Trauer um Wolfgang Hollegha  |  | Der große österreichische Abstrakte Wolfgang Hollegha ist gestorben | |
Wolfgang Hollegha ist tot. Der Maler, der als einer der wichtigsten Vertreter der Abstraktion in Österreich seit dem Zweiten Weltkrieg gilt, starb am vergangenen Samstag im Alter von 94 Jahren. „Ohne das Werk von Wolfgang Hollegha wäre die österreichische Kunstgeschichte anders geschrieben worden. Er hat nicht nur im Rahmen des abstrakten Expressionismus bereits sehr früh wesentliche Erfolge gefeiert, sondern er hat – trotz früher steiler internationaler Karriere – Österreich zu seinem Wirkungsort erkoren und damit unserer Kunst- und Kulturnation in einer Weise erstrahlen lassen, die singulär bleibt“, würdigte die österreichische Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer den Verstorbenen. In seinem Atelier am Rechberg, seinem Labor der Betrachtungen und Wahrnehmungen der Natur, habe er die gegenständliche, sichtbare Welt in seinem beispiellosen künstlerischen Prozess in farbenprächtige Handschriften übersetzte, die ihre Betrachter*innen tief zu berühren vermögen, so Mayer weiter.
1929 in Klagenfurt geboren, studierte Wolfgang Hollegha von 1947 bis 1954 an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Josef Dobrowsky und Herbert Boeckl. Zwei Jahre später gründete er mit Josef Mikl, Markus Prachensky und Arnulf Rainer die legendäre „Malergruppe St. Stephan“ um Monsignore Otto Mauer und dessen Galerie nächst St. Stephan in Wien. Sie setzten sich von der bis dato figurativ geprägten Kunst in Österreich ab, propagierten eine gestische Malerei und bildeten in diesen Jahren die Avantgarde der Nachkriegskunst. Dabei ging Hollegha stets vom realen Gegenstand aus, den er aber vollkommen zugunsten einer farbintensiven malerischen Abstraktion auflöste. Die Natur und das Organische bezauberten ihn: „Wenn man durch den Wald geht, da ist alles ein bisschen schief. Organisch. Oder, wie die Felsen, über Jahrtausende gewachsen. Dieses Schiefe, Organische, Gewachsene inspiriert mich. Da ist nichts designt oder Technikerarbeit. Das passt.“
Eine geometrische Abstraktion lehnte er ab, vielmehr beförderte er einen freien Farbfluss, der zur Ausbildung von bunten Farbseen führte. „Wolfgang Hollegha war ein Rhythmiker der Natur, der sich über den Umweg der Abstraktion zu ihr hinarbeitete, der die Anima der Natur auf seinen Leinwänden zum Tänzeln brachte“, erinnert Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler an sein Schaffen. Ein besonderes Kennzeichen der Werke Holleghas ist der dünne lasierende Farbauftrag, was sein Schaffen in die Nähe der amerikanischen Farbfeldmaler rückte. So lud ihn auch der renommierte Kunstkritiker und Kurator Clement Greenberg 1960 nach New York ein, um dort an einer Gruppenausstellung mit den Größen des Abstrakten Expressionismus, darunter Morris Louis, Kenneth Noland und Mark Rothko, teilzunehmen.
Weitere wichtige Stationen in Holleghas Karriere waren die Präsentation seiner Kunst 1964 bei der Documenta in Kassel, 1967 bei der Biennale von São Paulo und bei der Weltausstellung in Montreal im österreichischen Pavillon und die zahlreichen Ausstellungen in österreichischen Galerien und Museen, darunter im Museum des 20. Jahrhunderts, dem heutigen MUMOK, dem Künstlerhaus Salzburg, der Galerie Ulysses, der Sammlung Essl oder dem Museum Liaunig. Auch die Auszeichnungen ließen nicht lange auf sich warten. In den USA, wo man besonders auf Holleghas Schaffen aufmerksam wurde, verlieh man ihm bereits 1958 den Guggenheim-Preis, 1961 folgte dann der Carnegie Prize. 1967 wurde er mit dem Joanneums-Kunstpreis in Graz, 1984 mit dem Preis der Stadt Wien für Bildende Kunst, 1990 mit der Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt in Gold oder 2019 mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen des Landes Steiermark ausgezeichnet. Von 1972 bis 1997 war Wolfgang Hollegha Professor und Leiter einer Meisterklasse an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Schon früh zog sich Hollegha auf den Rechberg in der Steiermark zurück, wo er in einem alten Bauernhof bis ins hohe Alter künstlerisch tätig war. |