Bauernkrieg: Bunte Lanzen an einem düsteren Schlachtort | | Raimund Schucht, Lanzenfeld, 2024 | |
Zwischen sanft abfallenden Hügeln erhebt sich auf einer friedlich anmutenden Weide bei Wolfertschwenden im Allgäu aus dem sattgrünen Gras eine Formation mit 75 über vier Meter langen Lanzen aus farbig leuchtendem Kunststoff. „Lanzenfeld“ lautet der Titel der Installation von Raimund Schucht. Der 1981 in Siegen geborene und heute in Berlin lebende Szenograf, Bühnenbildner und Architekt rückt damit die vor 500 Jahren genau an dieser Stelle stattgefundenen tragischen Ereignisse in die Jetztzeit. Seinerzeit ging es jedoch mitnichten so friedlich zu. Im Allgäu gab es Aufruhr: Bauern und kleine Leute rebellierten gegen die geistliche und weltliche Obrigkeit. Ständig steigende Abgaben, Pflichtdienste und die Leibeigenschaft beförderten den Aufstand. Doch die Obrigkeit schlug zurück: Georg Truchseß von Waldburg, auch als „Bauernjörg“ bekannt, versammelte hier im Juli 1525 über 3.000 Fußsoldaten und 1.500 Reiter, um gegen den sogenannten „Allgäuer Haufen“ mit 3.000 bewaffneten Bauern in eine Entscheidungsschlacht zu treten. Letztgenannte waren uneins und letztendlich zur Flucht gezwungen.
Die künstlerische Intervention visualisiert einprägsam und emotional den Konflikt mittels einer bedrohlich anmutenden Formation abstrakter Lanzen aus Plastik. Wie Spieße ragen die Lanzen der zu Fuß kämpfenden Landsknechte vertikal in den Himmel. Horizontal scheinen jene der berittenen Soldaten entgegenzufliegen. Die trägen, im Grunde unhandlichen Kampfinstrumente dokumentieren mit ihren sanften Biegungen zugleich Fragilität und Zerbrechlichkeit, aber auch die für eine Kriegsstrategie nötige Flexibilität und Kreativität im Kampfgeschehen. Die leuchtende Vielfalt der hell strahlenden Farben verweist zugleich auf das zuweilen chaotische Schlachtengewimmel. Viele werden sich wohl an die Legende von David gegen Goliath erinnert fühlen. Was kann ein Mensch gegen einen fest zueinander stehenden Block der Macht ausrichten?
Die Intervention ist eines von drei Kunstprojekten, die die damaligen Ereignisse aus dem Bauernkrieg an historischen Orten reflektieren. Nach dem Start in Wolfertschwenden wird die Serie im März 2025 im Kloster Buxheim mit einer Arbeit der Künstlerin Vanessa Hafenbrädl fortgesetzt. In der Abtei Ottobeuren stellt Lukas Rehm ab April 2025, genau 500 Jahre nach dem Angriff der aufständischen Bauern auf das Kloster, sein multimediales Kunstprojekt vor. Ab Oktober kommenden Jahres werden alle drei Arbeiten in einer Ausstellung des Stadtmuseums Memmingen dokumentarisch zusammenfließen und präsentiert. |