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Marktberichte |
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Das Dorotheum in Wien setzte bei seiner Auktion „Gemälde des 19. Jahrhunderts“ für einige Vertreter der österreichischen Kunst neue Maßstäbe, andere Segmente hielten sich dagegen auffallend zurück  Die Liebe siegt immer

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 |  | Theodor von Hörmann, Eisschollen am Ufer der Thaya, 1891 | |
Vor allem Künstlerinnen und Künstler aus Österreich standen in der Auktion „Gemälde des 19. Jahrhunderts“ beim Wiener Dorotheum in der Gunst der Käufer. Einer von ihnen war der 1840 in Tirol geborene Theodor von Hörmann, der stilistisch als Vertreter des österreichischen Stimmungsimpressionismus gilt und vor allem mit Landschaften an der Schwelle zur Moderne hervortrat. 1890 ließ sich Hörmann im südmährischen Znaim nieder und beobachtete im März des darauffolgenden Jahres die schweren, ans Ufer der Thaya gezogenen Eisblöcke in der vorfrühlingshaften Natur. Im Hintergrund erhebt sich die Kulisse der Stadt auf einem Bergrücken mit der gotischen Nikolaikirche und der dazugehörigen Wenzelskapelle an der Spitze. Hörmann malte zunächst zwei kleine Versionen auf Holz; eine davon gehört zur Sammlung des Belvedere in Wien und zeigt die Stadt noch im Nebeldunst. In einem dritten Leinwandgemälde hat er die Natur mit ihren kahlen Bäumen in das wärmende Licht der Sonne und in einen goldbraunen Ton getaucht. Die „Eisschollen am Ufer der Thaya“, die das Dorotheum als vielleicht eines der letzten Hauptwerke Hörmanns auf dem Kunstmarkt anpries, ließen sich ihre Favoritenrolle nicht nehmen. Bei einer Bewertung von 160.000 bis 250.000 Euro landeten sie schließlich bei 300.000 Euro, setzten sich an die Spitze der Versteigerung und übertrafen damit den hauseigenen Rekordwert von 280.000 Euro für eine Winterlandschaft Hörmanns aus dem Jahr 2004.
Ein weiterer erfolgreicher Stimmungsimpressionist war am 25. April Robert Russ, der die sommerlich blühende Natur einer „Italienischen Pergola“ nebst zwei kleinen Personen flirrend in getupften Farben verewigte. Das um 1907 entstandene Ölgemälde ging nun für den Spitzenpreis von 150.000 Euro ebenfalls an einen im Auktionssaal anwesenden Bieter (Taxe 40.000 bis 70.000 EUR). Lukrativ platzierten sich in diesem Umfeld zudem Anton Romako mit seinem jungen italienischen Schafhirten samt Hütehund bei 90.000 Euro (Taxe 60.000 bis 100.000 EUR), Tina Blau mit ihrem kleinen Kanal neben der Mühle „De Nachtegaal“ am noch ländlich geprägten Noordendijk in Dordrecht bei 80.000 Euro (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR), Olga Wisinger-Florian mit ihrem kleinen „Bund Schneeglöckchen“ bei 30.000 Euro (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR) und Lea von Littrow mit ihrer ebenso unscheinbaren „Franz-Josef-Promenade“ in der Kvarner Bucht bei Rijeka in Kroatien bei 26.000 Euro (Taxe 25.000 bis 30.000 EUR).
Schwer taten sich dagegen im Dorotheum diesmal die Orientalisten. Eigentlich hätte Fausto Zonaro mit seiner eleganten jungen Frau, die in einem kleinen Boot auf dem Bosporus schippert und dabei eine Langhalslaute zupft, bei 240.000 bis 280.000 Euro die Preisliste anführen sollen. Doch daraus wurde nichts, gleichfalls bei Franz Xaver Kosler und seinem sonnigen Markttag in Kairo (Taxe 80.000 bis 100.000 EUR), Alphons Leopold Mielich mit seinem Markt „Im alten Mostichviertel von Bulah in Cairo“ (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR) oder Rudolf Ernst mit seiner nackten Odaliske beim Schwerttanz (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR). Lediglich der Russe Nikanor Chernetsov war mit einer orientalischen Szene gefragt. Sein 1853 gemalter Blick in den Innenhof der Moschee der Derwische in Kairo mit dem Khabanija-Brunnen im Zentrum schnellte von 16.000 Euro auf 62.000 Euro. Der 1856 in Odessa geborene, französischstämmige Franz Roubaud lief wieder einmal zur alten Form auf und gab seine marktfrisch aus einer deutschen Sammlung eingelieferten „Kaukasischen Reiter in den Bergen“ erst bei 100.000 Euro ab (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR).
In Odessa kam zwanzig Jahre später auch Alexis Hanzen zur Welt, erhielt ersten Unterricht bei seinem Großvater Ivan Konstantinovich Ajvazovskij und konzentrierte sich später wie dieser auf die Marinemalerei. Sein nun 20.000 Euro teures Motiv aus Dalmatien mit einem Fischerboot vor der sonnenbeschienenen felsigen Küste steht dafür (Taxe 8.000 bis 12.000 EUR). Weitere Künstler vom Balkan machten mit guten Ergebnissen auf sich aufmerksam, darunter Nicolae Grigorescu mit seinem schon weitgehend formaufgelösten Ochsenkarren beim Ziehen der Weizenernte für 26.000 Euro (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR), sein rumänischer Kollege Boris Georgiev mit dem monochrom graubraunen Bildnis seines Schwagers Stefan Borisov Mitov, eines Rechtsanwalts und Kunstkritikers der Moderne, in Uniform für 15.500 Euro (Taxe 7.000 bis 9.000 EUR) oder der Kroate Menci Clement Crncic mit seiner violett-weiß schimmernden Gebirgsschlucht der „Großen Paklenica“ bei Zadar für 24.000 Euro (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR). Der russisch-italienische Bildhauer Paolo Troubetzkoy konnte für seinen dunklen Bronzeakt eines jungen, stehenden Mädchens, das sich gerade sein Haar flechtet, die obere Erwartung von 12.000 Euro einstreichen.
Weniger Nachfrage herrschte diesmal nach Venezianischem. Die zahlreichen Veduten der Serenissima blieben oftmals liegen oder mussten deutliche Abschläge verkraften, wie Antonietta Brandeis’ Blick auf einige Boote an einer der Nebeninseln der Lagune bei 10.000 Euro oder Ludwig Hermanns Postkartenmotiv von der Einfahrt in den Canal Grande mit der auf Fernwirkung angelegten Kirche Santa Maria della Salute bei 15.000 Euro (Taxe je 20.000 bis 30.000 EUR). Wenigstens Beppe Ciardi kam mit seinem jungen Gondoliere auf den Weiten der Lagune bei der Überfahrt mit einer Schafherde bei 38.000 Euro nahe an die untere Schätzgrenze von 40.000 Euro heran. Während Eugen von Blaas auf seiner jungen schönen Venezianerin nach dem Kirchgang nebst einem Knaben wohl wegen einer verhärmten Alten sitzenblieb (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR), reüssierte sein Gemälde „Semper vivit amor“ mit einer jungen venezianischen Witwe, die mit ihren beiden Kindern am Friedhof einen Kranz niederlegt, bei unerwartet hohen 90.000 Euro (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR).
Hunde taten sich im Dorotheum dagegen leicht, so in Gestalt des Jagdhundes des Grafen Esterházy, den Ferdinand Georg Waldmüller 1823 ruhig am Bach liegend mit seinem Herrn im Walddickicht portraitierte, für taxgerechte 35.000 Euro oder eines unbekannten Setters von Franz Xaver Gruber, der im dichten Kräuterwuchs einem Marder auflauert, für gute 20.000 Euro (Taxe 10.000 bis 12.000 EUR). Fast schon grimmig blicken die fünf britischen Bulldoggen auf grüner Wiese drein, die namentlich bekannt sind und im frühen 20. Jahrhundert Preise gewonnen haben. Signiert und datiert ist das für 14.000 Euro veräußerte Hundeportrait mit „E.S England 1913“, hinter dem sich kein aus Künstlerlexika vertrauter Maler verbirgt (Taxe 9.000 bis 13.000 EUR). Genre- und Tiermalerei verbindet Adolf Eberle in seinem Gemälde „Dackelnachwuchs“, das sich mit 9.000 Euro ebenfalls gut behaupten konnte (Taxe 5.000 bis 6.000 EUR). Die bäuerliche Genrekunst war unter anderem noch mit Franz von Defregger und seinem Werk „Der kleine Liebling“ von 1884, bei dem fünf Kinder eben einen Vogel füttern, für 28.000 Euro (Taxe 28.000 bis 35.000 EUR) und mit einem im späten 19. Jahrhundert beliebten Künstlerfächer vertreten, auf dem Karl Raupp fünfzehn ländliche Darstellungen vom Chiemsee in Neorokoko-Rahmung für nun 11.000 Euro zusammenfügte (Taxe 4.000 bis 6.000 EUR).
Bei der Münchner Malerschule war zudem die Künstlerfamilie Haushofer beliebt. Vater Maximilian Haushofer wurde alle vier oberbayrischen Landschaften mit seinem weiten „Blick über die Traun auf Kloster Baumburg“ bei 30.000 Euro an der Spitze los (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR), Sohn Karl Haushofer folgte mit einem Sommertag an einem Alpensee samt einigen vornehmen Urlaubsgästen bei 16.000 Euro (Taxe 4.000 bis 6.000 EUR). Der norddeutsche Malerdilettant Fritz Müller, der von Beruf Kapitän war und in den 1850er Jahren nach Südamerika schipperte, brachte von dort mehrere Schiffsbilder mit. Auf seine etwas naiven Dreimaster im Hafen von Nicaragua und sein Pendant vor Rio de Janeiro mit dem markanten Zuckerhut entfielen 8.000 Euro und 13.000 Euro im Rahmen der Erwartungen. In den Symbolismus ging es mit Ferdinand Kellers „Sappho“ von 1909, die eben einen dunklen mystischen Zypressenhain verlassen hat und mit ihrer Leier trauernd an einer Steinmauer über der See verharrt. Die griechische Dichterin, die für Platon die zehnte Muse war, konnte ihren Wert auf 30.000 Euro verdoppeln.
Unbeschwerter ging es bei der Kunst aus Frankreich zu. Jean-Baptiste Camille Corot hielt 1872 atmosphärisch eine abendliche Stimmung auf seinem Gemälde „La Remise du Bateau“ an der oberen Schätzgrenze von 80.000 Euro fest. Der gebürtige Mähre Jan Šafarík ließ sich vom pulsierenden Leben der Metropole Paris begeistern und malte mit vibrierendem Pinselstrich seinen Blick auf die Porte Saint-Martin und den gleichnamigen Boulevard für 60.000 Euro (Taxe je 60.000 bis 80.000 EUR). Mit Szenen aus dem quirligen Pariser Stadtleben gesellten sich Eugène Galien-Laloue vom winterlich verschneiten Place de Clichy für 3.400 Euro (Taxe 3.000 bis 4.000 EUR) und Louis Abel-Truchet vom Café „Chez Pousset“ am ebenfalls impressionistisch eingefangenen Boulevard des Italiens für 14.000 Euro hinzu (Taxe 14.000 bis 18.000 EUR). Einen teuren Ausfall gab es auch bei den Franzosen: Alfred de Dreux’ Pferdebild „Le Lad Blanc et ses Chevaux“ wollte für 70.000 bis 90.000 Euro niemand haben. Der ungewöhnliche Ausschnitt zahlreicher Segelmaste, die Francisco Pradilla y Ortiz 1896 in seinem Sommertag „Las velas latinas en Porto d’Anzio“ verewigte, spielte im Dorotheum taxkonforme 32.000 Euro. Im Kölner Auktionshaus Van Ham waren es 2009 aber schon einmal 50.000 Euro.
Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. |  | Kontakt: Dorotheum Dorotheergasse 17 AT-1010 Wien |
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25.07.2024 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Johannes Sander |  |
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 Jan Šafarík, Paris.
Blick auf die Porte
Saint-Martin und den
Boulevard
Saint-Martin |  | Taxe: 60.000 - 80.000 EURO Zuschlag: 60.000,- EURO Losnummer: 530 |  |  |  |  |  | 
 Anton Romako, Junger
italienischer
Schafhirt mit seinem
Hund |  | Taxe: 60.000 - 100.000 EURO Zuschlag: 90.000,- EURO Losnummer: 550 |  |  |  |  |  | 
 Eugen von Blaas,
Semper vivit amor |  | Taxe: 30.000 - 40.000 EURO Zuschlag: 90.000,- EURO Losnummer: 526 |  |  |  |  |  | 
 Ferdinand Georg
Waldmüller, Der
Jagdhund des Grafen
Ersterházy am Bach
liegend, 1823 |  | Taxe: 35.000 - 45.000 EURO Zuschlag: 35.000,- EURO Losnummer: 554 |  |  |  |  |  | 
 Franz Xaver Gruber,
Hund auf der Lauer |  | Taxe: 10.000 - 12.000 EURO Zuschlag: 20.000,- EURO Losnummer: 557 |  |  |  |  |  | 
 Maximilian
Haushofer, Blick
über die Traun auf
Kloster Baumburg,
wohl 1838 |  | Taxe: 15.000 - 20.000 EURO Zuschlag: 30.000,- EURO Losnummer: 643 |  |  |  |  |  | 
 Ferdinand Keller,
Sappho, 1909 |  | Taxe: 15.000 - 20.000 EURO Zuschlag: 30.000,- EURO Losnummer: 618 |  |  |  |  |  | 
 Ludwig Hermann,
Venedig. Blick auf
Santa Maria della
Salute, 1877 |  | Taxe: 20.000 - 30.000 EURO Zuschlag: 15.000,- EURO Losnummer: 698 |  |  |  |  |  | 
 Jean-Baptiste
Camille Corot, La
Remise du Bateau,
1872 |  | Taxe: 60.000 - 80.000 EURO Zuschlag: 80.000,- EURO Losnummer: 523 |  |  |  |  |  | 
 Beppe Ciardi,
Überfahrt der
Schafherde |  | Taxe: 40.000 - 60.000 EURO Zuschlag: 38.000,- EURO Losnummer: 539 |  |  |  |  |  | 
 Francisco Pradilla y
Ortiz, Las velas
latinas en Porto
d’Anzio, 1896 |  | Taxe: 30.000 - 40.000 EURO Zuschlag: 32.000,- EURO Losnummer: 521 |  |  |  |  |  | 
 Tina Blau, Am
Noordendijk in
Dordrecht (Die Mühle
„De Nachtegaal“ in
Dordrecht) |  | Taxe: 60.000 - 80.000 EURO Zuschlag: 80.000,- EURO Losnummer: 549 |  |  |  |  |  | 
 Paolo Troubetzkoy,
Jungens Mädchen beim
Flechten der Haare,
1933 |  | Taxe: 8.000 - 12.000 EURO Zuschlag: 12.000,- EURO Losnummer: 673 |  |  |
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