Berlin restituiert Pechstein-Zeichnung | | Das Berliner Brücke Museum gibt eine Zeichnung Hermann Max Pechsteins an die Erben von Hans Heymann zurück | |
Das Brücke Museum in Berlin gibt eine Zeichnung Hermann Max Pechsteins an die Nachfahren der ursprünglichen jüdischen Besitzer zurück. Die „Zwei Tänzerinnen“ aus dem Jahr 1910 gehörten einst zur bedeutenden Pechstein-Sammlung des jüdischen Ökonomen und Kunstförderers Hans Heymann. In der NS-Zeit wurde seine Sammlung beschlagnahmt und teilweise verwertet. Das schwarzweiße, flott entwickelte Tuscheblatt mit zwei agilen Tänzerinnen wurde aus Berliner Kunsthandel angekauft und befand sich seit 1971 in der Sammlung des Brücke Museums. „Die Familie Heymann ist dem Brücke Museum und dem Land Berlin dankbar für ihre Bemühungen, die erste Rückgabe eines Werkes aus der Heymann-Pechstein-Sammlung an die Familie Heymann seit mehr als fünfundsiebzig Jahren zu erreichen. Unter der hervorragenden Leitung von Lisa Marei Schmidt haben das Museum und seine Mitarbeiter*innen alle Ressourcen aufgebracht, um die Herkunft zu erforschen, intensiv mit der Familie Heymann und dem Holocaust Claims Processing Office zusammenzuarbeiten und eine gerechte Lösung herbeizuführen. Dass das Brücke Museum in einer Ausstellung an Hans und Walther Heymann erinnert, fügt der Geschichte der Heymann-Pechstein-Sammlung ein neues Kapitel hinzu“, so Kendra Heymann Sagoff, die Enkeltochter Hans Heymanns.
Der 1885 geborene, aus Königsberg stammende Kunstliebhaber Hans Heymann war Gründer einer Versicherungsgesellschaft, ein Erneuerer des Versicherungswesens und der internationalen Banken- und Währungsreform und Berater für das Auswärtige Amt der Weimarer Republik. Angeregt von seinem älteren Bruder, dem Schriftsteller Walther Heymann, baute er im engen Austausch mit Hermann Max Pechstein ab 1909 eine der bedeutendsten frühen Sammlungen von Kunstwerken des Expressionisten auf. Teile dieser Sammlung wurden 1916 in der von seinem Bruder Walther verfassten Publikation zu Pechstein veröffentlicht.
Von den Nationalsozialisten verfolgt, flüchtete Hans Heymann 1936 mit seiner Familie nach New York. Das in Berlin eingelagerte Umzugsgut, darunter die große Pechstein-Sammlung, wurde beschlagnahmt. Die 41 Gemälde aus der Sammlung wurden 1942 an die Dienststelle Reichsleiter Rosenberg übergeben und sind bis heute unauffindbar. Mehrere von den 120 beschlagnahmten Zeichnungen und Aquarellen sind in der Nachkriegszeit im Kunsthandel aufgetaucht, der Großteil ist allerdings ebenfalls bis heute verschollen. Direkt nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nahm Hans Heymann die Suche nach seiner Sammlung mit Unterstützung von Hermann Max Pechstein auf. Über drei Generationen hinweg versuchen die Familien Heymann und Pechstein gemeinsam, die Sammlung zu rekonstruieren. Trotz erheblicher Bemühungen gilt der Großteil der Kollektion nach wie vor als vermisst.
Im Brücke Museum wird die Zeichnung als Leihgabe der Familie Heymann in der Ausstellung „Biografien der Moderne. Sammelnde und ihre Werke“ ab dem 1. September zu sehen sein. Die Schau gewährt Einblicke in die Arbeit der Provenienzforschung am Museum, wobei der Fokus auf den Biografien der früheren Eigentümer*innen liegt. Neben Hans und Walther Heymann konzentriert sich die Ausstelung auf die Kunsthistorikerin Rosa Schapire, der Kunstkritiker Max Osborn, die Sammlerin Rosy Fischer, die Salonière Elsa Glaser, der Bankier Hugo Simon und der Kunsthändler Victor Wallerstein. Die Ausstellung, die von Museumsdirektorin Lisa Marei Schmidt und Ruth Ur, Geschäftsführerin des Freundeskreises Yad Vashem, kuratiert wird, möchte an diese besonderen Persönlichkeiten erinnern und ihr Engagement für die Brücke-Künstler und der deutschen Moderne ehren. |