearbeitet hat, konkurriert bei der Silberhändlerin Helga Matzke mit einem Trinkschiff auf Rädern, das der selbe Nürnberger Goldschmied in dieser Zeit für die Trinkkultur an Fürstenhöfen oder im Patriziat der führenden Reichsstädte eindrucksvoll detailverliebt geschaffen hat.

Die Antiquités Ségal & Selig aus Basel, die in sechster Generation mit frühen Porzellanen, Fayencen und Kunstkammerobjekten handeln, haben sich erstmals zu den Highlights aufgemacht. In München zählen eine Straßburger Fayence-Bildplatte mit der von Paul Anton Hannong in Purpurrot gemalten Bibelszene „Lot und seine Töchter“ aus der Mitte des 18. Jahrhunderts für 60.000 Euro und ein frühes und daher seltenes Deckelkännchen von Christian Friedrich Herold zu den Höhepunkten, das der spätere Meißner Porzellanmaler um 1725/30 noch in Emaille mit sieben Reserven samt dionysischen Szenen, Gitter- und Bandelwerk sowie Früchtefestons und Goldreliefs verziert hat. Exotik bringt dann ein weiterer Neuaussteller mit nach München: Zebregs & Röell aus Amsterdam mit ihren Objekten des 16. bis 19. Jahrhunderts von fernen Gestaden. Neben zahlreichen Schatullen und Kabinettschränken aus Indien und dem fernen Osten haben sie ihren Stand mit ausgewählten Fayencen und türkischen Kacheln geschmackvoll hergerichtet.

Die Highlights laufen bis zum 22. Oktober in der Münchner Residenz. Geöffnet ist täglich von 11 bis 20 Uhr, am 19. Oktober zusätzlich bis 21 Uhr und am 22. Oktober nur bis 19 Uhr. Der Eintritt beträgt 25 Euro, für Senioren 20 Euro und für Studenten 10 Euro; für Kinder ist er kostenlos.

Highlights – Internationale Kunstmesse München
Residenz München, Eingang Hofgarten
Residenzstraße 1
D-80333 München

www.munichhighlights.com



19.10.2023

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching

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Kunstgenuss, aber sicher

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Wieder von Kunst berauscht







Esaias zur Linden, Trinkschiff, Nürnberg um 1620

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Pierre Jeanneret, Schreibtisch für Chandigarh, um 1958

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Christian Friedrich Herold, Deckelkännchen, um 1725/30

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Leopold Forstner, Mosaik „Calla“, um 1910

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Kurt Schwitters, Ohne Titel (8.7. 0/1), 1947

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Edvard Munch, Das Weib, 1899

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Johann Joachim Kändler, Teekanne in Form einer Affenmutter, um 1735

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Esaias zur Linden, Trinkschiff mit Kaltmalerei, Nürnberg um 1609/29

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François Habert, Prunkstillleben, um 1650

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Franz Marc, Elch in phantastischer Umgebung (Hirsch in Landschaft), 1913

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