Mark Bradford in Berlin | | in der Ausstellung „Mark Bradford. Keep Walking“ | |
Die Staatlichen Museen zu Berlin widmen Mark Bradford die erste museale Einzelpräsentation in Deutschland und feiern mit seiner Schau „Keep Walking“ die Wiedereröffnung der Rieckhallen am Hamburger Bahnhof. Dafür haben Sam Bardaouil und Till Fellrath, Direktoren des Hamburger Bahnhofs, zwanzig Gemälde, Skulpturen, raumgreifende Installationen und Videos des 1961 geborenen Afroamerikaners aus zwei Jahrzehnten ausgewählt. In ihnen thematisiert Bradford die ökonomische Ungleichheit vor allem in der US-amerikanischen Gesellschaft, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten einer Spezies oder Ethnie oder auch Geschlechterrollen in sozialen und kulturellen Zusammenhängen. Mit diesen gesellschaftspolitischen Fragen geht er oftmals auf die Lebensrealität schwarzer US-Amerikaner*innen ein und nimmt auch persönliche Erfahrungen seiner Jugend in Los Angeles in den Blick. Seine Bildsprache ist dabei meist abstrakt und greift auf Fundstücke oder alltägliche Materialien wie Plakat- oder Zeitungspapier zurück.
So beziehen sich die beiden Gemälde „You Don’t Have to Tell Me Twice“ von 2023 und „I Don’t Know What I Am“ von 2024 am Beginn der Ausstellung auf Zugfahrpläne aus der Zeit der „Great Migration“, als zwischen 1910 und 1970 Millionen Schwarze in den USA aus den Südstaaten flüchteten. Zugleich verweisen die Leinwände mit rasterartigen Reihen von Zahlen und Städtenamen, die größere Zusammenhänge formen und somit an Landkarten erinnern, auch auf den Ausstellungsort als ehemaliger Bahnhof zwischen Berlin und Hamburg. Bradford zieht hier eine Parallele zwischen den Reisen, die der er in seinem Werk beschreibt, und der Geschichte des Hamburger Bahnhofs. Die Ausstellung zeigt zudem die hängende Skulptur „Spoiled Foot“, die Bradford als Teilnehmer an der Biennale in Venedig im Jahr 2017 für den US-Pavillon schuf. Die monumentale Arbeit aus Papierblättern, die eingeweicht, gebleicht und zerkratzt wurden, wodurch eine fragmentierte Oberfläche entsteht, die an ein eingesunkenes Dach oder ein verletztes Körperteil erinnert, hängt von der Decke und ragt in den Raum, so dass Besuchende sich bücken müssen, um daran vorbeizugehen.
Zwei Räume nimmt die Installation „Pinocchio Is On Fire“ von 2010/15 ein, in der Brandford die Themenbereiche HIV und Aids sowie die Rolle von Medien bei der Entstehung von Stereotypen anschneidet. In einem Tunnel mit Klängen hat er dazu 27 Vinylplatten und das sechsminütige Video „Spiderman“ angebracht. Die Installation thematisiert die Reaktion der Medien auf einen Vorfall um den R&B-Sänger Teddy Pendergrass, einem ersten männlichen Sexsymbol der Schwarzen in den USA, der bei einem Autounfall im Jahr 1982 mit einer Trans-Tänzerin entdeckt wurde. Sein öffentliches Image litt daraufhin, weil er nicht mehr dem konstruierten Bild männlicher Heterosexualität entsprach. Mit den geschwärzten Zeitungen symbolisiert Bradford die Tabuisierung durch die Medien, während er mit dem Song „Tell Me the Truth“ der US-Jazzsängerin Nancy Wilson die Sehnsucht nach Wahrheit unterstreicht. Die Vinylplatten mit von Bradford gestalteten Covern stehen für 27 Bekannte des Künstlers, die an Aids starben.
Die Ausstellung „Mark Bradford. Keep Walking“ ist bis zum 18. Mai 2025 zu sehen. Der Hamburger Bahnhof hat dienstags bis freitags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags zusätzlich bis 20 Uhr und am Wochenende von 11 und 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 14 Euro, ermäßigt 7 Euro. Der 152seitige Ausstellungskatalog kostet 12 Euro.
Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart
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