Ein Kandinsky zurück in Essen | | Wassily Kandinsky, Milde Tiefen, 1928 | |
Das Museum Folkwang in Essen kann sich über die Rückkehr einer verlorenen geglaubten Grafik von Wassily Kandinsky freuen. Das Aquarell mit dem Titel „Milde Tiefen“ ist 1937 von den nationalsozialistischen Machthabern als „entartet“ beschlagnahmt und dann veräußert worden. Ermöglicht wurde der Rückkauf nun durch den Museumsverein mit Nachlassmitteln des Essener Sammlerpaars Griese. Nach über 85 Jahren ist Kandinskys „Milde Tiefen“ aus dem Jahr 1928 somit wieder in der Grafischen Sammlung des Museums beheimatet. Die Arbeit ist ein wichtiges Beispiel aus der konstruktivistischen Phase Kandinskys am Dessauer Bauhaus, wurde kurze Zeit nach dessen Entstehung von Ernst Gosebruch, dem damaligen Direktor des Museums Folkwang, erworben und bereits 1929 in der Ausstellung „Aquarelle zeitgenössischer deutscher Künstler“ in Essen präsentiert. Der Ankauf zeugt von der Ausrichtung der Sammlung auf die damalige künstlerische Avantgarde. Zugleich knüpfte Gosebruch an die Sammeltätigkeit des Museumsgründers Karl Ernst Osthaus an, der bereits um 1913, und damit überaus früh, ein Gemälde Kandinskys erworben hatte.
Aus Privatbesitz gelangten die „Milden Tiefen“ nun nach Jahrzehnten wieder in den Handel. Diese Chance wollte sich das Museum auf keinen Fall entgehen lassen. Ermöglicht wurde der Rückkauf durch Mittel, die das Essener Sammlerpaar Walter und Lieselotte Griese dem Folkwang-Museumsverein hinterließ. Mit diesen Mitteln konnten seit 2017 bedeutende Werke des Expressionismus und Nachexpressionismus unter anderem von Max Beckmann, Kate Diehn-Bitt, Erich Heckel, Hermann Max Pechstein und zuletzt Gabriele Münter für das Museum Folkwang erworben werden. In den heutigen Bestand an Arbeiten Kandinskys im Museum Folkwang fügt sich das Aquarell „Milde Tiefen“ bestens ein und bildet ein stilistisches Bindeglied zwischen der expressionistischen „Landschaft mit Kirche“ von 1913 und dem konstruktivistischen Gemälde „Mächtiges Rot“ aus dem Jahr 1928. Nach der Erwerbung des ebenfalls 1937 aus den Beständen des Museums beschlagnahmten Aquarells „Stehendes Mädchen, das Gesicht mit beiden Händen bedeckend“ von Egon Schiele im Jahr 2023 gelingt dem Museum Folkwang und dem Folkwang-Museumsverein damit eine zweite Rückführung in kurzer Folge. |