Gedruckte Randeinfälle in Bremen | | Georges Alfred Bottini, Vor dem Schaufenster des Verlegers Edmond Sagot, 1898 | |
Die Bremer Kunsthalle nimmt nun Randnotizen in den Fokus. Die Schau „Jenseits der Mitte“ sei die weltweit erste, die sich dem künstlerischen Phänomen der Skizzen am Rande in der Druckgrafik widmet, teilte Maria Aresin mit. Die Bremer Grafikkustodin hat dazu mehr als 100 Arbeiten versammelt, darunter Drucke von Jean Veber, Eugène Delacroix, Edouard Manet, Daniel Nikolaus Chodowiecki und Käthe Kollwitz, die abseits der Hauptmotive weitere bildliche Darstellungen zeigen. Vielfach handelt es sich bei den Blättern um seltene Probedrucke, die nur in kleiner Stückzahl erschienen und schnell zu gesuchten Sammlerstücken wurden. Der Rand bot den Künstler*innen vielfach ein ungeahntes Potential. Ausgefallenes wie Spontanes konnte am Blattrand spielerisch erprobt werden: Hier jagt eine Herde Wildpferde über das Papier, dort verfolgt ein Obelisk einen Clown, oder eine Katze begleitet eine Schlittenfahrt. Durch die Kuriosität dieser humorvollen Szenerien wird der Blick der Betrachtenden vom eigentlichen Hauptbild abgelenkt und driftet zusehends in die Randgebiete des Blattes ab, wo die Skurrilität der künstlerischen Einfälle das Auge zum Verweilen anlockt. Die Peripherie des Blattes wird durch die reizvollen Skizzen von einer Neben- zu einer Hauptsache.
Randeinfälle nennt man dieses Phänomen, das zunächst gar kein primär künstlerisches war, sondern einen technischen Hintergrund hat. Insbesondere ab dem 18. Jahrhundert wurden sie dazu verwendet, Probedrucke zu kennzeichnen. Diese Abzüge fertigten die Künstler*innen zum privaten Gebrauch an, um sich dem Zustand des Motivs zu versichern, bevor dieses vom Verleger für größere Auflagendrucke in Umlauf gebracht wurde. So ergänzte Georges Alfred Bottini seine Farblithografie „Vor dem Schaufenster des Verlegers Edmond Sagot“ von 1898, als er sie erstmals unter die Druckerpresse legte, am unteren Blattrand um eine feine Dame mit Hut, die ihren schwarzen Kater füttert. Sie zeigt sich dabei völlig unbeeindruckt von dem eigentlichen Geschehen der Darstellung und scheint ihrer Katze noch durch das Druckmotiv hindurch das Futter zuzuwerfen.
Die Ausstellung „Jenseits der Mitte. Skizzen am Rande“ läuft vom 4. September bis zum 5. Januar 2025. Die Kunsthalle Bremen hat mittwochs bis sonntags von 10 bis 17 Uhr sowie dienstags bis 21 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 10 Euro, ermäßigt 5 Euro. Für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre sowie für Mitglieder des Kunstvereins Bremen ist er frei. Der 80seitige Katalog zur Schau kostet 12 Euro.
Kunsthalle Bremen
Am Wall 207
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