Trauer um Rebecca Horn | | Rebecca Horn ist mit 80 Jahren gestorben | |
Rebecca Horn ist tot. Die Documenta- und Biennale-Teilnehmerin starb am vergangenen Freitag im Alter von 80 Jahren in Bad König im heimatlichen Odenwald. Das gab das Lehmbruck Museum in Duisburg bekannt, das der Bildhauerin und Installationskünstlerin 2017 den Wilhelm-Lehmbruck-Preis verlieh. „Mit ihr verlieren wir die bedeutendste deutsche Künstlerin der Nachkriegszeit und eine der wichtigsten Bildhauerinnen der Gegenwart“, so Museumsdirektorin Söke Dinkla. „Mit Eigensinn und Phantasie hat sie die Sprache der Kunst neu erfunden. Ihre Maschinen verzaubern uns mit ihrem Witz, ihrer Melancholie und ihrer Schönheit.“
Horn beschäftigte sich in ihrem künstlerischen Tun, das Film, Skulptur, Performance und Installation umfasst, häufig mit der Animation von Objekten, die für die Betrachter zu gleichwertigen und teils unvorhersehbaren Akteuren wurden. Auch der hessische Ministerpräsident Boris Rhein würdigte Horns künstlerisches Lebenswerk als einzigartig, vielschichtig und visionär. „Rebecca Horns Tod hinterlässt eine große Lücke in der internationalen Kunstwelt“, teilte Rhein gestern mit. Horns unermüdliches Schaffen habe nicht nur die Kunstwelt bereichert, sondern auch die kulturelle Identität Hessens mitgeprägt.
Rebecca Horn wurde 1944 in Michelstadt im Odenwald geboren und studierte Kunst in Hamburg und London. 1972 nahm sie als jüngste Künstlerin an der Documenta in Kassel teil. Nach einem Aufenthalt in New York bis 1981 lebte sie überwiegend in Paris. Zeitgleich hatte sie von 1989 bis 2004 eine Professur an der Berliner Hochschule der Künste inne. Horn erlangte Berühmtheit durch ihre faszinierenden Kunstmaschinen, die alltägliche Objekte wie Koffer, Geigen oder Röhren auf geheimnisvolle Weise in Bewegung setzten. Eines ihrer bekanntesten Werke ist der „Schildkrötenseufzerbaum“, aus dessen Schalltrichtern klagende Laute in verschiedenen Sprachen erklingen.
In den letzten Jahren ihres Lebens wurden ihre Werke weltweit in Museen präsentiert, darunter in Basel, Tokio, Rio de Janeiro, Salzburg, Neu-Delhi und Moskau. Sie war auch zweimal auf der Biennale in Venedig und viermal auf der Documenta vertreten und nahm an den Skulptur Projekten in Münster teil. 1984 war Horn auf der bedeutenden Gruppenausstellung „Von hier aus – Zwei Monate neue deutsche Kunst in Düsseldorf“ zugegen. 1993 hatte sie als erste Frau eine Einzelausstellung im New Yorker Guggenheim Museum, die zugleich ihre erste Retrospektive war. Im Laufe ihrer Karriere gewann Horn mehrere Preise, so bereits 1975 den Deutschen Kritikerpreis für den Film „Berlin Exercises: Dreaming Under Water“. Ihre letzte Auszeichnung war 2019 das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Vor etwa zehn Jahren kehrte sie nach Deutschland zurück und widmete sich ihrer Stiftung, der Moontower Foundation, die sie als „Neuanfang“ betrachtete.
2014 wurde Horn anlässlich ihres 70. Geburtstags gefragt, ob sie Angst vor dem Altern oder dem Tod habe: Ihre Antwort: „Überhaupt nicht. Ich finde es schön, wenn man älter wird, sich eine Art Landkarte zeichnet, die das Leben schreibt. Und dieser gelebte Fluss trägt weiter. Als Künstlerin lebt man an einer kreisenden Peripherie und macht durch die eigene künstlerische Arbeit ein Geschenk. Auf diese Weise bleibt man mit den Menschen verbunden. Mir hat sehr meine Verbindung zum Buddhismus geholfen. Die Angst vor dem Tod ist wie ein Schleier. Man ist eingebunden in einen Prozess, der immer weitergeht.“ Noch bis Mitte Oktober ist im Münchner Haus der Kunst eine Retrospektive zu Rebecca Horns sechs Jahrzehnte währendem Schaffen zu sehen. |