Christie’s versteigert Burda-Porzellansammlung | | Johann Joachim Kändler, Liebespaar mit Vogelkäfig, um 1736/37 | |
Christie’s hält bis zum 25. September eine Online-Auktion zur Meißen-Sammlung des 2017 verstorbenen Verlegererben Franz Eugen Burda ab. Seit den 1960er Jahren sammelte Franz Burda junior, Jahrgang 1932, Figuren und Tabakdosen der Manufaktur. Die meisten der 160 Auktionsobjekte stammen aus dem 18. Jahrhundert und wurden von den zentralen Meißen-Modelleuren Johann Joachim Kändler, Friedrich Elias Meyer, Johann Friedrich Eberlein oder Peter Reinicke gestaltet; sieben Arbeiten werden dem 19. Jahrhundert oder späteren Epochen zugeordnet. Das teuerste Stück ist eine Tabakdose mit Gold- und Silbermontierung, besetzt mit Diamanten, die wohl Prinzessin Maria Josepha von Sachsen (1731-1767), der Tochter von Kurfürst Friedrich August II., gehörte. Die fein gemalten Ansichten zeigen königliche Paläste der sächsisch-polnischen Herrscherfamilie, etwa in Dresden, Moritzburg und Warschau. Die Tabatiere ist für 350.000 bis 500.000 Britische Pfund zu haben.
Die Idee für kleine Porzellanfiguren entwickelte sich aus Ziergegenständen, die einst aus Zucker gearbeitet wurden und im 18. Jahrhundert als Schaugerichte bei Tisch in Mode waren. Die Figuren sollten Informationen zu den Besitzern vermitteln, etwa ihren Bildungsgrad, militärische Fähigkeiten oder ihren Sinn für Humor. Die Werke aus der Burda-Sammlung versammeln etwa Charaktere der Commedia dell’Arte und Straßenverkäufer. Zu Letzteren gehört der „St. Petersburger Ausrufer“ oder „Russischer Bauer“, der in einfacher Kleidung ein Tablett mit Bechern auf dem Kopf trägt und um 1755 von Reinecke entworfen wurde (Taxe 3.000 bis 5.000 GBP). Meißen produzierte zwei Sets der Figurenfolge „Cris de Paris“ mit unterschiedlichen fliegenden Händlern. Aus der ersten Serie, an der um 1745 Reinecke und Kändler gemeinsam gearbeitet haben, stammt der junge Kartenverkäufer, der eine geöffnete Karte von Spanien und Portugal in seinen Händen hält (Taxe 1.800 bis 2.500 GBP). Zur zweiten, alleine von Reinicke verantworteten Serie gehört etwa die um 1755 geschaffene junge Frau mit einem königsblauen Kleid, rosafarbenem Mieder und einer mit Blumen dekorierten Schürze, die die kleinen süßen Backwaren in ihrem Korb verkaufen will (Taxe 1.000 bis 1.500 GBP).
Deutlich kostspieliger sind reich ausgestattete Liebespaare aus der zweiten Hälfte der 1730er Jahre mit Vogelkäfig oder Mops und schwarzem Diener. Die beiden Kändler-Modelle liegen je bei 40.000 bis 60.000 Pfund. Gestalten aus der Commedia dell’Arte wären etwa der tanzende und bunt gekleidete Harlekin mit einem Zwicker von 1740/46, der eben seinen Schabernack treibt (Taxe 20.000 bis 30.000 GBP), oder die günstigere Gruppe mit der jungen Columbine, die dem alten Pantalone eben den Kopf verdreht (Taxe 7.000 bis 10.000 GBP). Für 12.000 bis 18.000 Pfund mischen unter anderem die nun blau gewandete Columbine mit ihrem jugendlichen Liebhaber Scaramouche um 1745, die um 1741 von Kändler entwickelte Gruppe „Der genarrte Schwächling“ oder der markante Dresdner Hofnarr Joseph Fröhlich mit.
Bei den 37 Tabakdosen, die gerade im 18. Jahrhundert beliebt waren, handelt es sich meist um wertvolle Geschenke für verdienstvolle Untertanen oder andere Herrscherfamilien. Johann Georg Heintze bemalte eine Tabatiere um 1735 mit dem Hafen von Neapel und dort ankernden Schiffen (Taxe 7.000 bis 10.000 GBP). Ungewöhnlich ist die Zier auf einem Exemplar um 1750/60 mit militärischen Trophäen und einer Rocaillenkartusche mit dem Profilporträt eines lorbeerbekränzten Herrschers (Taxe 6.000 bis 8.000 GBP). Aus der Meißen-Offerte fällt eine Schweizer Schnupftabakdose mit Uhr und Musikwerk heraus. Den farbenfrohen stilisierten Schmetterling aus buntem Email über Goldgrund, der im Innern ein Uhrwerk von Piguet et Meylan offenbart, schuf Jean-George Rémond um 1815 in Genf für den chinesischen Markt (Taxe 50.000 bis 80.000 GBP). |