Surrealistische Bildhauerinnen in Hamburg  |  | Isabelle Waldberg, Suivi de.., um 1958 | |
Mit der Schau „In Her Hands“ macht das Bucerius Kunst Forum in Hamburg ab heute auf drei unbekannte Bildhauerinnen des Surrealismus aufmerksam: die Schweizerin Isabelle Waldberg, die Dänin Sonja Ferlov Mancoba und die Brasilianerin Maria Martins. Damit wollen die Kuratorinnen Katharina Neuburger und Renate Wiehager eine bis dato unterbelichtete Seite des Surrealismus aufschlüsseln und der vermeintlich rein von männlichen Künstlern dominierten Strömung ein anderes Gewicht verleihen. Für die Ausstellung haben sie rund 100 Werke dieser drei Künstlerinnen, die in Verbindung mit bedeutenden Persönlichkeiten ihrer Zeit standen, darunter André Breton, Georges Bataille, Marcel Duchamp und Alberto Giacometti, ausgewählt und sowohl einzeln als auch in direkter Beziehung zueinander arrangiert.
Isabelle Waldberg, 1911 in Stammheim im Kanton Zürich geboren, zog 1942 nach New York. Im Exil entdeckte sie Artefakte aus indigenen Kulturen und Seekarten, die sie zu ihrer Serie „Constructions“ inspirierten. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte sie nach Europa zurück und ließ sich in Paris nieder, verwendete Eisenstäbe und beteiligte sich an surrealistischen Ausstellungen. Ab den 1950er Jahren nahmen ihre Werke größere, intensivere Formen an. Waldberg erklärte später: „Man hat mich oft gefragt, warum ich nicht etwas Schönes mache. Zunächst einmal will ich nicht tun, was man mich fragt. Zweitens weiß ich es nicht.“ Ihre Arbeiten beschäftigten sich mit grundlegenden anthropologischen Themen und enthalten zahlreiche Anspielungen auf Geschichte und Literatur. Eine Reihe ihrer Arbeiten wie „Glyptothèque“ befasst sich mit dem Gegensatz von Volumen und Leere. Waldberg war mit Georges Bataille befreundet und wurde 1973 als erste Frau Professorin für Bildhauerei an der École des Beaux-Arts in Paris.
Sonja Ida Ferlov, ebenfalls 1911 in Kopenhagen geboren, begann 1935 auf Bornholm mit ihrem skulpturalen Schaffen und behandelte dabei Themen wie Nähe, Distanz und Gemeinschaft. Der Zweite Weltkrieg beeinflusste ihre Arbeit, die auch ihre Erfahrungen mit Armut und der Internierung ihres Mannes, des südafrikanischen Künstlers Ernest Mancoba, widerspiegelte. Nach der Geburt ihres Sohnes experimentierte sie mit Ton und organischen Oberflächenbehandlungen, die sie bei Alberto Giacometti erlernte. Ab den 1960er Jahren wurde ihre Kunst gesellschaftskritischer. In ihrer späteren Schaffensphase konzentrierte sie sich zunehmend auf maskenartige Werke und beschäftigte sich mit Masken als Ausdruck menschlicher Formen. Sie betonte, dass Kunstwerke nicht das Wesentliche sind, sondern lediglich ein Medium, um den Geist der Gemeinschaft und des Zusammenhalts auszudrücken.
1894 in Brasilien geboren, ließ sich Maria Martins in ihren Arbeiten von afro-brasilianischen Mythen und der Kultur des Amazonasgebiets beeinflussen. Sie verband westliche Traditionen der Bildhauerei mit indigenen Ideen und zeigte das Zusammenspiel von Natur und Kultur. Ihre Arbeiten spiegeln den experimentellen Umgang mit Gussformen und Strukturen wider. Dies deutet auf einen Übergang vom Weltlichen zum Mythischen und vom Physischen zum Psychischen hin. Themen wie afro-brasilianische Mythen, religiöse Figuren und Geschlechterprinzipien bilden das Zentrum ihres Schaffens, das sie jedoch durch eine modernere, abstrakte Formensprache erweiterte. Martins war außerdem an der Gründung des Museu de Arte Moderna do Rio de Janeiro und am Aufbau der Biennale von São Paulo beteiligt. Auch ihre Schlüsselrolle als Pionierinnen der Bildhauerei des Surrealismus wurde erst in jüngerer Zeit etwa 2012 auf der Documenta oder im vergangenen Jahr auf der Biennale von Venedig wiederentdeckt.
Die Ausstellung „In Her Hands. Bildhauerinnen des Surrealismus“ läuft vom 21. Februar bis zum 1. Juni. Das Bucerius Kunst Forum hat täglich von 11 bis 19 Uhr, am Donnerstag zusätzlich bis 21 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 12 Euro, ermäßigt 6 Euro, für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist er kostenfrei. Der Katalog aus dem Hirmer Verlag kostet in der Ausstellung 39,90 Euro.
Bucerius Kunst Forum
Alter Wall 12
D-20457 Hamburg
Telefon: +49 (0)40 – 360 99 60 |