Jacqueline de Jong gestorbenJacqueline de Jong ist tot. Die holländische Malerin, Bildhauerin und Grafikerin, die laut ihrer Galerie Dürst Britt & Mayhew seit kurzem erkrankt war, starb am vergangenen Samstag in Amsterdam mit 85 Jahren. Die 1939 in Hengelo geborene Künstlerin war seit 1960 Mitglied der Situationistischen Internationale und gab von 1962 bis 1968 die „Situationist Times“ heraus. Ihre teils sehr bunten Gemälde mit Landschaften oder abstrahierten Figuren bilden eine experimentelle und narrative Ausdrucksform. Zudem arbeitete de Jong auch mit Texten im Bild. Eine dunkle Note schlug sie mit der Serie monochromer schwarzweißer Gemälde zum Golf- und Syrienkrieg an. In einer eklektischen Arbeitsweise, so ihre New Yorker Galerie Ortuzar Projects in ihrem Nachruf, griff sie unter anderem auf Ideen des Abstrakten Expressionismus, der Art Brut, der Pop Art oder der Postmoderne zurück. Charakteristisch für Jacqueline de Jong sei weniger eine formale Einheitlichkeit als ihre Überzeugung für das Revolutionäre in der Kunst und der Politik.
Ihre nonkonformistische, farb- und formgewaltige, zwischen den Stilen mäandrierende und ungestüme Kunst war in Deutschland zuletzt 2022 im Kunstmuseum Ravensburg zu sehen. Hier präsentierte Jacqueline de Jong etwa ihre in den 1960er Jahren entstandenen, neoexpressionistischen „Accidental Paintings“ und „Suicidal Paintings“. Die erzählerisch angelegten Bilder sind von monströsen Gestalten, hybriden Mischwesen aus Mensch, Reptil und Maschine, deformierten und ineinander verkeilten Autos, Fahrrädern, Gerippen, Schädeln und Körpern bevölkert. Clowneske Schwabbelwesen entsteigen den Wracks und fallen hemmungslos übereinander her. In einem Interview zur Ravensburger Ausstellung sagte Jacqueline de Jong: „Das Wichtigste in meiner Arbeit ist, mich nicht einer bestimmten Interpretation anzupassen, völlig widersprüchlich und frei im Kopf zu bleiben. Soll das Publikum doch machen, was es will… Hauptsache, es geschieht mit Humor!“
Jacqueline de Jong war jüdischer Abstammung, musste sich mit ihrer Familie vor den Nationalsozialisten verstecken und wurde bei ihrer Flucht in die Schweiz durch die französische Résistance vor der Deportation gerettet. 1957 zog es die junge Frau nach Paris, ein Jahr später nach London, bevor sie letztlich im Amsterdamer Stedelijk Museum eine Stelle annahm. In London hatte sie 1959 den Gründer der CoBrA-Bewegung Asger Jorn kennen und lieben gelernt, der sie mit den Situationisten bekannt machte. Ihre erste Einzelausstellung fand 1962 in der Galerie Delta in Rotterdam und der Galerie Modern in Silkeborg statt. Zeitgleich publizierte de Jong ihr erstes Künstlerbuch mit dem Titel „La Folie Endormie“.
Mit ihrem späteren Ehemann, dem Juristen Thomas Weyland, der unter anderem im Herausgebergremium der Zeitschrift „International Journal of Cultural Property“ tätig war, hielt sie Vorträge zu Autorenrechten und Copyright. 2009 gründeten Jacqueline de Jong und Weyland die „Weyland de Jong Stiftung“, die sich der Unterstützung von Künstlern aller Disziplinen im Alter über 50 Jahren verschrieb. Die bis zuletzt aktive Künstlerin stellte international aus und bespielte etwa das Moderna Museet in Stockholm, das Wiels Centre d’Art Contemporain in Brüssel, das Centre Pompidou in Paris oder das Lenbachhaus in München. 2003 widmete ihr das CoBrA-Museum in Amstelveen eine Retrospektive. |