 |  | Markus Pernhart, Panorama von der Spitze des Mangart in den Julischen Alpen | |
Markus Pernhart war ein Maler mit Hang zum Alpinen. Den gebürtigen Kärntner zog es häufig in die heimatlichen Berge, die er mit hoher Präzision und geografischer Exaktheit abkonterfeite. Sein umfangreiches Œuvre aus den Bergen steht am Schnittpunkt zwischen Entdeckertum, Malerei und Wissenschaft. Um eine überwältigende Wirkung von weiten Panoramen auf den Gipfeln malerisch umzusetzen, entwickelte Pernhart ab den späten 1850er Jahren Rundumblicke: vierteilige, großformatige Bildserien, die den Betrachter*innen das Gefühl vermitteln, selbst am Gipfelkreuz zu stehen. Sein monumentales Großglockner-Panorama, das heute zur Sammlung des Kärntner Landesmuseums gehört, machte ihn ab den 1860er Jahren über seine Heimat hinaus bekannt. In der Folge realisierte Pernhart etwa 20 bis 25 weitere Panoramen verschiedener Berggipfel, darunter Rundsichten von der Saualpe, dem Dobratsch, vom Magdalensberg oder dem Luschariberg. Schon im Juni 2021 konnte das Dorotheum mit dem „Großen Panorama der Koralpe“ punkten, das damals von 80.000 Euro auf den aktuellen Pernhart-Rekord von 230.000 Euro schoss. Nun steht bei dem Wiener Versteigerer eines seiner weiteren Hochgebirgsmotive zum Verkauf an: Das weite Panorama von der Spitze des Mangart in den Julischen Alpen wurde in den 1860er Jahren direkt beim Künstler erworben und nun marktfrisch von einer österreichischen Privatsammlung eingeliefert. Mit einer Schätzung von 160.000 bis 220.000 Euro soll es an den gültigen Spitzenwert anknüpfen.
Blättert man den Katalog zur Auktion des Dorotheum mit Gemälden des 19. Jahrhunderts durch, dominieren neben Landschaftlichem zwei weitere Motivgruppen: Veduten aus Venedig und Bilder von Frauen. Mit den Ansichten der Serenissima geht es am 24. Oktober auch gleich los. Höhepunkte sind hier die beliebten Postkartenmotive, etwa Giuseppe Bernardino Bisons biedermeierlicher Blick in den Canal Grande mit dem Palazzo Grimani, auf dem schon das Schild der österreichischen Post prangt, was auf eine Entstehung nach 1814/15 hinweist (Taxe 90.000 bis 110.000 EUR), oder Luigi Querenas ebenso belebte Ansicht des Molo San Marco vor dem Palazzo Ducale mit der Ponte della Paglia aus dem Jahr 1881 (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR). Querenas ebenso sonniger Tag im Canal Grande mit dem neugotischen Palazzo Cavalli-Franchetti am Ponte dell’Accademia und Santa Maria della Salute in der Ferne soll 10.000 Euro mehr einspielen.
Carlo Grubacs’ effektvoll beleuchtetes nächtliches Fest auf dem Canal Grande vor der Ca’ d’Oro bei Mondschein hat wohl einen historischen Hintergrund: es vermittelt die überbordende Stimmung der vielen Menschen in den Gondeln nach der Befreiung der Stadt von der Fremdherrschaft der Habsburger und dürfte daher kurz nach 1866 entstanden sein. Das Gemälde blieb im Juni 2020 beim Dorotheum mit einer Schätzung von 150.000 bis 200.000 Euro unverkauft zurück; jetzt ist die Preisvorstellung auf 110.000 bis 140.000 Euro reduziert. Es gibt aber auch intimere Blicke in die Stadt, etwa Giovanni Grubacs’ recht stiller Campiello de le Chiovere mit der Kirche San Rocco im Hintergrund, über den nur wenige Menschen schlendern (Taxe 8.000 bis 12.000 EUR), oder Antonietta Brandeis’ enger Rio del Mondo Novo im Sestiere de Castello mit der Ponte de l’Anzolo, unter der ein Gondoliere mit einem trauen Paar dahinschippert (Taxe 7.000 bis 9.000 EUR).
Der Bocòlo ist in Venedig das Fest der Liebenden und wird am 25. April, dem Gedenktag des Stadtpatrons Markus, gefeiert. Als Symbol der Liebe überreicht der Herr seiner Angebeteten eine rote Rosenknospe, auf Venezianisch Bocòlo. Dabei wird die Stadt ins 18. Jahrhundert zurückversetzt, und die Liebenden kostümieren sich in Gewändern des Rokoko. So hielt auch Alessandro Milesi 1928 in postimpressionistischem Kolorit seinen „Bocòlo de San Marco“ fest und verlagerte die galante Szene auf den Markusplatz (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR). Dieses Gemälde markiert den Übergang zur zweiten großen Themengruppe der Auktion, dem von Malern geprägten Bild der Frau, die oft in absoluter Schönheit inszeniert wird, so auch 1875 von Hugues Merle. Der Franzose griff dazu auf das Alte Testament zurück und nahm sich die Erzählung von „Esther vor Ahasveros“ zum Sujet. Die junge Jüdin, die für ihren Liebreiz bekannt war, setzte sich bei ihrem Gatten, dem persischen König Ahasveros, wagemutig für das Schicksal ihres Volkes ein, das von einem königlichen Berater zum Tode verurteilt worden war. Merle griff dabei den Augenblick heraus, in dem Esther ohne Einladung vor Ahasveros erscheint, worauf die Todesstrafe steht. Doch der König, von ihrem Anblick und ihrer Tatkraft gerührt, gewährt allen Juden in Persien Gnade und Milde (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR).
Idealbilder des Weiblichen zeichnen etwa noch Friedrich von Amerling in seinem nachdenklichen „Italienischen Mädchen“ (Taxe 20.000 bis 25.000 EUR), Giovanni Sottocornola mit seiner kleinen „Pfirsichverkäuferin“ von 1888, die hinter ihrem Stand eben eingenickt ist (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR), oder Wladyslaw Czachorski mit seiner jungen eleganten Dame samt Blumenkorb vor einer Bergkulisse, die etwas unmotiviert als „Junge Blumenverkäuferin“ ausgewiesen wird (Taxe 120.000 bis 150.000 EUR). Portraithafte Züge tragen das Bildnis einer eleganten Dame in einem schwarz-grau gestreiften Kleid samt Jagdhund von Pietro Morgari, der 1885 aus Leidenschaft für eine Frau Selbstmord beging (Taxe 24.000 bis 28.000 EUR), Hans Makarts frontales Portrait einer ebenfalls Unbekannten mit ausladender Perlenkette und zwei recht unterschiedlichen Gesichtshälften (Taxe 35.000 bis 45.000 EUR) und Vlaho Bukovacs Profil einer Dame in schwarzem Kleid mit goldenen Ohrgehängen neben einer blauen Vorhangdraperie von 1875 (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR). Carl Ferdinand Sohn setzte 1846 eine nicht näher identifizierbare Gräfin aus dem deutschen Adelsgeschlecht Monts de Mazin in einem renaissancehaften Kostüm vor einer idealisierten Landschaft historistisch in Szene (Taxe 15.000 bis 18.000 EUR).
François Guiguet gilt als Maler der Kindheit, der jungen Frauen und ihres Alltags. Seine Modelle waren häufig Familienangehörige. Davon zeugt in der Auktion eine Suite von acht charmanten Werken, darunter die 1903 entstandenen „Jungen Näherinnen“ mit ihrer kleinen Schwester (Taxe 7.000 bis 10.000 EUR) oder das ebenso spontan eingefangene Mädchen an einem schlichten Esstisch, das gedankenverloren zum Betrachter blickt (Taxe 5.000 bis 7.000 EUR). Richard Edward Millers Gemälde „Bei der Abendtoilette“, in dem eine Frau in ihrem Schlafzimmer eine Kommode geöffnet hat und sich zum Bettgehen richtet, ist ebenfalls weniger Portrait, denn vertrauliche Charakterstudie (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR). Fröhlich und ausgelassen geht es dagegen bei Fausto Zonaros „Coda de Diavolo“ zu. An dem beliebten Kinderspiel der italienischen Landbevölkerung nehmen elf jüngere und ältere Mädchen barfuß auf der grünen Wiese teil (Taxe 100.000 bis 160.000 EUR). Zonaro ist dann noch für ein Landschaftsbild zuständig, entführt nach Istanbul zu den Hängen von Üsküdar und positioniert die in den 1850er Jahren errichtete Dolmabahçe-Moschee zentral in seinem impressionistischen Werk (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR).
Als Orientalisten treten zudem Franz Xaver Kosler mit seiner „Blinden Bettlerin“, seiner „Jungen Wasserträgerin“ (Taxe je 18.000 bis 24.000 EUR) und der halbnackten „Ajuscha“ (Taxe 10.000 bis 15.000 EUR) sowie Alphons Leopold Mielich mit seinem „Teppichhändler“ an. Neben einer verschleierten Orientalin tummeln sich auf dem farbenfrohen und detailreichen Bild nur Männer (Taxe 70.000 bis 90.000 EUR). Bei der Menschenmenge vor der Sher-Dor-Madrasa in Samarkand, die gebannt einem Redner lauscht, hat Richard Karlovich Zommer wieder nur Männer versammelt (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR). Dennoch ist das männliche Geschlecht bei der Auktion deutlich unterrepräsentiert. Es tritt etwa in zwei Portraits, dem gestrengen Jacob Coen, einem Getreidehändler aus Triest, von Giuseppe Tominz aus dem Jahr 1839 (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR) und dem gleichaltrigen gemütlich blickenden Friedrich Eltz in schwarzer Kleidung von Ferdinand Georg Waldmüller aus dem Jahr 1836 (Taxe 12.000 bis 16.000 EUR), oder in zwei Fischern neben ihrem Boot beim Flicken der Netze am Strand des spanischen Impressionisten José Mongrell in Erscheinung (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR). Für die Genremalerei stehen etwa noch Franz von Defreggers Gasthaus mit zwei Burschen und einem Dirndl bei der Unterhaltung am Tisch oder Jozef Israëls’ dem Realismus verpflichtete Familie in der einfachen Stube beim Gebet vor dem Mittagessen (Taxe je 30.000 bis 40.000 EUR).
Die wenigen Stillleben werden von Leopold Zinnöggers reichem Blumenarrangement aus Rosen, Tulpen, fliederfarbenen Hyazinthen, Narzissen, Iris, Nelken und Königskrone aus dem Jahr 1838 angeführt (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR). Während Franz Richard Unterberger das bescheidene, aber ungezwungene Leben in einem Fischerdorf an einem Küstenabschnitt bei Neapel preist (Taxe 30.000 bis 35.000 EUR), geht es mit Cesare Maggi und seiner „Alta Montagna“ von 1908 zu einem tief verschneiten Winter in die alpine Bergwelt (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR). Auch Heimatliches bietet das Wiener Dorotheum, etwa Rudolf von Alts detailverliebtes Aquarell des prachtvollen Oberen Belvedere mit lustwandelnden Gestalten im Park von 1872 (Taxe 28.000 bis 40.000 EUR). Mit Tina Blau geht es dann zu einem sonnigen frühen Frühlingstag in den Wiener Prater (Taxe 80.000 bis 120.000 EUR). Den Abschluss der Auktion bestreiten weitere Malerinnen des sogenannten „Österreichischen Stimmungsimpressionismus“, darunter Lea von Littrow mit ihrem blühenden Garten an der Küste von Dalmatien (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR). An die kroatische Adria machte sich auch Olga Wisinger-Florian auf und entdeckte im angesagten Kurort Abbazia den Garten der Villa Haas mit seinem von blühenden Glyzinien bewachsenen Laubengang (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR).
Die Auktion beginnt am 24. Oktober um 18 Uhr. Die Besichtigung ist bis zum Auktionsbeginn möglich. Der Internetkatalog listet die Objekte unter www.dorotheum.com. |