Meeresbilder von Ehrhardt und Stegemeyer in Köln | | Elfriede Stegemeyer, fotomontage, 1933/34 | |
Unter dem Titel „Sehstücke“ widmet das Kölner Museum Ludwig dem Fotografen Alfred Ehrhardt und seiner Kollegin Elfriede Stegemeyer eine Doppelschau. Ausgangspunkt sind neu erworbene Arbeiten von Alfred Ehrhardt, die motivisch und inhaltlich überraschende Parallelen zu Werken von Elfriede Stegemeyer aufweisen. Wenngleich sich die beiden zeitlebens nie begegneten, verband sie eine gemeinsame künstlerische Auffassung des jungen Mediums der Fotografie. Sowohl Elfriede Stegemeyer als auch Alfred Ehrhardt ersetzten das klassische Seestück, die maritime Darstellung der Küste und des Weitblicks über das Wasser, durch die Seherfahrung natürlicher Strukturen. Sie wandten sich in ihren Bildern der Natur zu und vom Menschen ab und wählten mit ihrer Kamera Ausschnitte, die die Natur abstrahieren, womit sie zur deutschen fotografischen Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts zählten, obgleich sie erst in jüngerer Vergangenheit zu einiger Bekanntheit gelangten.
Alfred Ehrhardt studierte 1928/29 am Dessauer Bauhaus Malerei, wo unter anderem Paul Klee und Wassily Kandinsky zu seinen Lehren zählten. 1933 wurde er wegen seiner modernistischen Kunstauffassung von den Nationalsozialisten aus dem Schuldienst an der Hamburger Landeskunstschule entlassen. Mit seiner Kamera hielt er bevorzugt Strukturen und abstrakte Formen in der Natur fest. 1967 fasste er seine künstlerische Praxis einmal so zusammen: „Es kam mir darauf an, bereits im Ausschnitt das organisch Ganze zu zeigen, was nur möglich ist, wenn man die Statik einer Erscheinungsform in der Wahl des Ausschnitts überwindet und das dynamische Element des Objekts so im Licht und im Winkel fasst, dass trotz des Ausschnitts das Ganze lebendig wird.“ Ehrhardt arbeitete nicht nur im Freien, sondern auch im Atelier, wo er vor allem Vergrößerungen von Muschelschalen aufnahm. Beispiele dieser Stücke, wie „Argonauta gondola“ und „Xenophora solaris“ von 1940/41 sind nun in Köln zu sehen.
Elfriede Stegemeyer hatte zunächst in anderen Medien künstlerisch gearbeitet, bevor sie 1932 zur Kamera griff. Sie stand in engem Kontakt zur Gruppe der Kölner Progressiven und der Dadaisten und nutzte Fotografien, die sie auf Sylt, Ibiza und Sizilien angefertigt hatte, für Collagen oder übermalte sie mit dem Pinsel. „Ich stehe zu sehr hinter meiner Arbeit“, schrieb sie um 1981 an den Kunsthistoriker Uli Bohnen, „als dass ich sie etikettieren könnte, aber wenn ich darüber nachgrübele, würde ich sie bei ‚naturlieb‘, einordnen, weil ich alles Lebendige in Gefahr sehe.“ Zeitlebens sträubte sie sich gegen allzu feste Setzungen im Kunstbetrieb sowie gegen eine Vereinnahmung ihrer Kunst für eine spezielle Gattung. „Ich meine, man sollte alle Doktrinen vermeiden, sie hemmen den natürlichen Fluss“, erklärte Stegemeyer. Ein Großteil ihres Œuvres wurde 1943 bei einem Bombenangriff zerstört, weshalb die in Köln gezeigten Arbeiten „fotomontage“ von 1933/34 und ihr in den Sand gezeichneter Porträtkopf von 1936 seltene Hauptwerke ihres Schaffens sind.
Die Ausstellung „Sehstücke. Alfred Ehrhardt und Elfriede Stegemeyer“ läuft bis zum 21. April 2025. Das Museum Ludwig hat dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 22 Uhr geöffnet. An Heiligabend, 1. Weihnachtstag, Silvester und Neujahr bleibt das Haus geschlossen Der Eintritt kostet 13 Euro, ermäßigt 8,50 Euro. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre sind frei.
Museum Ludwig
Heinrich Böll Platz
D-50667 Köln
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