|
|
|
Marktberichte |
|
Bei der Berlin-Auktion von Lempertz steht eine Malerin an der Spitze und verweist ihre männlichen Kollegen zurecht auf die Plätze. Auch das Silber, Porzellan, der Eisenguss, das Glas oder die Malerei suchen ihre Bezugspunkte zu Preußen Indisch-Japanische Hochzeit
|
| | Barbara Rosina Lisiewska, Allegorie de Hörsinns | |
1713 kam Barbara Rosina Lisiewska als drittes Kind des aus Polen stammenden und am preußischen Hof tätigen Malers Georg Lisiewski zur Welt und wuchs in einer Berliner Kunstszene auf, die damals noch überschaubar war, sich aber rasch entwickelte. Auch die Familie Lisiewski und vor allem die begabten Töchter hatten daran ihren nicht geringen Anteil. Ihrer acht Jahre jüngeren Schwester Anna Dorothea Therbusch gelang als einer der wenigen Malerinnen ihrer Zeit die Aufnahme in die Pariser Académie royale de peinture et de sculpture, Barbara Rosina selbst wurde von dem berühmten Antoine Pesne unterrichtet, avancierte zur gefragten Porträtistin des in der Hauptstadt ansässigen Adels, wurde 1757 zur Hofmalerin der Fürsten von Anhalt-Zerbst ernannt und wechselte zwanzig Jahre später in dieser Funktion zur den Herzögen von Braunschweig. Noch aus Lisiewskas Berliner Zeit stammt ihre „Allegorie des Hörsinns“ und gewährt zugleich einen Einblick in die höhere Gesellschaft. Denn bei der Lautenspielerin neben dem gleichfalls charmanten Jungen dürfte es sich um die Ballerina Barbara Campanini handeln, die „fliegende Göttin“ und gefeierten Star auf den Bühnen Europas. Ihre Wohnung nahe des Pariser Platzes war ein Treffpunkt der Berliner Künstlerszene.
Mit einer Schätzung von 80.000 bis 100.000 Euro steht die „Allegorie des Hörsinns“ nun an der Spitze der „Berlin Auktion“ von Lempertz. Das ist ambitioniert. Denn bei seinem letzten Auktionsauftritt im Dezember 2013 bei Sotheby’s in London spielte das Gemälde 52.000 Pfund netto ein, umgerechnet damals rund 62.000 Euro. Doch inzwischen ist die Kunst von Frauen in der Gunst der Käufer noch weiter gestiegen, so dass Lempertz nun den Auktionsrekord für Barbara Rosina Lisiewska ins Visier nimmt. Der Kölner Versteigerer eröffnet seine Saison in Deutschland traditionell in Berlin und hat dafür wieder Objekte aus verschiedenen Sparten und Jahrhunderten zusammengestellt, in denen die preußische und spätere deutsche Hauptstadt nachhallt. Los geht es am 20. April mit einem reich verzierten Pokal auf Kronprinz Friedrich Wilhelm aus der Potsdamer Glashütte um 1701/13 mit seinem Ligaturmonogramm und einem passenden, aber nicht zugehörigen Deckel (Taxe 1.500 bis 2.000 EUR). Er gehört zu einer Sammlung an dekorierten Schnittgläsern, die zu einem großen Teil aus schwedischem Besitz eingeliefert wurden. Hier tun sich noch ein teils vergoldeter Deckelpokal mit dem Reiterbildnis Friedrichs II. und seinem Wappen aus den frühen 1760er Jahren, der Christian Gottfried Schneider und der Preußlerschen Glashütte in Weißbach bei Schreiberhau im Hirschberger Tal zugeschrieben wird (Taxe 1.500 bis 2.000 EUR), sowie ein Pokal mit dem Wappen des Reichsgrafen und späteren Bamberger und Würzburger Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn hervor, der ebenfalls in der Preußlerschen Glashütte, allerdings rund 30 Jahre zuvor entstanden sein soll (Taxe 2.500 bis 3.000 EUR).
Dann hat Lempertz die Kunstwerke chronologisch geordnet und beginnt im 18. Jahrhundert mit der Abteilung „Von Kronprinz Friedrich Wilhelm bis König Friedrich II.“ Neben Portraits der Herrscher, darunter einem Bildnis des Alten Fritz’ als Herr auf dem Kriegsfeld aus dem Umkreis von Heinrich Franke (Taxe 30.000 bis 32.000 EUR) oder den Pendants mit seinem noch jugendlichen Neffen und Nachfolger Friedrich Wilhelm II. als Halbfiguren im Oval aus der Hand Friedrich Reclams (Taxe 28.000 bis 32.000 EUR), ist eine weitere Allegorie zu haben. Nicolas Lancret hat sich mit dem Feuer eines der Vier Elemente vorgenommen und lässt bei einem Fête champêtre eine Gesellschaft ausgelassen um ein Lagerfeuer tanzen (Taxe 60.000 bis 70.000 EUR).
Daneben gibt es noch allerlei gehoben Hausrat, etwa einen Münzbecher mit 32 sächsischen und preußischen Dreigröschern des 16. Jahrhunderts zwischen Bandelwerk und Akanthusranken des Berliner Goldschmieds Christian Heinrich Töpel um 1730 (Taxe 6.000 bis 7.000 EUR), einen elegant zurückhaltenden Régence-Toilettespiegel, an dem Johann Christian Lieberkühn d.Ä. und sein Amtsnachfolger Christian Gottlieb Kelle in dieser Zeit gemeinsam gearbeitet haben (Taxe 14.000 bis 18.000 EUR), oder einen Tischspiegel aus einer friderizianischen Toilettegarnitur, der um 1768 in der Königlichen Porzellan-Manufaktur in verspielten Rokokoformen mit bekrönender Frauenbüste in einem C-Schwung produziert wurde und wohl auf den Modelleur Friedrich Elias Meyer zurückgeht. Bisher sind nur drei weitere Ausformungen bekannt, was sich in den Wertvorstellungen von 15.000 bis 20.000 Euro niederschlägt. Die Meißner Porzellanmanufaktur beteiligt sich ebenfalls an der Auktion und stellt unter anderem zwei durchbrochen gearbeitete Korbvasen mit plastischem Blütendekor aus der Mitte der 1740er Jahre für 6.000 bis 8.000 Euro oder einen Speiseteller aus dem „Japanischen Tafelservice“ zur Verfügung. König Friedrich II. selbst teilte dem Meißener Modelleur Johann Joachim Kändler recht präzise seine Wünsche und Vorstellungen für das „bizarrste aller“ Service mit, das er für das 1764 fertiggestellte Chinesische Haus im Park von Sanssouci bestellte. Der Teller von 1762/63 mit einer etwas ungelenken Schildkröte verlangt 8.000 bis 10.000 Euro.
Als nächstes steht die Epoche unter König Friedrich Wilhelm II. auf dem Programm. KPM tut sich hier mit verschiedenen Serviceteilen der Produktreihe „fleurs en terrasse“ aus den 1790er Jahren hervor, bei der über smaragd- und grasgrünem Fond umlaufende Blumenbeete gemalt sind. Die Preise bewegen sich zwischen 800 Euro und 2.600 Euro und haben ihren Höhepunkt in einer Potpourri-Vase in Amphorenform bei 6.000 bis 8.000 Euro. Das Silber wartet mit drei zurückhaltenden und daher recht modernen klassizistischen Girandolen von Ludwig Adolph Vetter I. und Johann Jacob Müller (Taxe 7.000 bis 9.000 EUR) und einem Kerzenleuchtpaar der Gebrüder Gerike von 1817/19 auf, das sich schon an aufwändigeren Empireformen orientiert (Taxe 4.500 bis 5.000 EUR). Die 1792 gegründete Berliner Firma Werner & Mieth wurde für ihre kunsthandwerklichen Bronzewaren berühmt und stattete mehrere Adelspaläste, aber auch Wohnungen des gehobenen Bürgertums mit Kronleuchtern, Tafelaufsätzen, Kandelabern und ähnlichem aus. Ein Paar dreiflammige Tischleuchter aus vergoldeter Bronze mit gedrehtem Rohr und dichtem Behang an Glasprismen soll auch aus ihrer Manufaktur stammen (Taxe 15.000 bis 18.000 EUR).
Eine Abteilung mit Eisengusswaren schließt sich an, die teilweise schon für wenige hundert Euro zu haben sind und sich bis zu einem Warwick-Krater aus der Königlich Preußischen Eisengießerei nach einem Entwurf Wilhelm August Stilarskys zu dem antiken Vorbild der Marmorvase aus der Villa des Kaisers Hadrian in Tivoli für 10.000 bis 15.000 Euro steigern. „Von König Friedrich Wilhelm III. bis zur Kaiserzeit“ ist das nächste Kapitel überschrieben, in dem zunächst das Porzellan dominiert. Ein Tête à tête um 1794 mit auberginefarbener Lüsterglasur, radierten Vergoldungen und dem Monogramm ISM weist in die Kaiserliche Porzellanmanufaktur St. Petersburg und soll der Überlieferung zufolge ein Geschenk der Zarin Katharina II. zur Geburt der Prinzessin Ida von Sachsen-Meiningen gewesen sein (Taxe 8.000 bis 10.000 EUR). Darauf folgen eine kleine Kratervase samt Unterteller aus der Kaiserlichen Porzellanmanufaktur Wien, die Franz Solnek 1807 mit exotischen Papageien und Pflanzenzweigen über Gold- und Lüsterkonsolen fein verziert hat (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR), eine KPM-Vase „Münchner Form“ nach Friedrich Gärtner, staffiert um 1826/32 mit Blumen- und Fruchtgebinden, sowie eine seltene Vase gleicher Herkunft mit zwei Ansichten aus den Alpen (Taxe 12.000 bis 15.000 EUR).
Nach einer grüngolden patinierten Bronzebüste der Opernsängerin Henriette Sontag aus der Hand des Schadow-Schülers Ludwig Wilhelm Wichmann von 1827 für 10.000 bis 15.000 Euro wird es wieder malerisch, wenn Wilhelm Brücke vor dem Kronprinzenpalais Unter den Linden zahlreiche Menschen und mehrere Militärparaden zur Morgenstunde defilieren lässt (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR). In weite Fernen führt dann der Berliner Maler Ferdinand Konrad Bellermann, der mit einem Stipendium des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. und einem Empfehlungsschreiben Alexander von Humboldts zwischen 1842 und 1845 nach Südamerika reisen konnte und sich in Venezuela umtat. Seine Erlebnisse inspirierten ihn nach seiner Rückkehr zu zahlreichen Gemälden, insbesondere der Tropenwald wurde zu einem unerschöpflichen Sujet für ihn. Dessen üppige Vegetation spielt auch auf Bellermanns großformatigem Gemälde „Tropische Landschaft in Venezuela mit Badenden“ die Hauptrolle (Taxe 25.000 bis 30.000 EUR).
Der Abschluss der Versteigerung ist Werken aus dem Historismus und der Moderne vorbehalten. Hier machen Wilhelm Camphausen mit einem Reiterbildnis von Kaiser Wilhelm I. vor Schlachtenrauch (Taxe 3.000 bis 4.000 EUR) und Franz von Lenbach mit zwei seiner zahlreichen Bismarck-Portraits ihre Aufwartung. Während der Reichskanzler 1893 aus dem Dunkel des Hintergrunds allein durch den strahlend weißen Kragen und das ausdrucksvolle Gesicht heraustritt (Taxe 10.000 bis 12.000 EUR), zwängt ihn bei der zweiten Variante ein reich geschnitzter Rahmen im Renaissance-Stil beinahe ein (Taxe 17.000 bis 20.000 EUR). Julius Wilhelm Mantel lieferte um 1870 für KPM den Entwurf für die „Urbino-Vase“ mit ihren gedrehten Schlangenhenkeln. Beim Dekor für einen Dreiersatz griff man dann auf vorhandenes Bildmaterial zurück und kopierte unter anderem Raffaels „Triumph der Galatea“ aus der Villa Farnesina in Rom (Taxe 12.000 bis 16.000 EUR). Dann gibt es noch viel Porzellan mit Weichmalerei, so ein Kassette im Neorokoko-Stil von Robert Schirmer mit Blumenbouquets und Putten (Taxe 12.000 bis 15.000 EUR).
Auf Franz Skarbinas Gemälde des nächtlichen „Droschken-Halteplatz in Berlin“ warten die Kutscher gerade vor dem Bahnhof Friedrichstraße auf Fahrgäste (Taxe 10.000 bis 14.000 EUR). Adolph von Menzels Studienblatt zu einem Marokkaner ist auch ein historisches Zeugnis. Zum einen portraitierte er hier 1878 einen der ersten marokkanischen Gesandten in Berlin, zum anderen entstand die Skizze genau zu dem Zeitpunkt, als unweit seines Ateliers ein Anschlag auf Kaiser Wilhelm I. verübt wurde. Menzel notierte das auf der Zeichnung: „am Tage des zweiten Attentats auf d. Kaiser. Bei Beendigung dieses kam Major v. Rosenberg mit der Nachricht ins Zimmer gestürzt“ (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR). Fremdländisch bleibt es mit mehreren Porzellanfiguren aus KPM-Produktion, etwa Carl Reschkes Dudelsackpfeifer aus dem Tafelaufsatz „Indischer Festzug“ von 1913 oder Adolph Ambergs Japanerin mit Mandoline aus dem bekannteren „Hochzeitszug“ von 1909 (Taxe je 1.500 bis 2.000 EUR). Eine Teekanne mit dem zackigen Art Déco-Dekor „Japanischer Frühling“ von Adolf Flad datiert in die 1920er Jahre (Taxe 900 bis 1.200 EUR), das Vasenmodell „Kruke“ von Trude Petri gar in die frühen 1950er Jahre. Vier Ausführungen in unterschiedlichen Bemalungen listet der Katalog jeweils zwischen 1.000 und 1.500 Euro. Mit Erich Büttners „Strandpromenade in Graal“ an der Ostsee von 1928 ist dann die Moderne auch malerisch erreicht (Taxe 3.000 bis 4.000 EUR).
Die Auktion beginnt am 20. April um 11 Uhr. Die Vorbesichtigung läuft bis zum 18. April täglich von 10 bis 17 Uhr, am 19. April nach Vereinbarung. Der Internetkatlog ist unter www.lempertz.com abrufbar. | | Kontakt: Kunsthaus Lempertz Poststraße 21-22 DE-10178 Berlin |
| Telefon:+49 (030) 278 760 80 | Telefax:+49 (030) 278 760 86 | | | E-Mail: info@lempertz.com | | Startseite: www.lempertz.com |
17.04.2024 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching | |
|
|
| |
| | | | |
Adolph Amberg,
Japanerin mit
Mandoline, 1909 | | Taxe: 1.500 - 2.000 EURO Zuschlag: 2.400,- EURO Losnummer: 319 | | | | | |
Tischspiegel aus
einer
Toilettegarnitur,
KPM, um 1768 | | Taxe: 15.000 - 20.000 EURO Zuschlag: 14.000,- EURO Losnummer: 74 | | | | | |
Ferdinand Konrad
Bellermann,
Tropische
Landschaft in
Venezuela mit
Badenden | | Taxe: 25.000 - 30.000 EURO Losnummer: 281 | | | | | |
Paar Korbvasen mit
plastischen Blüten,
Meißen, um 1745 | | Taxe: 6.000 - 8.000 EURO Zuschlag: 5.000,- EURO Losnummer: 56 | | | | | |
Trude Petri, Vase
„Kruke“, 1951 | | Taxe: 1.200 - 1.500 EURO Zuschlag: 1.000,- EURO Losnummer: 339 | | | | | |
Vase „Münchner Form“
mit Blumen und
Früchten, KPM,
1826/32 | | Taxe: 12.000 - 15.000 EURO Losnummer: 260 | | | | | |
Erich Büttner,
Strandpromenade in
Graal, 1928 | | Taxe: 3.000 - 4.000 EURO Losnummer: 334 | | | | | |
Kaiserliche
Porzellanmanufaktur
St. Petersburg, Tête
à tête für eine
Prinzessin ISM, um
1794 | | Taxe: 8.000 - 10.000 EURO Zuschlag: 20.000,- EURO Losnummer: 237 | | | | | |
Franz Skarbina,
Droschken-Halteplatz
in Berlin | | Taxe: 10.000 - 14.000 EURO Losnummer: 323 | | | | | |
Nicolas Lancret,
Allegorie des Feuers | | Taxe: 60.000 - 70.000 EURO Losnummer: 54 | | | | | |
Potpourri mit
„fleurs en
terrasse“, KPM,
1790/1800 | | Taxe: 6.000 - 8.000 EURO Losnummer: 96 | | | | | |
Wilhelm Brücke,
Parade vor dem
Kronprinzenpalais
Unter den Linden | | Taxe: 40.000 - 60.000 EURO Zuschlag: 80.000,- EURO Losnummer: 269 | | |
|
|
|