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West-Ost-Transfer bei Kunststoffmöbeln

in der Ausstellung „PURe Visionen. Kunststoffmöbel zwischen Ost und West“

Das Museum Utopie und Alltag in Eisenhüttenstadt gibt in der Schau „PURe Visionen“ einen Einblick in die PUR-Möbelwelt, wobei die Abkürzung PUR für Polyurethan steht. Das Haus mit seinem Schwerpunkt auf dem Alltagsleben in der DDR geht zudem auf die Transfergeschichte zwischen West- und Ost-Deutschland bei Herstellung und Design von Kunststoffmöbeln ein. So gelten etwa der verschließbare Gartenstuhl „Senftenberger Ei“ von Peter Ghyczy aus dem Jahr 1968 oder der zackige „Känguruh-Stuhl“ von Ernst Moeckl zu den Ikonen ostdeutschen Designs, obwohl ihre Gestalter im Westen lebten. Die Schau untersucht die PUR-Möbelherstellung bis in die frühen 1980er Jahre und illustriert dies mit Fotos, Werbung und Filmauszügen sowie zahlreichen klassischen und bislang wenig bekannten Möbelbeispielen, die sowohl in der BRD als auch in der DDR entworfen wurden. Neben designhistorischen und wirtschaftspolitischen Aspekten stellt sich auch die Frage nach dem künftigen Umgang mit dem schwer recycelbaren Material Polyurethan.

Polyurethan wurde bereits 1937 von dem Chemiker Otto Bayer im I.G.-Farben-Konzern entwickelt. Der Zweite Weltkrieg verzögerte die Weiterentwicklung des Materials zunächst. Nach 1945 aber bereiteten Kunststoffe den Weg in einen vermeintlich grenzenlosen Konsum. Sie waren massenhaft, günstig und in fast jeder Farbe und Form herstellbar und inspirierten damit Produktdesign und Industrieproduktion. Es herrschte ein weltweiter Boom für zukunftsversprechende synthetische Werkstoffe. Trieb in der westlichen Welt die Privatwirtschaft ihre Verbreitung voran, so war dies in den Ländern des Staatssozialismus die Politik.

Die DDR stellte um 1960 ihre Weichen für „Plaste und Elaste“ im Alltag. Obwohl die sozialistische Republik dafür viel Geld investierte, konnte sie mit westlichen Innovationen nicht Schritt halten. In den 1950er Jahren war PUR durch den Bayer-Konzern marktreif geworden und eroberte auch das Gebiet des Möbelbaus; als Beispiel sei der 1967 aus einem Guss gefertigte „Panton-Chair“ genannt. Die dem Buchstaben S ähnelnde Form des Freischwingers ohne Hinterbeine wurde von dem dänischen Designer Verner Panton entwickelt und avancierte zu einem Klassiker der Pop Art. Gestalter wie Moeckl und Ghyczy feierten ebenfalls mit fließenden Formen und intensiven Farben das von Konventionen befreite Lebensgefühl des Pop-Zeitalters.

In der DDR war man ebenfalls von den Möglichkeiten begeistert, die massenhaft produzierbare Kunststoffmöbel ermöglichten. Man erwarb Anfang der 1970er Jahre in der BRD Maschinen und Designs zur Herstellung von PUR-Möbeln. Die DDR produzierte schnell mehr PUR-Mobiliar als jedes andere Land auf der Welt. Die Möbel aus Kunststoff wurden als Zeichen des sozialistischen Fortschritts inszeniert, ohne die westdeutschen Ursprünge zu benennen. Daneben entstanden an Hochschulen und in Betrieben kreative Eigenentwürfe von ostdeutschen Formgestaltern, die teils keine Umsetzung fanden.

Die Ausstellung „PURe Visionen. Kunststoffmöbel zwischen Ost und West“ läuft bis zum 30. März 2025. Das Museum Utopie und Alltag hat täglich außer montags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt regulär 4 Euro, ermäßigt 2 Euro.

Museum Utopie und Alltag. Alltagskultur und Kunst in der DDR
Erich-Weinert-Allee 3
D-15890 Eisenhüttenstadt
Telefon: +49 (0)3364 – 41 73 55


06.08.2024

Quelle: Kunstmarkt.com/S. Hoffmann

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