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Criss Cross zwischen der Kunsthalle Recklinghausen und dem Ausstellungsraum Tick Tack in Antwerpen

A Gerhard Richter in a box



Ein Tausch der ungewöhnlichen Art. Was passiert, wenn sich ein projektorientierter, nichtkommerzieller Ausstellungsraum aus Antwerpen mit einem etablierten deutschen Museum im nördlichen Ruhrgebiet zu einer institutionellen Begegnung zusammentut? Die Resultate dieser Rochade zwischen dem von Tijs Lammar und Mathias Swings geleiteten Antwerpener Ausstellungsraum Tick Tack und der Kunsthalle Recklinghausen sind zur Zeit in einer parallel in beiden Häusern stattfindenden Doppelschau zu besichtigen. „Rokade“ lautet auch der offizielle, flämische Titel des Gesamtprojekts, das sich in die beiden Teilausstellungen „Storage Space – The collection of Kunsthalle Recklinghausen in Antwerp“ und „Street Space Banger“ in Recklinghausen aufteilt. Tick Tack feiert mit dem Projekt zugleich auch sein fünfjähriges Bestehen.


„Es gibt viele Gemeinsamkeiten in unserer Vision“, sagt Tijs Lammar von Tick Tack, der den Direktor der Kunsthalle Recklinghausen, Nico Anklam, über die Vermittlung einer Düsseldorfer Künstlerin kennengelernt hat. Nicht nur die Vision vom Ausstellungsmachen, sondern auch die architektonischen Gegebenheiten der beiden Kunstorte weisen gewisse Parallelen auf. Der 2019 gegründete Ausstellungsraum Tick Tack befindet sich im ältesten brutalistischen Gebäude Belgiens. Der gegenüber einer stark frequentierten Straßenbahnhaltestelle im Stadtteil Berchem gelegene Bau wurde 1955 von dem Architekten Léon Stynen, einem Schüler von Le Corbusier, als Apartmenthaus mit Ladenlokalen im Erdgeschoss errichtet. Das unter Denkmalschutz stehende Haus mit dem Namen „De Zonnewijzer“, die „Sonnenuhr“, bietet Tick Tack seit fünf Jahren Platz auf rund 100 Quadratmetern, die sich auf drei Etagen verteilen, für die Bespielung mit künstlerischen Projekten, ortsspezifischen Arbeiten und experimentellen Ausstellungsformaten. Die sechs Meter hohen Schaufenster werden nach Sonnenuntergang unter dem Label „Cinema Tic Tack“ regelmäßig als Projektionsfläche für Videoarbeiten genutzt.

Platz für Kunst auf drei Etagen mit insgesamt 1.000 Quadratmetern bietet die Kunsthalle Recklinghausen, die 1950 in einem ehemaligen Hochbunker eröffnet wurde. Ähnlich wie Tick Tack befindet sich das Museum an einem zentralen Punkt des öffentlichen Verkehrs, nämlich schräg gegenüber des Hauptbahnhofs von Recklinghausen. Wer in diesen Tagen das Foyer der Kunsthalle Recklinghausen betritt, wird sich verwundert die Augen reiben. Denn direkt im Entree hat der in Antwerpen lebende deutsche Künstler Christoph Blawert seinen „Tick Tack Fancy Museum Shop with Friends“ eingerichtet. In dieser Gesamtinstallation der etwas anderen Art stoßen die Besucher*innen auf ein wunderkammerartiges Allover mit kleinen Nippes-Gegenständen, vom Künstler in altertümlicher Schönschrift beschriebenen Zettelchen, einen Ständer mit Originalpostern, vor allem aber auf eingeschmuggelte Editionen und Kunstwerke, die käuflich zu erwerben sind – für den, der sie in dem visuell überbordenden Kosmos entdeckt. Wem jedoch eine Originalarbeit zu teuer ist, der stimmt sich vielleicht mit einem Gläschen Deinhard-Sekt, einem Becher Kaffee und der auf dem Tresen ausliegenden aktuellen Tagespresse auf den Ausstellungsrundgang ein. Bequeme Sitzgelegenheiten in Form von Ledersofas stehen bereit.

„In der Kunsthalle Recklinghausen geben wir einen Überblick über die Künstler*innen, mit denen wir über die letzten fünf Jahre gearbeitet haben“, erläutert Tijs Lammar. „Außerdem zeigen wir einige Positionen, mit denen wir Pläne für zukünftige Projekte haben.“ Die Ausstellung mit dem Titel „Street Space Banger“ versammelt Werke von mehr als 80 Künstler*innen aus 20 Ländern. Mit dabei sind etablierte Namen wie Michael Sailstorfer, Thomas Scheibitz, Koen van den Broek, Jon Rafman oder Marilyn Minter. Daneben machen aber auch unbekanntere Newcomer aus Belgien, London oder Berlin auf sich aufmerksam. Ob teils monumentale Gemälde, Skulpturen, Videoscreens, Rauminstallationen oder Soundarbeiten: Die Schau deckt ein breites Spektrum aktueller künstlerischer Diskurse ab. Dieses reicht von Form- und Farbexperimenten über Urbanismuskritik, konsum- und medienkritische Arbeiten, Repräsentationen des Privaten und feministische Positionen bis hin zu expliziten künstlerischen Kommentaren zur MeToo-Debatte und der gesellschaftlichen Ausgrenzung von Queer Culture. „Wir arbeiten mit vielen Berliner Künstler*innen zusammen“, erläutert Tijs Lammar. „Mit der Zeit hat sich daraus ein organisches Netzwerk entwickelt. In den letzten Jahren haben wir uns zunehmend aber auch in London und Paris in den Ateliers umgeschaut. Alles Orte, die wir gut mit dem Auto erreichen können.“

Ortswechsel. Im Erdgeschoss des Ausstellungsraums Tick Tack sind teils geöffnete, teils verschlossene Transportkisten aufgestellt, in denen sich ausgewählte Kunstwerke aus der insgesamt rund 5.000 Arbeiten umfassenden Sammlung der Kunsthalle Recklinghausen befinden. Ein Grundprinzip ist hier die Rotation. Jede Woche zeigt das Team von Tick Tack auf der Empore eine neue Ausstellungspräsentation aus der temporär und partiell nach Antwerpen transferierten Museumssammlung. Die spezifische Zusammensetzung der Sammlung der Kunsthalle Recklinghausen verdankt sich einem Preis. Bereits im Jahr 1948 wurde in der jungen Bundesrepublik in Recklinghausen der Kunstpreis „junger westen“ ins Leben gerufen, der seit 1956 bis heute alle zwei Jahre an Nachwuchskünstler in wechselnden Kategorien verliehen wird. Im Jahr 1967 erhielt der damals 35jährige Gerhard Richter diesen Preis. Das ist auch der Grund, weshalb sich das Richter-Gemälde „Küchenstuhl“ in der Sammlung der Kunsthalle Recklinghausen befindet. Jetzt steht die grautonige Darstellung eines einfachen Küchenstuhles in der typischen Manier des frühen Gerhard Richter in ihrer aufwändig gepolsterten Transportbox bei Tick Tack, flankiert von Gemälden von Wolf Vostell, Josef Albers, einer Arbeit Alicja Kwades oder einer analogen Farbfotografie von Barbara Kasten aus Chicago.

Im abgedunkelten Basement wiederum treffen während der Laufzeit der Schau zwei kinetische Lichtskulpturen der ZERO-Künstler Otto Piene und Heinz Mack wohl erstmals in dieser Konstellation aufeinander. „You need more than Gerhard Richter hanging on your wall“, heißt es im Songtext von „Love etc.“ bei den Pet Shop Boys. Auf Tick Tack umgemünzt, könnte man allerdings sagen: „You got much more than a Gerhard Richter sitting in a box.“ Auf der Empore im ersten Stock von Tick Tack geht es dann im Wochenrhythmus in eher klassischen Hängungen mit Gegenüberstellungen von Werken aus der Sammlung und kuratorisch präzise gesetzten Blickachsen weiter. Da treffen dann etwa Fotografien von zum Erwerb angebotenen Weltkriegsgranaten, die der konzeptuell arbeitende Hamburger Fotokünstler Peter Piller auf Verkaufsplattformen im Internet gefunden hat, auf den 1950 gemalten „Fördermaschinisten“ des ehemaligen Museumsdirektors der Kunsthalle Recklinghausen, Thomas Grochowiak, der ebenfalls künstlerisch tätig war. Und auf dem Boden erinnert Isabella Fürnkäs’ Arbeit „Remote Control“ von 2023 aus glasierter Keramik an frühkindliche Aneignungen technischer Geräte aus der Erwachsenenwelt in Knettechnik.

Was macht die Einzigartigkeit des Ausstellungsortes Tick Tack aus? „Wir füllen hier in Antwerpen eine Lücke“, sagt Tijs Lammar. „Wir machen das, was an anderen Kunstorten nicht passiert. Ein wichtiger Faktor ist dabei die Zeit, die wir den Künstler*innen geben, um hier bei Tick Tack etwas wirklich Aussagekräftiges und Starkes zu schaffen. Diese Freiheit geben wir den Künstler*innen, die hier museumsähnliche Bedingungen vorfinden ohne die Einschränkungen eines Museumsbetriebs.“ Das kann man sich jedoch nur leisten, wenn man finanziell einigermaßen unabhängig ist. Tick Tack wird je zur Hälfte privat und mit öffentlichen Mitteln unterstützt. Dadurch können Lammar und Swings im Kunstbetrieb zu so etwas wie einem „Ermöglicher“ werden. Alle Projekte – darauf legen die Betreiber großen Wert – werden in enger Kooperation mit den Künstler*innen entwickelt. „Wir sind ein dynamischer Ort“, so Tijs Lammar. „Wir denken über den Tellerrand hinaus. So fungieren wir als temporäre Erweiterung des Ateliers. Häufig ermöglichen wir den Künstler*innen somit den nächsten Schritt in eine neue Werkphase. Wir können anders agieren als kommerzielle Galerien, die den Restriktionen durch den Kunstmarkt unterliegen. Wir ermöglichen eine motivierende und erfrischende Herangehensweise.“

Beide Häuser können mit der überaus gelungenen Rochade zufrieden sein. Beide haben im Rahmen dieses Projekts voneinander gelernt. Sie haben ihre Sichtbarkeit über die Landesgrenzen hinweg erhöht und sich hoffentlich neue Publikumsschichten erschlossen. Die Sammlung der Kunsthalle Recklinghausen ist während dieses Tauschprojekts zum allerersten Mal als kuratierte Ausstellung außerhalb Deutschlands gezeigt worden. Und Tick Tack hat endlich einmal auf einer großen Ausstellungsfläche zeigen können, über welche Bestände, Beziehungen und kuratorische Fähigkeiten man bereits nach fünfjähriger Tätigkeit verfügen und was zukünftig zu erwarten ist. Was will man mehr? Am 10. November findet die große Finissage der beiden Ausstellungen in Recklinghausen und Antwerpen statt. Im Anschluss daran werden die Restauratoren aus Deutschland das Gerhard Richter-Gemälde und die anderen Kunstwerke aus der Sammlung sorgfältig für den Rücktransport vorbereiten. Von Antwerpen aus wird am Tag der Finissage ein Shuttlebus Richtung Recklinghausen aufbrechen, um – ähnlich wie bei der Vernissage – ein weithin hörbares Abschlussfest mit einigen Überraschungen zu veranstalten.

„Für uns ist dieser institutionelle Austausch ein wichtiger Schritt“, erläutert Tijs Lammar. Angesichts einer gerade noch einmal bestätigten rechts-konservativen Regierung in Antwerpen, die unabhängige Kunstorte und freie Projekte nicht gerade wohlwollend beäugt, ist es wichtig, dass so dynamische Plattformen wie Tick Tack sich behaupten können. Jetzt und in der Zukunft.

Die Ausstellungen „Storage Space – The collection of Kunsthalle Recklinghausen in Antwerp“ und „Street Space Banger“ sind noch bis zum 10. November zu sehen. Tick Tack hat mittwochs bis sonntags von 13 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung geöffnet, die Kunsthalle Recklinghausen dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr. Der Katalog ist in Vorbereitung und erscheint im November zum Preis 15 Euro.

Tick Tack
Mechelse Steenweg 247
BE-2018 Antwerpen
Telefon: +32 (0)499 – 107 957

Kontakt:

Kunsthalle Recklinghausen

Große-Perdekamp-Straße 25/27

DE-45657 Recklinghausen

Telefon:+49 (02361) 50 19 35

Telefax:+49 (02361) 50 19 32

E-Mail: info@kunst-re.de

Startseite: www.kunsthalle-recklinghausen.de



06.11.2024

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Nicole Büsing & Heiko Klaas

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