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Marktberichte |
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Die glänzende Goldschmiedekunst aus der Sammlung Zilkha war bei Christie’s in New York nur teilweise gesucht. Dafür gab es überraschend hohe Preise für Möbel und Skulpturen  In luftigen Wolkenhöhen

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 |  | Südwestdeutschland, Becher, um 1347/49 | |
Der Auftakt war fulminant. In der Auktion „Global Treasury: The Collection of Selim and Mary Zilkha“ war ein mittelalterlicher Becher aus dem sogenannten „Silberschatz von Lingenfeld“ zu haben. Auslöser dieses wertvollen Funds dürfte ein Judenpogrom im Zuge der Pestepidemie zur Mitte des 14. Jahrhunderts gewesen sein. Noch vor Ausbruch der Seuche wurde 1349 in Speyer die jüdische Bevölkerung verfolgt. Einigen von ihnen gelang die Flucht ins kurpfälzische Germersheim, das den Juden als sicherer Ort galt. Offenbar muss einer der Verfolgten, wohl ein Geldwechsler, auf dem Weg dorthin seine Habe bei Lingenfeld vergraben und später nicht wieder ausgebuddelt haben. 1969 entdeckten dann Bauern die silbernen Gefäße, Schmuckstücke und Münzen an der alten Straße von Speyer nach Germersheim, teilten das aus Sorge, keinen Finderlohn zu erhalten, den Behörden nicht mit und verkauften die Objekte an den Kunsthandel und Privatleute. So kam auch Selim Zilkha über die Londoner Kunsthandlung S.J. Phillips an den schlichten zehneckigen Becher mit zwei goldenen Bandauflagen, der bei Christie’s nun von 30.000 US-Dollar auf 110.000 US-Dollar schoss.
Doch nicht alles, was Selim Zilkha, 1927 in Bagdad geborener Spross einer jüdisch-irakischen Bankiersfamilie und erfolgreicher britischer Unternehmer, in seiner Begeisterung für europäische Goldschmiedekunst, gehoben Wohnluxus und Kunstkammerobjekte zusammengetragen hatte, traf bei Christie’s in New York auf den passenden Geschmack des Publikums. Vor allem einige hochpreisige Silberwaren blieben liegen oder mussten kräftige Abschläge verkraften, so das Hauptstück der Versteigerung, die sogenannte „Nero und Augustus Aldobrandini-Tazza“. Gefertigt zwischen 1587 und 1599 wohl in den Niederlanden, gehörte sie zu einem Satz von zwölf vergoldeten Fußschalen, die 1638 in der Sammlung des Kardinals Ippolito Aldobrandini verzeichnet sind. Doch bei einer Schätzung von 2 bis 3 Millionen US-Dollar für das mit Szenen aus dem Leben des Kaisers Augustus und einer abnehmbaren Figur des Kaisers Nero verzierte Tafelgerät fand sich am 6. Februar in New York kein Abnehmer. Genauso erging es zwei Wasserkrügen in Helmform und zwei Vorlagetellern, die Herzog Georg Ludwig von Braunschweig-Lüneburg, der spätere britische König George I., um 1700 bei seinen kurfürstlichen Hofgoldschmied Conrad Hölling in Auftrag gegeben hatte. Hier standen 800.000 bis 1,2 Millionen Dollar auf dem Preisschild.
Für eines der ausgefallensten Stücke der Zilkha-Sammlung war der Augsburger Meister Michael Frömmer zuständig. 1616 schuf er einen Satz von 52 Spielkarten aus Silber, die er mit den vier italienischen Farben „Schwert“, „Zepter“, „Kelch“ und „Münze“ gravierte und zudem jeweils um einen König, einen Ritter und einen Knappen erweiterte. Gespielt wurde mit diesen Karten nicht; sie waren vielmehr Vorzeigeobjekte in den Kunstkammern des Adels. Statt 500.000 bis 800.000 Dollar kamen hier nur 450.000 Dollar zusammen. Noch deutlicher fiel Abschlag bei dem genauso hoch taxierten Deckelpokal aus, den Frömmers Augsburger Kollege Andreas Wickert I 1651/54 als einen Straußenvogel gestaltet hatte. Hier schlug ein Sammler schon bei 380.000 Dollar zu. Mit diesem Betrag musste sich dann noch der Nautliuspokal zufriedengeben, den der Nürnberger Meister Hans Clauß I 1641/43 aufwändig ausgeformt hat: Auf dem Deckel steht der Gott Neptun und wehrt mit seinem Dreizack einen Löwen ab; entfernt man den Deckel, kämpft der Löwen gegen einen Drachen (Taxe 700.000 bis 1 Million USD).
Bei einer losbezogen Zuschlagsquote von 81,5 Prozent gab es beim Silber aber auch manche erfreuliche Wertsteigerung. Sie entlief etwa auf einen schlichten Abendmahlsbecher, ein seltenes Zeugnis aus der kurzen Regierungszeit des englischen Königs Edward IV. Der Kelch, der im Zuge der Reformation keinerlei christliche Symbole mehr aufweist und wohl von Robert Danbe gemarkt ist, kletterte von 20.000 Dollar auf 82.000 Dollar. Auch ein Kokosnusspokal aus Donauwörth um 1600 in Gestalt einer Eule langte bei 200.000 Dollar kräftig zu (Taxe 100.000 bis 150.000 USD), eine kunstvoll mit einer Blüte ausgelegte Silberschale bei 140.000 Dollar, die wohl in England zur Mitte des 17. Jahrhunderts aus indischem Perlmutt zusammengebaut wurde (Taxe 70.000 bis 100.000 USD), und auf niedrigem Niveau zwei elisabethanische Becher bei 42.000 Dollar, auf die eventuell Isaac Sutton um 1580 in London mit zwei Wappen samt Drachen obenauf graviert hatte (Taxe 15.000 bis 25.000 USD), oder eine Fußschale um 1735 mit 27.000 Dollar, die nach Augsburg weist und mit dem Emailbild der mythologischen Verwandlungsszene der Klytia nach Bernard Picart ausgestattet wurde (Taxe 10.000 bis 15.000 USD).
Überraschend stark war die Nachfrage nach exquisiten französischen und englischen Möbeln des 18. Jahrhunderts. Preise über der Marke von 100.000 US-Dollar ließen vergangene Hochzeiten wieder aufleben. So platzierte sich ein schwarz grundierter Sekretär à abattant, den wohl Philippe-Claude Montigny um 1775 mit japanischen Lackpaneele der Namban-Kunst samt Perlmutt-Einlagen konstruiert hatte, bei 300.000 Dollar (Taxe 200.000 bis 400.000 USD), ebenso die einige Jahre ältere, Joseph Baumhauer zugeschriebene Kommode mit ebenfalls aus Japan stammenden goldenen Lacktafeln (Taxe 400.000 bis 600.000 USD). Ein Rokoko-Bureau plat aus Rosenholz und Palisander mit vergoldeter Rocaillezier von Pierre Migeon IV um 1740 erreichte taxkonforme 18.000 Dollar, ein dann schon klassizistisch strenger Schreibtisch von René Dubois, gefertigt in der Mitte der 1770er Jahre aus dem südamerikanischen Tropenholz Gonçalo alves, freute sich über 14.000 Dollar (Taxe 8.000 bis 12.000 USD).
Das chinesische Exportporzellan aus der Sammlung Zilkha in Blau-Weiß-Dekor wurde bis auf wenige Ausnahmen komplett übernommen. An der Spitze positionierte sich bei 52.000 Dollar eine balusterförmige Flasche mit Kranichen in vier kreisförmigen Reserven der späten Ming-Dynastie mit etwa zeitgleicher englischer Montierung aus dem frühen 17. Jahrhundert (Taxe 30.000 bis 50.000 USD). Etwas mehr Lücken wies das ebenfalls zahlreich vorhandene süddeutsche Goldrubinglas aus dem 17. Jahrhundert auf. Teuerstes Objekt war hier eine kannelierte rote Flasche in Tropfenform mit 30.000 Dollar, bei der der Augsburger Goldschmied Johann Ludwig Biller I die Montierung am Fuß und am Hals besorgt hatte (Taxe 10.000 bis 15.000 USD).
Auch an Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen erfreuten sich Selim und Mary Zilkha, unter anderem an einem Set von sechs unterschiedlich großen Wandpaneelen, das möglicherweise der französische Rokokokünstler Dominique Joseph Vanderburch im typischen Zeitgeschmack mit einer fantasievollen fernöstlichen Landschaft in Purpur-Camaieu bemalt und dessen Preis sich nun auf 60.000 Dollar verdreifacht hat. Es folgten Hubert Robert mit seiner Rötelzeichnung von mehreren Bettlern außerhalb einer prachtvollen Barockkulisse bei 40.000 Dollar und Jacob Bogdáni mit seinem typischen Stillleben eines Hahns, mehrerer Hühner samt Küken, eines Spechts und anderer Vögel in einer Landschaft für 28.000 Dollar (Taxe je 8.000 bis 12.000 USD). Gewinnbringend waren zudem die 220.000 Dollar für Joseph Chinards Marmorskulptur eines weißen Stiers, mit dem wohl der Gottvater Zeus gemeint ist (Taxe 100.000 bis 150.000 USD). Auch das Toplos der Versteigerung entführte in Götterwelten: Giuseppe Piamontini schlug einen kraftvollen Jupiter nun als menschliche Figur aus einen Marmorblock, dazu um 1724/29 noch seine Gemahlin Juno, die beide auf Wolken thronen und mit ihren Attributen Adler und Pfau gekennzeichnet sind. Unerwartet hohe 850.000 Dollar nahm der der Florentiner Barockbildhauer dafür ein (Taxe 200.000 bis 300.000 USD).
Dier Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. |  | Kontakt: Christie’s Rockefeller Center 20 Rockefeller Plaza US-NY 10020 New York |
 | Telefon:+1 (212) 6362000 | Telefax:+1 (212) 6362399 |  |  | E-Mail: info@christies.com |  | Startseite: www.christies.com |
10.04.2025 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching |  |
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 Robert Danbe, wohl
Abendmahlskelch,
London 1552 |  | Taxe: 20.000 - 30.000 USD Zuschlag: 82.000,- USD Losnummer: 5 |  |  |  |  |  | 
 England,
Silberschale mit
Perlmutteinlagen,
wohl in Mitte des 17.
Jahrhunderts oder
später |  | Taxe: 70.000 - 100.000 USD Zuschlag: 140.000,- USD Losnummer: 32 |  |  |  |  |  | 
 Donauwörth,
Kokosnusspokal in
Form einer Eule, um
1600 |  | Taxe: 100.000 - 150.000 USD Zuschlag: 200.000,- USD Losnummer: 17 |  |  |  |  |  | 
 Giuseppe
Piamontini, Jupiter
und Juno, um 1724/29 |  | Taxe: 200.000 - 300.000 USD Zuschlag: 850.000,- USD Losnummer: 59 |  |  |  |  |  | 
 Dominique Joseph
Vanderburch,
Dominique Joseph
Vanderburch
zugeschrieben,
Sechs Wandpaneele
mit chinoiser
Landschaft |  | Taxe: 20.000 - 30.000 USD Zuschlag: 60.000,- USD Losnummer: 107 |  |  |  |  |  | 
 Jacob Bogdáni,
Stillleben mit Hahn,
Hühner samt Küken,
Spechts und anderen
Vögeln in einer
Landschaft |  | Taxe: 8.000 - 12.000 USD Zuschlag: 28.000,- USD Losnummer: 111 |  |  |  |  |  | 
 Andreas Wickert I,
Deckelpokal in
Gestalt eines
Straußenvogels,
Augsburg 1651/54 |  | Taxe: 500.000 - 800.000 USD Zuschlag: 380.000,- USD Losnummer: 30 |  |  |  |  |  | 
 Joseph Chinard, Ein
weißer Stier (wohl
Zeus), 1785 |  | Taxe: 100.000 - 150.000 USD Zuschlag: 220.000,- USD Losnummer: 58 |  |  |  |  |  | 
 Hubert Robert, Fünf
Bettler vor einer
barocken
Architektur, wohl
1762/63 |  | Taxe: 8.000 - 12.000 USD Zuschlag: 40.000,- USD Losnummer: 108 |  |  |  |  |  | 
 Joseph Baumhauer,
Joseph Baumhauer
zugeschrieben,
Lackkommode, um 1765 |  | Taxe: 400.000 - 600.000 USD Zuschlag: 300.000,- USD Losnummer: 66 |  |  |  |  |  | 
 Philippe-Claude
Montigny,
Philippe-Claude
Montigny
zugeschrieben,
Sekretär à abattant,
um 1775 |  | Taxe: 200.000 - 400.000 USD Zuschlag: 300.000,- USD Losnummer: 71 |  |  |  |  |  | 
 Hans Clauß I,
Nautiluspokal,
Nürnberg 1641/43 |  | Taxe: 700.000 - 1.000.000 USD Zuschlag: 380.000,- USD Losnummer: 36 |  |  |  |  |  | 
 Michael Frömmer,
Satz von 52
Spielkarten,
Augsburg 1616 |  | Taxe: 500.000 - 800.000 USD Zuschlag: 450.000,- USD Losnummer: 24 |  |  |
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