Nasher Prize für Petrit Halilaj  |  | Petrit Halilaj gewinnt den Nasher Prize 2027 | |
Der Nasher Prize 2027 geht an Petrit Halilaj. Das gab das Nasher Sculpture Center in Dallas bekannt. Gemäß dem Wunsch des 1986 im Kosovo geborenen Künstlers geht das Preisgeld in Höhe von 100.000 US-Dollar an die Fondacioni Hajde!, die Halilaj und seine Schwester, die Kuratorin Hana Halilaj, 2014 gegründet haben, um kosovarischen Künstler*innen Atelierräume und Ausstellungsmöglichkeiten zu eröffnen. Eines der ambitioniertesten Projekte der Stiftung ist die Wiederbelebung des Kulturhauses in der Stadt Runik, in der Halilaj einen Großteil seiner Kindheit verbrachte und die stark vom Kosovokrieg betroffen war. „Ich bin zutiefst dankbar für die Anerkennung und die großzügige Dotierung des Nasher-Preises, den ich mit Freude komplett der Fondacioni Hajde! übergebe“, sagte Halilaj. „Während meine Arbeit kontinuierlich von meiner persönlichen Geschichte geprägt ist, die in Kosovo verwurzelt ist, besteht die Mission von Hajde! darin, Möglichkeiten zu schaffen, damit Kunst sowohl lokal als auch überregional hinaus Resonanz findet. Diese Spende wird dazu beitragen, dass Räume für Fantasie, Kreativität und Träume jenseits der Grenzen des eigenen Ortes entstehen können.“
Halilajs Arbeit finde heute besondere Resonanz, sowohl wegen ihrer tiefen Verbundenheit mit der Menschlichkeit gelebter Erfahrungen als auch wegen der Art und Weise, wie sie Begegnungsräume kreiere, die künstlerische, kulturelle und geografische Barrieren überschreiten, so Carlos Basualdo, Direktor des Nasher Sculpture Center. „In seinen Installationen und Performances, in denen Zeichnungen eine skulpturale Präsenz erhalten und der Raum der Fantasie buchstäblich entfesselt wird, zeigt Petrit Halilaj, wie Erfahrungen von Schmerz untrennbar mit Momenten der Freude, Zärtlichkeit und Empathie verbunden sind. Mit der Wahl von Halilaj würdigt die Jury des Nasher-Preises seine Arbeit als formal innovativ und für die Gegenwart zutiefst relevant“, so Basualdo weiter.
Petrit Halilaj wurde 1986 in Kostërc, einem kleinen Dorf in der Nähe von Runik, geboren. Internationale Bekanntheit erlangte er für seine fantasievollen und immersiven Rauminstallationen, in denen er die Wunder der Kindheit mit der persönlichen und politischen Geschichte seines Heimatlandes verknüpft. Mit Skulptur, Zeichnung, Text und Performance verwandelt Halilaj die Zeichen und Symbole einer kindlichen Welt in dreidimensionale Traumlandschaften und vielschichtige Installationen, die narrative und mythische Darstellungen einbeziehen und die Fantasie als Kraftquelle für Hoffnung und Heilung nutzen.
Durch den Ausbruch des Kosovokrieges, der sein ehemals friedliches idyllisches Umfeld in eine Welt voller Angst, Gewalt und Vertreibung verwandelte, wurde Halilajs eigene Kindheit Ende der 1990er Jahre jäh zerstört. 1998 wurde sein Elternhaus niedergebrannt, sein Heimatdorf von serbischen Truppen dem Erdboden gleich gemacht; seine Familie musste in ein Flüchtlingslager in Albanien fliehen. Inmitten dieser Krise begegnete Halilaj dem italienischen Psychologen Giacomo Poli, der im Lager einen Kunstworkshop für Flüchtlingskinder leitete. Poli ermutigte ihn, seine Erinnerungen und Träume zu zeichnen, um das erlittene Trauma zu verarbeiten. Im Alter von 18 Jahren zog Halilaj nach Italien und studierte an der Accademia di Belle Arti di Brera in Mailand, 2009 dann weiter nach Berlin, wo er sich schnell künstlerisch etablieren konnte.
Häufig greift Petrit Halilaj in seinen Arbeiten auf seine Biografie zurück, etwa in „The places I’m looking for, my dear, are utopian places, they are boring and I don’t know how to make them real“, wo er Mittel aus seinem Auftrag für die Berlin Biennale 2010 verwendete, um ein neues Haus für seine Eltern in Pristina zu errichten. Die Holzlatten, die zum Gießen des Betonrahmens verwendet wurden, transferierte er ins Berliner KW Institute for Contemporary Art und baute sie dort als skulpturales „Skelett“ wieder zusammen. Lebende Hühner liefen frei zwischen den Zuschauern umher und führten damit ein Leitmotiv ein, das sich durch sein künstlerisches Tun zieht.
Der Nasher Prize existiert seit 2015 und wurde vom Nasher Sculpture Center im texanischen Dallas zunächst jährlich für eine herausragende zeitgenössische Position der Bildhauerkunst verliehen, die zum breiteren Verständnis des Mediums Skulptur beiträgt. Im Jahr 2023 wurde auf einen zwei zweijährigen Vergaberhythmus umgestellt, um die Ausstellung im Nasher Sculpture Center und die gedruckte Monografie eingehender vorzubereiten. Bisher ging die Auszeichnung an Doris Salcedo, Pierre Huyghe, Theaster Gates, Isa Genzken, Michael Rakowitz, Nairy Baghramian, Senga Nengudi und Otobong Nkanga. |