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Marktberichte |
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Alfons Walde ist der Maler der Tiroler Alpen schlechthin und prägte das Bild seiner Heimat. Das Dorotheum in Wien legt in seiner Auktion „Moderne Kunst“ ein beredtes Zeugnis davon ab Eile herbei, wenn der Berg ruft!
| Die Menschen zieht es durchgehend im Jahr fürs Wandern, Skifahren oder den Familienurlaub in die Alpen. Doch das Leben in den Bergen ist von diversen Widrigkeiten geprägt, von schnellen Wetterwechseln, dem plötzlichen Wintereinbruch mit Schneefall oder der daraus resultierenden Lawinengefahr. Die Touristen wollen dies nur am Rande wahrhaben, denn es sind die schönen Seite des Lebens in den Bergen und das scheinbare Idyll, die jene aus den flachen Landen anziehen. Der Tiroler Maler Alfons Walde nutzte genau diese Sehnsucht, um in der ersten Hälfte des Jahrhunderts die Bergwelt pittoresk, mit skizzenhafter Malweise und den zentralen Motiven eindrücklich in Szene zu setzten. Bei der Auktion „Moderne Kunst“ im Dorotheum stehen gleich sechs seiner Bilder zum Verkauf, wobei das 1947 signierte Panorama „Almen und Gletscher“ als Spitzenlos an den Start geht. Ein Bild, wie man Tirol aus der Werbung kennt: die blau-weißen Gletscherspitzen im Hintergrund, die raue, aber grüne sommerliche Alm mit den flachen Berghütten samt weidenden Kühen davor und der einsame kleine Wanderer, der eher Beiwerk in dieser mit Licht durchfluteten Schaubühne ist. 350.000 bis 450.000 Euro stehen auf dem Preisschild.
Wer noch mehr Lust auf Bergbilder hat, kann Alpenflair in Alfons Waldes „Tiroler Bergdorf“ von 1947 mit zentralem Auracher Kirchl an einem sonnigen Wintertag samt typischen Walde-Schneemassen in klarem Weiß-Blau für 130.000 bis 250.000 Euro erwerben. Die beiden Frauen in diesem Gemälde hatte Walde schon zwölf Jahre zuvor in seinem „Kirchgang“ verarbeitet, sie groß extrahiert und vor die Schnee-Häuser-Kulisse von Aurach bei Kitzbühel positioniert (Taxe 120.000 bis 180.000 EUR). Trotz des obligatorischen Schnees hatte Walde um 1925 seine „Begegnung“ in Brauntönen dunkler gehalten und ließ schemenhaft zwei Frauen und einen verschatteten Mann aufeinandertreffen (Taxe 45.000 bis 70.000 EUR). Auf den Ersten Weltkrieg rekurrierte er 1919 mit seinem „Handgranatenwerfer“ in einer fast kubistisch aufgelösten Farbfläche, der als Aggressor in einer angespannten Körperhaltung agiert (Taxe 70.000 bis 120.000 EUR).
Für seine Hauptauktion mit moderner Kunst in diesem Herbst hat das Dorotheum 140 Positionen zusammengestellt und legt am 28. November einen Schwerpunkt auf Werken aus Österreich und Italien. Doch auch Künstler aus anderen Ländern kommen zu ihrem Recht, etwa Francis Picabia mit seinen surrealistischen „Deux Oiseau“ um 1937. Stark vereinfachte Formen vor einem türkisfarbenen Grund verdichten sich mit ihrer schwarzen Umrandung zu einem stilisierten kleinen Strauch, auf dem zwei feuerrote Vögel mit erhobenen Flügeln sitzen (Taxe 240.000 bis 320.000 EUR). Eine Art abstraktes Portrait mit Natureinlage bietet sein titelloses Werk von 1938/39: Die von Blau gerahmte weiße Silhouette eines Menschenkopfes ist mit Vögeln, darunter einer Amsel, und mit Farbstreifen kombiniert, die an Baumstämme erinnern (Taxe 180.000 bis 240.000 EUR). Fernand Léger tritt als Zeichner an und hielt in vereinfachten voluminösen Formen um 1923 zwei weibliche Akte mit Kohle und Grafit fest (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR).
Ruhe, gedämpftes Kolorit und einzelne intensive Farbakzente im Gold der Birne und dem Rot und Grün der Trauben und Pfirsiche zeichnen die Allegorie des Herbstes von Giorgio de Chirico aus. In „L’Autunno“ von 1946 steht die gelängte und schlanke Gestalt des Herbstes als halbnackte blonde Frau groß vor einer südlichen Landschaft. Das Werk stammt aus der Zeit, als der Künstler in Rom Inspiration von den Alten Meistern bezog und in neobarocker Manier malte (Taxe 200.000 bis 300.000 EUR). Die Farbe Grau dominiert sein schlichtes Stillleben „Raisins“ mit Trauben und weißem Tuch aus dem Jahr 1926 (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR). Und auch als Plastiker macht sich Giorgio de Chirico bemerkbar und steuert zur Auktion den aus einer Gliederpuppe gebildeten und 1968 sechsmal in Bronze gegossenen, braunen „Trovatore“ bei, der auch in seinen Gemälden auftaucht (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR), und das etwas kleinere goldglänzende posthume Exemplar „Trovatore con manto“ (Taxe 10.000 bis 15.000 EUR). In das grüne Hügelland um seine Heimatstadt Palermo staffelte Renato Guttuso um 1966 in seinen „Case al Monte Pellegrino“ zu weißen und grauen Blöcken vereinfachte Häuser und zwei Fabrikschlote (Taxe 70.000 bis 100.000 EUR).
Farbfreudiger als Chirico, wenn auch mit beruhigendem Grau, präsentiert Gino Severini seine „Natura morta con fruttiera blu, carciofi e pipa“ von 1939, die 2015 im Dorotheum schon einmal 60.000 Euro kostete und nun mit 32.000 bis 42.000 Euro erneut antritt. Deutlich progressiver und energiegeladener hat Severini seinen in bunte Farbflächen zersplitterten „Uomo nello spazio“ von 1955 abstrakt aufgebaut (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR). Bei den italienischen Futuristen bezaubert zudem Giacomo Balla mit seiner dynamischen Formensprache der „Compenetrazione iridescenti“ und seinen abstrakten Geschwindigkeitsbildern der Serie „Velocità astratte“. Teil hiervon ist die mit „Futurballa“ signierte Zeichnung „Linea di velocità + Spazio“ aus Kurven und ineinander verschobenen Dreiecken von etwa 1914 (Taxe 70.000 bis 100.000 EUR). Die Bewegung beim Sturzflug eines Fallschirmspringers zur Erde versuchte Tullio Crali mit seinem „Paracadutista“ von 1939/40 einzufangen. Effektvoll blickt man aus der Aufsicht auf das Haupt des Springers, der sich durch die Luftströme schneidet und auf die noch entfernte Erdplatte hinabfällt (Taxe 35.000 bis 50.000 EUR).
Ein kubofuturistisches Sillleben mit Vase und Gitarre ist Fillias 1928 gemaltes „Valori plastici di oggetti“ mit verschränkten Farbflächen in Grau, Schwarz, Blaunuancen und Rottönen (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR). Klassischer treten hingegen Karl Hofers rot-gelb-grüne Birnen in einer weißen Schale vor dunklem Grund auf (Taxe 26.000 bis 36.000 EUR). Als naturnahes Rosenstillleben hat Josef Stoitzner um 1928 seinen Blumenstrauß in einer schmalen Glasvase angelegt (Taxe 7.000 bis 12.000 EUR). Mit zwei druckgrafischen Stillleben aus typischen unaufdringlichen Gefäßgruppierungen ist Giorgio Morandi vertreten, der „Natura morta con oggetti bianchi su fondo scuro“ von 1931 (Taxe 12.000 bis 16.000 EUR) und der „Grande natura morta circolare con bottiglia e tre oggetti“ von 1946 (Taxe 10.000 bis 13.000 EUR). In die ungegenständliche Kunst geht es mit der farbenfrohen Collage „c 71 falling paper pieces“ von Kurt Schwitters aus dem Jahr 1946 (Taxe 150.000 bis 200.000 EUR) und der konstruktivistischen, schwarzweißen Lithografie „Proun 3A“, die El Lissitzky 1922 Walter Dexel gewidmet hat (Taxe 20.000 bis 25.000 EUR). Auch bei Alberto Magnelli und seinen „Pierres à la brique“ von 1931 erinnert nicht mehr viel an Figürliches; lediglich ein Backstein scheint neben den abstrakten Farbballungen zu schweben (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR).
Als Vorlage für die Wandmalereien, die die „Künstlercompagnie“ 1886 im damals neuen Theater von Karlsbad ausführte, fertigte Gustav Klimt die Ölstudie „Tafelfreuden“, bei der eine junge Frau einem Kind eben den Mund elegant abwischt (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR). Für denselben Preis ist auch Klimts spätes Bildnis einer Dame mit gedrehtem Haupt zu haben, die er mühelos in energischen Bleistiftstrichen gestaltete. Auch Egon Schiele genügten nur wenige charakteristische Linien, um 1912 eine kniende nackte Frau auf einem Teppich flott zu skizzieren (Taxe 70.000 bis 120.000 EUR). Aus demselben Jahr stammt auch Schieles lithografiertes Selbstbildnis als männlicher Akt in intensivem Schwarz (Taxe 17.000 bis 20.000 EUR). In der aquarellierten Zeichnung „Der Vertrag“ blickte Alfred Kubin auf die Schlussverhandlungen zwischen einem hohen geistlichen Würdenträger und einem ihn ergebenen Mann (Taxe 3.500 bis 5.000 EUR).
Mehr Farbe kommt bei Wilhelm Thönys Landschaftsaquarell „Schloss mit roten Türmen“ aus den 1930er Jahren ins Spiel (Taxe 12.000 bis 18.000 EUR), ebenso bei George Grosz’ Karikatur „Däumling“ von 1935/36, der mit einem blonden übergroßen Begleiter auf dem Weg zum Holzhacken ist (Taxe 7.000 bis 10.000 EUR). Expressiv wird es mit Fritz Schaefler und seinem farbkräftigen Aquarell einer aus dem Fugen geratenen Landschaft samt Kirchturm und einsamem Menschen von 1920 (Taxe 3.000 bis 5.000 EUR). Beinahe vollständig hat Karl Schmidt-Rottluff die Formen auf seiner mit Pastellkreiden entwickelten Ansicht eines „Apfelbaums in einem Sommerfeld“ aufgelöst, wo einzig der Stamm die feste Struktur darstellt (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR). Mit ineinander gestaffelten Kreisen spielt Man Ray bei seinem „Shadow Drawing“ um 1970 (Taxe 8.000 bis 12.000). Eines der jüngsten Werke ist Fernando Boteros Zeichnung eines typisch fülligen Mannes mit Hut von 2001, der entspannt eine Zigarette raucht (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR).
In eine eigenwillige Fantasiewelt entführt Franz Sedlacek bei seinem „Zauberer und dem Harlekin“ von 1927 in einem präzisen neusachlichen Stil: Der bunt gekleidete Harlekin tänzelt mit seinen schlanken weißen Hunden heiter durch die dunkle halboffene Stube des Zauberers mit langem spitzem Bart, wobei die Räumlichkeit und die Sonnenbrille des Magiers nicht weniger Fragen aufwerfen. Durch eine Arkade blickt man auf eine helle Weltlandschaft der Renaissance (Taxe 160.000 bis 300.000 EUR). Auch nicht viel klüger wird man aus Salvador Dalís collagierter Chiffrenzeichnung „Le Brasier-Les Coupes“ um 1930 (Taxe 70.000 bis 100.000 EUR). Eine Hommage an den großen Surrealisten schuf Ernst Fuchs auf seiner Leinwand „Salvador Dalí: ‚Etre Dieu‘“. Der Wiener zitiert bekannte Bildelemente des Spaniers und drapiert um sie einen roten Vorhang, wobei eine geflügelte Frau mit Krone den Maler anzusingen scheint, der in der äußersten rechten Ecke gerade aus dem Bild entschwindet (Taxe 30.000 bis 50.000 EUR). Melancholisch wird es mit den Frauen und Kindern, die auf Josef Flochs „Terrasse“ von 1932/33 bezugslos zu einander stehen (Taxe 18.000 bis 28.000 EUR). Beinahe lustig charakterisierte Oskar Laske 1951 den heiligen Franziskus und die unzähligen Fische im Meer bei dessen „Fischpredigt“ (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR).
Der holden Weiblichkeit widmete sich Lovis Corinth 1897 in seinem Halbakt einer jungen brünetten Frau, die eine rote Nelke und einen modischen bunten Papierfächer in ihren erhobenen Händen hält. Mit fließenden Pinselzügen entwickelte er den dünnen grünen Schal, der kaum die nackten Brüste des unbekannten Modells verbirgt (Taxe 90.000 bis 140.000 EUR). Alfred Wickenburg portraitierte 1922/23 die Familienfreundin Hella Nemanitsch als statisch sitzende „Dame in Ohrenfauteuil“, während Anton Faistauer seine „Sitzende Dame mit Pagenkopf“ 1927 im Halbprofil etwas dynamischer angelegt hat und sie verträumt aus dem Bild blicken lässt (Taxe je 30.000 bis 50.000 EUR). Günstiger liegen Domenico Cantatores naives Portrait einer schwarzhaarigen Dame in gelbem Kleid von 1958/59 mit 5.000 bis 7.000 Euro oder Helene Funkes vor 1906 mit grünen Stakkato-Strichen gemalte „Dame in gestreiftem Kleid“ mit 8.000 bis 12.000 Euro. So viel soll auch Giacomo Manzùs stille „Testa di donna“, ein bronzener Frauenkopf mit geschlossenen Augen von 1935/80, kosten. Etwas höher notiert mit 20.000 bis 30.000 Euro sein beinahe gesichtsloser „Cardinale Seduto“ von 1970, der sich in seinem leicht bewegten Mantel konisch in die Höhe verjüngt. Als Relief hat Roberto Crippa 1958 seine spinnenartige „Aggression“ aus Kork und Metall mit Pastellfarbe ausgeführt, die mit einem schrundigen Äußeren und zähnefletschend ihrem Titel gerecht wird (Taxe 16.000 bis 24.000 EUR).
Die Auktion „Modern Art“ beginnt am 28. November um 18 Uhr. Die Objekte können bis zum Auktionsbeginn täglich von 10 bis 18 Uhr, am 26. November von 14 bis 18 Uhr besichtigt werden. Der Katalog ist im Internet unter www.dorotheum.com abrufbar. | | Kontakt: Dorotheum Dorotheergasse 17 AT-1010 Wien |
| Telefon:+43 (01) 515 60 0 | Telefax:+43 (01) 515 60 443 | | | E-Mail: client.services@dorotheum.at | | Startseite: www.dorotheum.com |
20.11.2023 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/S. Hoffmann | |
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Lovis Corinth,
Mädchen mit Fächer
und Nelken, 1897 | | Taxe: 90.000 - 140.000 EURO Zuschlag: 90.000,- EURO Losnummer: 14 | | | | | |
Gustav Klimt,
Bildnis einer Dame,
1916/17 | | Taxe: 50.000 - 70.000 EURO Zuschlag: 100.000,- EURO Losnummer: 16 | | | | | |
Anton Faistauer,
Sitzende Dame mit
Pagenkopf (Lisl
Schöller), 1927 | | Taxe: 30.000 - 50.000 EURO Losnummer: 12 | | | | | |
Oskar Laske,
Fischpredigt, 1951 | | Taxe: 40.000 - 60.000 EURO Losnummer: 11 | | | | | |
Fillia, Fillia
(Luigi Colombo),
Valori plastici di
oggetti, 1928 | | Taxe: 25.000 - 35.000 EURO Zuschlag: 23.000,- EURO Losnummer: 23 | | | | | |
Egon Schiele,
Weiblicher Akt auf
Teppich kniend, 1912 | | Taxe: 70.000 - 120.000 EURO Losnummer: 18 | | | | | |
Gustav Klimt,
Tafelfreuden
(Studie für das
Stadttheater in
Karlsbad), um 1886 | | Taxe: 50.000 - 70.000 EURO Zuschlag: 155.000,- EURO Losnummer: 15 | | | | | |
El Lissitzky, Proun
3A, 1920/21 | | Taxe: 20.000 - 25.000 EURO Losnummer: 79 | | | | | |
Franz Sedlacek, Der
Zauberer und der
Harlekin, 1927 | | Taxe: 160.000 - 300.000 EURO Zuschlag: 238.000,- EURO Losnummer: 7 | | | | | |
Kurt Schwitters, c 71
falling paper
pieces, 1946 | | Taxe: 150.000 - 200.000 EURO Zuschlag: 150.000,- EURO Losnummer: 30 | | | | | |
Wilhelm Thöny,
Schloss mit roten
Türmen, 1930er Jahre | | Taxe: 12.000 - 18.000 EURO Zuschlag: 28.000,- EURO Losnummer: 132 | | |
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