Johannes Robert Schürch im Aargauer Kunsthaus | | Johannes Robert Schürch, Zwei Mädchen | |
Mit Johannes Robert Schürch widmet sich das Aargauer Kunsthaus seit dem Wochenende einem wenig bekannten Künstler der Moderne in der Schweiz. Gut 50 Jahre nach der letzten Retrospektive in Aarau konnten die beiden Kuratorinnen Simona Ciuccio und Nicole Rampa auf den reichen hauseigenen Bestand zurückgreifen, wurden aber auch in anderen Sammlungen fündig, so dass viele der rund 130 Exponate nun erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. In der Ausstellung „Alles sehen“ rücken sie Schürchs lavierte Tuschezeichnungen und expressive Aquarelle in den Mittelpunkt, auf denen der Aarauer Künstler die universellen und existentiellen Themen des Menschseins verarbeitet hat. Als Einzelgänger sympathisierte er mit den Menschen am Rand der Gesellschaft, mit Gauklern, Stadtstreichern oder Prostituierten, und drang in Wirtshäuser, Bordelle, die Welt des Zirkus oder urbane Peripherien vor. Einfühlsam und schonungslos beschäftigte er sich dabei mit Tod, Trauer, Verletzlichkeit und Unterdrückung, aber auch mit der Sehnsucht nach Zugehörigkeit, Frieden und Liebe.
Johannes Robert Schürch, 1895 in Aarau geboren und 1941 jung in Ascona verstorben, der die École des Beaux-Arts in Genf besuchte und Schüler seines Mentors Ferdinand Hodler wurde, gilt als ein herausragender Zeichner der Moderne. Vor allem zwischen 1922 und 1932, als der Autodidakt fern der Gesellschaft mit seiner Mutter in einem abgelegenen Waldhaus im Tessin in Armut lebte, schuf er obsessiv unzählige Blätter. Ungeachtet wenig äußeren Erfolgs war diese Zeit prägend für sein Werk. Damals löste er sich von seinen Vorbildern Hodler, Pablo Picasso und Paul Cézanne und gestaltete Zeichnungen, in denen er Gesehenes und Erlebtes mit seinen inneren Bildern, mit Ängsten und Visionen verband. So schrieb er 1924 seinem Künstlerfreund Walter Kern: „Meine jetzigen Zeichnungen sind sehr gut und übertreffen vielleicht alles, was ich schon gemacht habe, sie sind auf jeden Fall Eigengewächs. Es sind Blumen des Satans, aber ich ringe auf Tod und Leben um was? (um mich).“ Seinen Zeitgenossen blieben diese Arbeiten weitgehend unbekannt, da sie in ihrer Radikalität und Intensität nicht dem damaligen Zeitgeschmack entsprachen.
Die Ausstellung „Johannes Robert Schürch. Alles sehen“ läuft bis zum 12. Januar 2025. Das Aargauer Kunsthaus hat dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 17 Franken, ermäßigt 12 Franken; für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre ist er frei. Der Katalog aus dem Verlag Scheidegger & Spiess kostet 49 Euro.
Aargauer Kunsthaus
Aargauerplatz
CH-5000 Aarau
Telefon: +41 (0)62 – 835 23 30 |