| | Jan Breughel d.J., Paradieslandschaft mit Einzug der Tiere in die Arche Noah, wohl 1650er Jahre | |
Der pazifistische Nachkriegsroman „Die Konferenz der Tiere“ von Erich Kästner gehört zu den Klassikern der ernsten Kinderliteratur. Zeitlos ist der Ausdruck des Löwen „Wenn ich nicht so blond wäre, würde ich mich schwarz ärgern!“. Ein wenig Grund zum Aufregung wird der blonde Löwe bei Van Ham haben. Er ist zwar der König der Tiere, den niemand geringeres als Jan Breughel d.J. charmant mit Gefährtin in einer Paradieslandschaft mittig neben einem edlen Schimmel verewigte. Doch das Fauchen der Großkatze wird verständlich, da sie sich wie auch die anderen Vögel, Affen, Ziegen, Kamele und weiteres Getier vor der Sintflut in die Arche Noah retten muss. Katzen und Wasser sind keine gute Mischung! Allerdings ist der Preis der großformatigen Tafel, laut dem im Sommer verstorbenen Breughel-Experten Klaus Ertz eines der letzten Werke des flämischen Meisters, der Spitzenwert der Auktion „Fine Art“ und liegt bei 150.000 bis 300.000 Euro. An der Konferenz der Tiere nehmen bei Van Ham weitere Artgenossen teil, etwa von dem Tierplastiker August Gaul, der einen „Liegenden Wiesent“ in Kleinformat von 1906 für 4.000 bis 6.000 Euro, einen lustigen „Fischotter“ von 1910 für 15.000 bis 25.000 Euro oder die ebenfalls lebensgroßen „Drei Enten“ für 30.000 bis 40.000 Euro beisteuert.
Zwei Tage vor dem Brüllen des wasserscheuen Löwen wartet der Kölner Versteigerer am 15. November mit der Auktion „Decorative Art“ auf. Eine Vielzahl an Werken aus Porzellan harrt neuer Besitzer, das teuerste Objekt aus weißem Gold ist der Tafelaufsatz „Geburt der Schönheit“. 1939 von Paul Scheurich für KPM Berlin entworfen, wurden die dreizehn Figuren zwischen 1949 bis 2000 unstaffiert in Weiß ausgeformt. Mehrere Putten, Reiterfiguren mit Najaden und Tritonen begleiten die zentrale Venus Anadyomene, die elegant auf den Wogen des Meeres schlummert. Die eben Schaumgeborene mit ihrem Gefolge soll 30.000 bis 50.000 Euro einspielen. Ein guter Schutzhund wäre der drohend das Maul bleckende Bologneser Hund von Johann Joachim Kändler, den die Meißner Manufaktur im 20. Jahrhundert nochmals in Grau und Weiß auflegte (Taxe 4.000 bis 6.000 EUR).
Deutlich freundlicher und als Bote des Glücks ist der Qilin bekannt. Das chinesische Fabeltier wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Frankreich mit einer Tischuhr kombiniert. Bleibt der Qilin weiß, so umgeben ihn bemalte Blüten und goldene Bronzeäste, die gemeinsam das runde Uhrwerk tragen (Taxe 4.500 bis 5.500 EUR). Eine geeignete Rahmung könnten die drei Deckelvasen mit Chinoiserien in Blau und Weiß sein, die Jacob van der Kool zwischen 1722 und 1757 in seiner Delfter Fayencemanufaktur De Grieksche A mit einer vornehmen Chinesin in hochovalen Bildfeldern verzierte (Taxe 1.500 bis 2.500 EUR). Direkt nach Fernost geht es mit drei chinesischen Schalen der Qing-Dynastie, die in der Kangxi-Periode mit Blumenkorbmotiven in blauem Unterglasurdekor bemalt wurden (Taxe 1.000 bis 2.000 EUR). Aus China stammt zudem das bronzene Ritualgefäß „Ding“ mit stilisierten Drachen auf drei Füßen zur Ahnenverehrung aus der westlichen Zhou-Dynastie zwischen 1.100 und 771 vor Christus (Taxe 25.000 bis 30.000 EUR). Nicht ganz so alt sind die beiden strengen Wächterfiguren aus Ton mit Resten einer Bemalung der östlichen Wei-Dynastie aus der Mitte des sechsten Jahrhunderts nach Christus (Taxe 3.000 bis 5.000 EUR).
Decorative Art
Die Auswahl an Meißner Porzellan mit Chinoiserien ist reichhaltig. Liebhaber können etwa bei einem Koppchen samt Untertasse um 1725 für 400 bis 600 Euro oder bei zwei Teedosen mit sogenannten „Goldchinesen“ um 1720/25 aus der Augsburger Seuter-Werkstatt für 1.200 bis 1.400 Euro zuschlagen. Europäischer wird es mit den neun Teller und drei Schalen aus dem „Stadhouder Service“ um 1772/74. Farbig und golden mit Kartuschen samt niederländischen Stadt- und Gebäudeansichten dekoriert, war das einst 435teilige Meißner Set für den Statthalter Wilhelm V. von Oranien gedacht (Taxe 2.000 bis 4.000 EUR). Rein grafisch zeigt sich das Flügelmusterdekor von Rudolf Hentschel in einem 34teiligen Speiseservice, das vor 1924 mit seladonfarbiger und blauer Konturzeichnung in Meißen vom Band lief (Taxe 16.000 bis 20.000 EUR). In träumerische orientalische Welten entführen Heinz Werner und Ludwig Zepner in ihrem 26teiligen Kaffee- und Kuchenservice „1001 Nacht“ von 1966/67 (Taxe 5.000 bis 7.000 EUR).
Die Abteilung mit altem Silber ist klein und offeriert etwa eine ovale Régence-Dose mit Bandelwerk von Johannes Treffler I aus Augsburg um 1724/28 (Taxe 3.000 bis 4.000 EUR) oder einen Vermeil-Pokal mit Cherubsköpfen von Eustachius Hohmann aus Nürnberg um 1590/1600 (Taxe 3.000 bis 3.500 EUR). Deutlicher tiefer muss man mit 15.000 bis 20.000 Euro bei dem großen Kandelaber „Grape Pattern“ in die Tasche greifen, den Georg Jensen in Kopenhagen 1920 mit fünf Leuchtarmen in seinem floral geprägten Art Déco-Stil gestaltete. Die Glaswaren spielen bei der Angewandten Kunst des 20. Jahrhunderts ebenfalls eine wichtige Rolle, etwa in einer kleinen Tischleuchte der Daum Frères aus Nancy mit einem Weinlaubdekor in Gelb, Grün und Rot um 1910 (Taxe 3.000 bis 4.000 EUR) oder in zwei „Phänomen“-Vasen der böhmischen Manufaktur Lötz Witwe um 1900. Das keulenförmige Modell mit dunkelviolettem, gelbem und orangerotem Grund, der mit silbergelben Fäden in Wellenstruktur überzogen ist, entstand für die Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 (Taxe je 4.000 bis 5.000 EUR).
Unter den Zeitmessern ist eine 1785 gefertigte Kutschenuhr mit drei Übergehäusen für den osmanischen Markt von Daniel de St. Leu aus London zu haben. Neben Klangöffnungen entlang des Randes weist sie ein Emailzifferblatt mit türkischen Ziffern und Strasssteinen auf (Taxe 8.000 bis 12.000 EUR). Ungewöhnlich ist auch die frühe Sackuhr mit Übergehäuse aus Ulm, die um 1690 Johann Beer d.Ä. als Werk aus Messing, Silber, Stahl und Email mit durchbrochenem floralem Dekor, wandernden Tag- und Nachtstunden, halbkreisförmig angeordneten römischen Stunden, Hilfszifferblatt für Sekunden und einer rotierenden Datumsanzeige recht aufwändig ausstattete (Taxe 13.000 bis 18.000 EUR). Günstiger liegt bei 800 bis 1.000 Euro die um 1700 datierte, äquatoriale Sonnenuhr des Augsburgers Johann Martin aus Messing und vergoldetem Eisen im dazugehörigen Lederetui.
Roulette kann man bei Van Ham gleich doppelt spielen. Der Katalog listet zum einen den englischen klappbaren manipulationssicheren neoklassizistischen Roulette-Tisch „The King’s Table“ des Erfinders Hiram Maxim von 1907/08 aus Mahagoni und Buchsbaum auf Rollen (Taxe 4.000 bis 5.000 EUR), zum anderen ein farbig bemaltes venezianisches Holzbrett des 18. Jahrhunderts zum Roulette-Spiel, wobei der Roulettekessel und die Elfenbeinkugel fehlen (Taxe 2.000 bis 2.400 EUR). Es gehört zu einer historischen Spielzeugsammlung aus Bayern, in der etwa noch zahlreiche Möbel-, Porzellan und Silberminiaturen des 18. Jahrhunderts, ein Treibhaus mit Gärtchen um 1900 (Taxe 1.000 bis 2.000 EUR) oder ein französischer Hutladen mit Zubehör vertreten sind (Taxe 2.500 bis 3.000 EUR). Zum Spielen laden auch noch die außergewöhnlichen sechs silbernen Art Déco-Figuren mit emailverzierten Köpfen aus London ein, die eigentlich fünf Streuer und eine Zuckerzange mit beweglichen Extremitäten sind (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR).
Fine Art
Unter den Alten Meistern lockt am 17. November als weiteres Schmankerl das „Stillleben mit Orangen, Rosen und Blumen auf einem Steinvorsprung“ um 1665 von Cornelis de Heem. Als Sohn des berühmten Stilllebenmalers Jan Davidsz de Heem ist die Qualität des Werks mit den unterschiedlich ausgearbeiteten Texturen der Orangenschale samt saftigem Fruchtfleisch, der seidigen Blütenblätter oder der matten Flügel des Schmetterlings vor dunklem Grund nicht überraschend (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR). Weniger pompös tritt Sebastian Stoskopffs „Stillleben mit einer Spanschachtel, Zitrusfrüchten und einem Distelfink“ von etwa 1630 in seiner Zurückhaltung und Strenge der Komposition auf (Taxe 50.000 bis 80.000 EUR). Das Stillleben für den kleineren Geldbeutel hat Francesca Volò Smiller zu bieten. Auf ihrem flüssig gemalten Werk der 1680er Jahre sitzen zwei Putten am Rand, die sich der Rosen und Nelken, der roten und weißen Trauben auf einem Teller, dem Blumenkohl und dem Sellerie annehmen. Der dunkle Grund und die gekonnten Lichtpunkte beleben das signierte Werk der erst vor kurzem wiederentdeckten, 1657 in Mailand geborenen Malerin, die sich Francesca Vicenzina nannte (Taxe 5.000 bis 8.000 EUR).
Bei den sakralen Themen leuchtet Abraham Bloemaerts „Madonna“ von 1617 hervor. Die signierte Tafel des „Vaters der Utrechter Schule“ erinnert mit den Lichteffekten nach Caravaggio an seine italienische Zeit (Taxe 10.000 bis 15.000 EUR). Freunden der profanen Themen wartet der venezianische Barockmaler Giovanni Battista Pittoni mit seiner „Venus mit dem schlafenden Amor“ auf. Das klassische Bildmotiv entpuppt sich jedoch als Entsagung von der irdischen Liebe, was auch den Ernst der Szene erklärt (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR). Am französischen Barockklassizismus orientiert sich Louis de Boullogne d.J. bei seiner mythologischen Szene der „Entführung der Helena (Taxe 10.000 bis 20.000 EUR). Den Übergang zu den Neueren Meistern vollzieht ein Frühwerk Jakob Philipp Hackerts: seine noch aus einzelnen Versatzstücken komponierte Sicht auf „Johan Paschs Sommerhaus bei Stockholm“ aus dem Jahr 1764 (Taxe 8.000 bis 12.000 EUR).
Das 19. Jahrhundert
Bei den Arbeiten auf Papier finden Johann Martin von Rohdens romantisch gezeichneter Blick von Massa Lubrense auf die Insel Capri (Taxe 1.500 bis 2.000 EUR) oder Ernst Ferdinand Oehmes feines, fast dunstig gearbeitetes Aquarell einer Landschaft an der Elbe (Taxe 4.000 bis 6.000 EUR). Akkurat hat der Architekt und Architekturmaler Nicolas-Marie-Joseph Chapuy seine Stadtansicht von Paris über die Seine auf den Pont au Change mit Bleistift auf Papier angelegt (Taxe 500 bis 800 EUR). Ein zartes duftiges Bildnis einer jungen Dame zeichnete Franz von Lenbach 1885 in weißem Pastell auf Karton (Taxe 4.000 bis 6.000 EUR). Für die Fauna seien zwei Ölskizzen Adolf Lins’ mit Enten und einem Pferdekopf genannt (Taxe 2.500 bis 3.500 EUR). Flora erhält eine liebevolle Ausführung in seinem „Bauerngarten mit blühendem Mohn“ (Taxe 2.000 bis 3.000 EUR) oder in den insgesamt neun Pastellen an Rosenblüten von Leon Wyczólkowski, die in zwei Gruppen für 6.000 bis 8.000 Euro respektive 5.000 bis 7.000 Euro versteigert werden.
Die Auswahl an Landschaften ist breit. Arnold Ludwig August Overbeck erfreut das Auge mit der sommerlichen Ruine eines Aquädukts aus der römischen Campagna von 1858 (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR), Oswald Achenbach mit dem kalten Bergthema „Reisende in winterlicher Nacht auf dem großen St. Bernhard Pass“ von 1895 (Taxe 12.000 bis 15.000 EUR) und sein Bruder Andreas Achenbach mit den 1846 gemalten „Heimkehrenden Küstenseglern bei aufziehendem Sturm“ (Taxe 7.000 bis 10.000 EUR). Ruhiger ist die mit goldenem Licht durchzogene „Morgenstimmung im Fjord“ ihres Düsseldorfer Kollegen Anders Monsen Askevold aus dem Jahr 1888 (Taxe 3.000 bis 5.000 EUR). Aus Weimar stammte Alexander von Szpinger, der seinen „Olivenhain über der Küste“ aus einem postimpressionistischen Farbstaccato aufgebaut hat (Taxe 1.500 bis 2.000 EUR). Kostspieliger wird es bei Hans Thomas stilisierter „Landschaft am Oberrhein“ von 1916 mit 20.000 bis 25.000 Euro, bei Eugen Brachts rötlich glühendem „Hochmoor am Wittebeke bei Bispingen“ von 1906 mit 15.000 bis 25.000 Euro und bei Jean-Baptiste Armand Guillaumins „Côte face au Pont Charraud“ in fauvistischem Kolorit zwischen Türkis und Purpur von 1915 mit 40.000 bis 60.000 Euro.
Santi Corsis Gemälde „In der Galleria Palatina im Palazzo Pitti in Florenz“, die er nach der Aufstellung der Statue „La Carità Educatrice“ im Jahr 1853 festhielt, ist ein Beispiel für einen dicht gehängten Museumssaal (Taxe 8.000 bis 14.000 EUR). Bei den Figurengemälden besticht das charakterstarke Doppelportrait von Marcantonio V. Borghese und seiner zweiten Frau Thérèse de la Rochefoucauld. Giovanni Piancastelli malte den alten Prinzen mit deutlich sichtbaren Falten, aber wachen klugen hellblauen Augen, die den Betrachter fixieren. Auch seine alte Ehefrau mit dunkelbraunem Haar ist in Schwarz gekleidet und blickt seitlich, etwas besorgt aus dem Bild (Taxe 30.000 bis 60.000 EUR). Die Jugend hingegen interessierte Ludwig von Hofmann, der sich in seinem Großformat „Fünf Akte“ einen gesuchten Blick auf unterschiedlich positionierte brünette Damen erlaubt (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR). Ebenso symbolistisch gekünstelt hat Max Klinger um 1896/97 seine „Badende“ entworfen, die als goldener Bronzeguss 4.000 bis 8.000 Euro verlangt.
Die Auktion „Decorative Art“ beginnt am 15. November ab 11 Uhr, die Versteigerung „Fine Art“ am 17. November ab 15 Uhr. Die Objekte beider Veranstaltungen können vom 10. bis 13. November wochentags von 10 bis 18 Uhr, am Samstag von 10 bis 16 Uhr und am Sonntag von 11 bis 16 Uhr besichtigt werden. |