Großer Neuankauf für das Keramikmuseum Westerwald  |  | Bierseidel, Krüge, Vasen, Schalen, aber auch Figuren spiegeln die Vielfalt der keramischen Arbeiten wider | |
Das Keramikmuseum Westerwald in Höhr-Grenzhausen darf sich über eine umfangreiche Erwerbung freuen. Rund 1.300 Arbeiten Westerwälder Steinzeugs kommen neu in den Bestand des Museums. Es handelt sich dabei vor allem um Werke des Jugendstils, die das Sammler- und Kunsthändlerehepaar Graham Dry und Beate Dry-von Zezschwitz über mehrere Jahrzehnte aufgebaut hat. Darunter finden sich Werke bekannter Designer wie Henry van de Velde, Peter Behrens, Albin Müller, Mathilde Satz-Glücksburg, Paul Wynand, Richard Riemerschmid, Hans Wewerka oder Erica von Scheel. Zur Sammlung gehören aber auch Objekte wichtiger lokaler Künstler und das umfangreiche Archiv mit bisher unveröffentlichten Schriftstücken, Manuskripten und Fotos. Die Kulturstiftung der Länder, die Ernst von Siemens Kunststiftung und die Gesellschaft der Keramikfreunde halfen anteilig beim Ankauf in Höhe von 85.000 Euro.
Für das Keramikmuseum bedeute der Ankauf eine erhebliche zusätzliche Arbeitslast. Doch hat man sich etwa für die Ankunft der Sammlung etwas ausgedacht: „Im Rahmen des Projekts ‚Ding? Zeug? Werk?‘ erfolgt die Inventarisierung öffentlich“, erklärt Museumsleiterin Nele van Wieringen. Dabei können die Besucherinnen und Besucher den musealen Ordnungsprozess mitverfolgen, der normalerweise hinter verschlossenen Türen stattfindet. „Für das Museum ist dies eine einmalige Chance, um mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen, um die Sammlung mit weiterem Wissen, Erinnerungen und Erfahrungen zu bereichern“, so Wieringen weiter. Nicht nur für das Keramikmuseum und den Westerwald, sondern auch für das Land Rheinland-Pfalz sei es eine große Errungenschaft, dass dieses einzigartige industrielle Kulturerbe der Jugendstilperiode in dieser Form bewahrt wird.
Die Region kann auf eine lange Töpfertradition zurückblicken, die 2016 in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurde. Das 1976 gegründete Keramikmuseum Westerwald hat sich insbesondere auf die Geschichte und Herstellungsweisen der lokalen Tonproduktion in der Kulturlandschaft des „Kannenbäckerlandes“ spezialisiert. Die Kunsthistoriker Beate Dry-von Zezschwitz und Graham Dry gründeten 2001 das auf angewandte Kunst des 19ten und 20ten Jahrhunderts spezialisierte Auktionshaus „Von Zezschwitz“ in München. Zuvor war das Ehepaar für das Münchner Auktionshaus Ketterer Kunst tätig und hatte sich seit 1998 am Aufbau des Hauses Quittenbaum beteiligt. Die Kunsthistorikerin Beate Dry-von Zezschwitz wurde 1993 zum Westerwälder Steinzeug des Jugendstils promoviert und stützte sich dabei auf die eigene Sammlung, die Objekte aus jeder während dieser Zeit aktiven Werkstatt enthält. Ihre Publikation ist bis heute ein Standardwerk zu diesem Thema. |