Sotheby’s versteigert die Sammlung Fisher Landau  |  | Filetstück der Sammlung Fisher Landau: Pablo Picassos „Femme à la montre“ | |
Ein Diebstahl stand am Beginn von Emily Fisher Landaus Leidenschaft für die Kunst: 1969 überfielen bewaffnete Räuber ihr Apartment in New York und klauten den wertvollen Schmuck, der ihr Ehemann ihr über die Jahre hinweg geschenkt hatte. Die hohe Versicherungssumme steckte Fisher Landau dann nicht mehr in Geschmeide, sondern in Kunst und baute eine eindrucksvolle Sammlung mit Werken aus dem 20. Jahrhundert auf. Auch als Mäzenin trat Fisher Landau hervor, förderte aufstrebende Künstler in den USA und saß jahrelang im Beirat des Whitney Museum of American Art, dem sie 2010 fast 400 Kunstwerke aus ihrer Sammlung schenkte. Bis 2017 präsentierte sie zudem ihre Kollektion im eigenen Fisher Landau Center for Art in Queens.
Am 8. und 9. November kommen gut 110 Kunstwerke der im März mit 102 Jahren verstorbenen Sammlerin bei Sotheby’s in New York zur Auktion. In der „Evening Auction“ sind es 31 ausgewählte Arbeiten. Aus der Moderne stammt die teuerste Position: Pablo Picassos „Femme à la montre“, ein farbstarkes, in einzelne Körperpartien zerlegtes Portrait seiner Geliebten Marie-Thérèse Walter aus dem produktiven Jahr 1932 mit Betonung einer Armbanduhr, soll mindestens 120 Millionen Dollar einspielen. Damit ist es nicht allzu weit entfernt von dem Picasso-Rekord in Höhe von 160 Millionen Dollar, den Christie’s 2015 mit der orientalisch inspirierten Haremsszene „Les femmes d’Alger (Version O)“ von 1955 erzielte. Außergewöhnliches gibt es von Piet Mondrian. Auf seiner „Composition“ hat er 1938 nur die typischen Rechteckstrukturen mit Kohle auf einer Leinwand angelegt, der malerische Rest fehlt. Dennoch sollen 8 bis 12 Millionen Dollar für das unvollendete Gemälde herausspringen.
Emily Fisher Landau kümmerte sich aber bevorzugt um amerikanische Kunst seit 1950. Einer ihrer Favoriten war Ed Ruscha, den sei immer wieder mit Ankäufen unterstützte. Nun sind vom ihm unter anderem die beiden frühen plakativen Schriftbilder „Securing the Last Letter (Boss)“ von 1964 (Taxe 35 bis 45 Millionen USD) und „Mint (Green)“ von 1968 zu haben (Taxe 10 bis 15 Millionen USD). In die Preiskategorie ab 10 Millionen Dollar aufwärts reihen sich noch weitere Schätze ein, etwa Mark Rothkos abstrakte, dunkelrot-braune Balkenformation von 1958 (Taxe 30 bis 40 Millionen USD), Jasper Johns’ doppelte amerikanische „Flags“ von 1986 (Taxe 35 bis 45 Millionen USD), Andy Warhols gleichaltriges „Self-Portrait“, überzogen mit einem Camouflage-Muster in roten und blauen Tönen (Taxe 15 bis 20 Millionen USD), und Cy Twomblys 1968 auf graublauem Grund aufgebrachte Kritzeleien, die an Herzformen erinnern (Taxe 20 bis 30 Millionen USD).
Die Liste der großen Namen lässt sich mit Robert Rauschenbergs abstrakt-figurativer Leinwand „Sundog“ von 1962 in Collagemanier, Mark Tanseys frechem „Triumph Over Mastery II“ von 1987, in der ein Anstreicher Michelangelos Fresken in der Sixtinischen Kapelle kurzerhand überpinselt (Taxe je 8 bis 12 Millionen USD), oder Agnes Martins minimalistischer und feinsinniger Leinwand „Grey Stone II“ von 1961 fortführen (Taxe 6 bis 8 Millionen USD). Die Auktion endet mit Warhols Pop Art-Portrait von Emily Fisher Landau aus dem Jahr 1982 für 500.000 bis 700.000 Dollar. Da Sotheby’s ihren Erben einen Mindestpreis garantiert und zahlreiche Positionen mit unwiderruflichen Geboten abgesichert hat, dürfte an der Gesamtschätzung von rund 400 Millionen Dollar im Ergebnis nicht viel zu rütteln sein. |