Alchimia im Berliner Bröhan-Museum  |  | Alessandro Mendini, Sofa „Kandissi“, 1979 | |
Mit der Schau „Alchimia“ veranstaltet das Bröhan-Museum in Berlin derzeit laut eigener Aussage die erste große Retrospektive zu der italienischen Designergruppe, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Gestaltungsfragen wichtige Impulse setzte. Die Kuratoren Tobias Hoffmann und François Burkhardt vergleichen ihre Bedeutung mit dem Bauhaus als Meilenstein in der ersten Jahrhunderthälfte und haben ikonische Werke wie Alessandro Mendinis barock-bunten „Poltrona di Proust“ von 1978 oder Ettore Sottsass’ unkonventionelles Bücherregal „Carlton“ von 1981 versammelt. In ihren Entwürfen integrierten sie das Überbordende, Spielerische und Humorvolle und stellten sich mit ihnen gegen die bis dato vorherrschende funktionale Designsprache der Moderne.
Einen Ausgangpunkt sehen Hoffmann und Burkhardt in der 68er-Bewegung, die in Italien auch das Design erfasste und dort mehrere neue Bewegungen wie „Archizoom“ oder „Superstudio“ hervorbrachte. 1976 gründeten Alessandro Guerriero und seine Schwester Adriana Guerriero in Mailand das „Studio Alchimia“ und fanden in Mendini und Sottsass, aber auch in Andrea Branzi, Lapo Binazzi, Michele de Lucchi, Paola Navone, Hans Hollein, Carla Ceccariglia, Enzo Cucchi oder Michael Graves wichtige Mitstreiter. Durch einen radikalen Bruch mit dem Funktionalismus läutete das Kollektiv eine neue Ära des Designs ein, wollte der gefühllosen Massenproduktion individuelle und sinnliche Objekte entgegensetzen und führte die unterschiedlichen Ansätze der 1960er Jahre zur Perfektion und zu internationalem Erfolg.
In Anlehnung an die mittelalterlichen Alchemisten, die versuchten, unedle Metalle in Gold oder Silber zu verwandeln, griffen die Designer und Designerinnen von Alchimia bewusst auf günstige Materialien wie Presspappe, Laminate und Sperrholz zurück und verwandelten die Alltagsgegenstände mit knalligen Farben und einer Prise Ironie in provokative Kunstwerke, so etwa Alessandro Mendini 1979 sein Sofa „Kandissi“, das bewusst mit der Abstraktion der Moderne spielt und sie bricht. Sie wollten über die industrielle Fertigung hinauszugehen und das Leben in ein Gesamtkunstwerk verwandeln, selbst wenn dies auf Kosten der Zweckmäßigkeit geschah. Mit ihrem Motto, nicht zu verzweifeln, sondern aus der Schönheit neue Kraft und Resilienz zu schöpfen, schufen sie eine Welt voll Heiterkeit, Farbe und Ästhetik, die eine andere Realität demonstrieren sollte.
Die Ausstellung „Alchimia. Die Revolution des italienischen Designs“ ist bis zum 7. September zu sehen. Das Bröhan-Museum hat dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 9 Euro, ermäßigt 6 Euro, für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist er kostenfrei. Der Katalog aus dem Hirmer Verlag ist im Museum für 39 Euro erhältlich.
Bröhan-Museum
Schlossstraße 1a
D-14059 Berlin
Telefon: +49 (0)30 – 326 906 00 |