Wer sammelte Brücke-Künstler? | | Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Otto Mueller beim Schach, 1913 | |
Das Berliner Brücke Museum widmet sich in der Schau „Biografien der Moderne“ der Frage, wer moderne Kunst zur Zeit ihrer Entstehung sammelte. Dabei nehmen die Kuratorinnen Lisa Marei Schmidt und Ruth Ur acht jüdische Sammler*innen in den Blick, aus deren ehemaligem Besitz heute Werke zum Bestand des Museums gehören: die Kunsthistorikerin Rosa Schapire, der Kunstkritiker Max Osborn, die Sammlerin Rosy Fischer, die Salonière Elsa Glaser, der Ökonom Hans Heymann und sein Bruder, der Schriftsteller Walther Heymann, der Tausendsassa Hugo Simon sowie der Kunsthändler Victor Wallerstein. Sie alle unterstützten und förderten Künstler der Brücke auf besondere Weise.
Die Schau stellt die acht Kunstfreunde vor und präsentiert ihre Werke aus dem Museumsbesitz. Neben den Biografien des Oktetts geht es auch um die Arbeit und die Netzwerke dieser Sammler*innen, die heute fast gänzlich in Vergessenheit geraten sind. Die Exponate umfassen Kunstwerke von Hermann Max Pechstein, Otto Mueller, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Emy Roeder, Rudolf Levy und Oskar Kokoschka, dazu noch Dokumentationsmaterial, Portraits und Filminterviews mit den Nachfahren der Sammler*innen. Einen zeitgenössischen Zugang gewährt das neu geschaffene Wandgemälde der Künstlerin Sophie von Hellermann.
Die Basis der Ausstellung ist die Provenienzforschung, die seit 2018 den Sammlungsbestand des Hauses untersucht. Hierbei geht es um das Aufdecken der vom nationalsozialistischen Regime geraubten Kunstwerke. Auch wenn die Forschung vorwiegend die Herkunftsgeschichten der Werke erarbeitet, finden die Wissenschaftler zugleich vieles über die ehemaligen Eigentümer*innen heraus. Entsprechend will die Schau nicht nur an die acht Sammler*innen erinnern, sondern auch das Unrecht anerkennen, das ihnen im Nationalsozialismus angetan wurde. So hat das Museum in drei Fällen NS-Raubgut identifiziert und Lösungen mit den Nachfahren von Heymann und Wallerstein gefunden, der dritte Fall mit den Erben von Max Osborn wird gerade geklärt.
Ernst Ludwig Kirchners Gemälde „Erich Heckel und Otto Mueller beim Schach“ von 1913 gehörte Victor Wallerstein. Das Werk ist bedeutend, weil es das letzte Gemälde vor der Auflösung der Brücke im selben Jahr ist. Wallerstein musste zur Finanzierung seiner Flucht vor den Nazis das Kunstwerk verkaufen. Das Brücke Museum erwarb das Bild 1973 und fand mit den Erben eine gerechte Lösung für eine Entschädigungszahlung, so dass das Bild im Haus bleibt. Victor Wallerstein, 1878 in Prag geboren und 1944 in Florenz verstorben, war ein wichtiger Förderer und Freund der Künstler*innen der damaligen Moderne. Portraits von ihm schufen etwa Oskar Kokoschka, Erich Heckel oder die Würzburger Bildhauerin Emy Roeder.
Die Ausstellung „Biografien der Moderne. Sammelnde und ihre Werke“ ist bis zum 24. November zu sehen. Das Brücke Museum hat täglich außer dienstags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 6 Euro, ermäßigt 4 Euro; für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre ist er kostenlos.
Brücke Museum
Bussardsteig 9
D-14195 Berlin
Telefon: +49 (0)30 – 8390 0860 |