Leipzig lädt zum Lichtfest | | Atelier Markgraph: „Ode an die Demokratie“ für das Lichtfest Leipzig 2024 | |
Am 9. Oktober vor 35 Jahren demonstrierten in Leipzig weit über 70.000 Menschen für Freiheit und Demokratie. Dieses Ereignis gilt als Voraussetzung für den Fall der Mauer am 9. November und die deutsche Wiedervereinigung. Aus diesem Anlass initiiert die Stadt Leipzig am 9. Oktober 2024 auf dem Innenstadtring entlang der authentischen Demonstrationsroute zwischen 19 und 24 Uhr ein Lichtfest mit über zwanzig interaktiven Lichtinstallationen und Projektionen internationaler Künstlerinnen und Künstler. Auf dem dann für Autos gesperrten und in ein bis zwei Stunden abzuschreitenden Rundgang sind weitere Mappings, Musikaufführungen, Performances und ergänzende Attraktionen zu erleben.
Die Projekte nehmen Bezug auf die historischen Ereignisse. Unter dem Titel „Der erste macht das Licht an“ greift das Künstlerduo Tom Ritschel und Felix Ruffert die Energie des Protestes am Georgiring auf, indem sie die Lautstärke der vorbeiziehenden Lichtfestbesucher durch akustische Kameras in Energie und Farben umwandelt. Durch Rufen, Klatschen oder Singen können die Passanten die Projektion steuern und in eine Kunstcollage umsetzen. Der Niederländer Gijs van Bon fügt in seiner Lichtinstallation scheinbar in der Luft frei schwebende, bewegliche Punkte zu Buchstaben zusammen, die Worte bilden und so schnell verschwinden, wie sie gekommen sind. Der ebenfalls aus den Niederlanden stammende Künstler Philip Ross kreiert die originelle interaktive Installation „Barriere“ aus 19 hellen, vertikalen Lichtstrahlen, die sich auf den eisernen Vorhang beziehen. Die Lichtstrahlen reagieren auf Berührungen und können durch die Festbesucher „bewegt“ werden. Im Normalzustand signalisieren die Strahlen einen Vorhang, durch Wegschieben können so Öffnungen geschaffen werden. Sobald sich der Besucher wieder zurückzieht, schließt sich der Vorhang.
Das französische Kollektiv Fils de Créa von Marion Chauvin und Adrien Bertrand konzipiert eigens für das Fest die Licht- und Klanginstallation „Passage“. Rund 500 recycelte Lampen und Leuchten bieten eine Vielfalt von Farben, Formen und Typen. Sie bestücken einen Durchgang von vier Metern Höhe, der als Symbol für Grenzen und deren Öffnung zu verstehen ist. Ein Mix aus Archivklängen vom 9. Oktober 1989, Soundeffekten und Musik vervollständigt das Werk. Für das Leipziger Lichtfest wird die 2023 anlässlich des 175. Jahrestages der Paulskirchenverfassung in Frankfurt präsentierte multimediale Lichtinszenierung „Ode an die Demokratie“ nach einem Konzept des Ateliers Markgraph adaptiert. Dabei werden vom Künstlerinnenduo Zorn x Jasna Fritzi Bauer ausgewählte und von Bürgern verfasste Texte an die Fassade der Evangelisch-reformierten Kirche projiziert und durch visuelle Effekte samt Tönen ergänzt. Auf diese Weise sollen demokratische Grundgedanken zu einem emotionalen Erlebnis und zum Nachdenken einladen.
Hinzu treten zahlreiche weitere Veranstaltungen in den Museen. Im Paulinum, der Aula und Universitätskirche St. Pauli, eröffnet Altbundespräsident Joachim Gauck eine Ausstellung mit den Wettbewerbsergebnissen für das neue Freiheits- und Einheitsdenkmal, das demnächst in Leipzig errichtet werden soll. Das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig präsentiert bei freiem Eintritt bis 19 Uhr seine Dauerausstellung zur Geschichte der DDR. Besonders sehenswert ist das Gelände der ehemaligen Stasi-Zentrale mit der Gedenkstätte „Museum in der Runden Ecke“. An diesem neuralgischen Punkt bestand während der Montagsdemonstrationen die Gefahr einer gewaltsamen Eskalation. Eine Lichtinstallation am Treppenturm erinnert an den friedlichen Sturz der SED-Diktatur. Das Museum hat an diesem Abend bis 23 Uhr geöffnet. |