Düsseldorf enthüllt verborgene Schätze von Gerhard Richter | | Gerhard Richter, Kuh, 1964 | |
Nach seiner Flucht in den Westen im Jahr 1961 und dem Studium an der Kunstakademie Düsseldorf fand Gerhard Richter hier nicht nur Künstlerfreunde, sondern auch Ausstellungsmöglichkeiten und eine besonders aufgeschlossene, neugierige und umtriebige Sammlerschaft. Deren normalerweise der Öffentlichkeit „Verborgene Schätze“ sind nun zu großen Teilen in einer Überblickschau im Düsseldorfer Museum Kunst Palast vereint. Im Zuge der rund dreijährigen Vorbereitungen konnte der Kurator Markus Heinzelmann rund 200 Werke in privaten Domizilen und Firmenkollektionen lokalisieren. Aus diesem Fundus stellte er eine Auswahl von 122 Arbeiten, darunter 82 Gemälden, zusammen, die selten oder noch nie öffentlich präsentiert wurden. Dies bildet die Grundlage für den einzigartigen Charakter der Schau, die laut Heinzelmann eine Bestandsaufnahme sein will: Die überwiegend vor Jahrzehnten zu überschaubaren Preisen von heute betagten Sammlern erworbenen Arbeiten werden in dieser Konstellation nie mehr zu sehen sein. Hinzu kommt der regionale Charakter der Präsentation mit dem Fokus auf rheinische Sammler, was allerdings keine Einschränkung in der Strahlkraft der Werke nach sich zieht.
Schreitet man den Parcours ab, fallen die differenzierten und von den Sammlern ausgewählten Rahmungen auf. Daher möchte man die Ausstellung auch nicht als Retrospektive verstanden wissen, sondern als Werkauswahl, die dennoch chronologisch wie thematisch in acht Abschnitte gegliedert ist und einen guten Überblick über das Schaffen Gerhard Richters gibt. Das früheste Gemälde ist die „Kuh“. Gemalt als Student im Jahr 1964 für den Rundgang an der Düsseldorfer Akademie, basiert sie wie zu jener Zeit typisch auf fotografischen Vorlagen unter Verzicht auf eine tiefere Bedeutung. Im selben Jahr hatte Richter seine erste Einzelausstellung in der Düsseldorfer Galerie Schmela. Weiter geht es über ein vierteiliges Fensterbild ohne fesselnden Ausblick und erzählerische Komponente zur Serie von 1968 einsetzenden Stadtansichten, die auf Luftaufnahmen basieren. Sie evozieren keine Bedeutung und grenzen mit ihrem fleckigen Auftrag schon an die Abstraktion.
Immer wieder stützt sich Richter auch auf Naturphänomene, wie ab 1970 bei den Wolkenbildern, die er teils mit Meereslandschaften kombinierte. Ab 1966 entstanden die „Grauen Bilder“ und die nicht zuletzt durch die Neuverglasung des Kölner Doms bekannt gewordenen Farbtafeln, inspiriert von der Minimal Art und Farbmusterkarten aus Malereigeschäften. Ab 1976 entwickelte Gerhard Richter dann abstrakte, bunte Gemälde ohne Sinn und Logik, sogenannte „weiche abstrakte Bilder“, denen zu Beginn der 1980er Jahre räumlich komplexere Gemälde folgen, in denen Pinselspuren von ungleicher Breite auf gerakelte Flächen treffen. In den anschließenden „Freien Abstraktionen“ sind die Werke nicht mehr geplant, sondern sollen im Ergebnis überraschen. Im Jahr 1989 begann der Künstler damit, Fotografien mit Öl- oder Lackfarbe zu übermalen. Dadurch traten die beiden Gattungen in einen Dialog. Was in der Ausstellung besticht ist die enorme Vielfalt an Themen, Motiven, Stilen, Gattungen und Techniken, mit der es Gerhard Richter verstand, das Publikum immer wieder zu überraschen. Das Werkverzeichnis seiner Gemälde endet mit der Nummer 952 und im Jahr 2017, als Richter mit dem Malen aufhörte. Die beiden letzten „Abstrakten Bilder“ offenbaren zum Schluss der Auswahl noch einmal seine koloristische Lust und Vielfalt, die wie eine Art Vermächtnis wirken.
Die Ausstellung „Gerhard Richter. Verborgene Schätze. Werke aus rheinischen Privatsammlungen“ ist bis zum 2. Februar 2025 zu besichtigen. Das Museum Kunst Palast hat täglich außer montags von 11 bis 18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 16 Euro, ermäßigt 12 Euro; für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist er kostenlos. Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog im Hatje Cantz Verlag erschienen, der im Museum 49 Euro kostet.
Museum Kunst Palast
Ehrenhof 4-5
D-40479 Düsseldorf
Telefon: +49 (0)211 – 566 42 100 |