DDR-Kunst übergreifend in Darmstadt  |  | Petra Flemming, Selbstbildnis in der Stadt, 1969 | |
Die Kunsthalle Darmstadt präsentiert aktuell Malerei, Lyrik und Neue Musik aus der DDR und nimmt die künstlerischen Beziehungen des sozialistischen Staats zu der Stadt in den Blick. Die zwischen 1949 und 1989 entstandenen Werke von neunzig Kunstschaffenden eröffnen in dieser gattungsübergreifende Schau Querverbindungen zwischen Themen, Zeiten und Orten. In Kooperation mit dem Zentrum für neue Literatur Darmstadt und dem Internationalen Musikinstitut Darmstadt stellt die Kunsthalle Bilder, Gedichte und Kompositionen vor, die von den Kurator*innen León Krempel, Kurt Drawert, Thomas Schäfer und Sylvia Freydank ausgewählt wurden.
Krempel, der für die bildende Kunst zuständig ist, hat seine Präsentation auf je zehn Malerinnen und Maler mit jeweils bis zu vier Werken konzentiert, die zwischen 1919 und 1956 geboren wurden. Frank Rub und Ralf Kerbach befassten sich etwa mit Protestdarstellungen, anstatt die Arbeiterwelt zur verherrlichen. Eve Rub thematisiert in ihrer albtraumhaften Bildsprache historische Umstände, die sich auch ohne nähere Kenntnis der Ereignisse intuitiv erschließen lassen. Mit Gerhard Richters „Lesende“, ein 1960 nach dem Modell seiner ersten Ehefrau Ema entstandenes Werk, kann eines seiner intimsten Familienbilder und eines der wenigen erhaltenen, nicht wandfesten Gemälde aus der Dresdner Zeit, bevor er 1961 in den Westen floh, erstmals öffentlich gezeigt werden. Hans Winkler, der als Maler 1957 die Darmstädter Ferienkurse besuchte und dem Informel nahestand, vertritt mit selten gesehenen Kompositionen die Abstraktion.
Die Lyrik-Sektion beinhaltet Texte der Nachkriegsepoche von Erich Arendt bis Günter Kunert, der Generation der sogenannten „Sächsischen Dichterschule“ von Adolf Endler bis Wulf Kirsten sowie der Gruppe der „Hineingeborenen“ wie Uwe Kolbe. Das breite Spektrum der 40 Dichter*innen, die mit je einem Gedicht vertreten sind, soll repräsentativ für Tradition und Tendenzen der Lyrik stehen. Sie zeigen, wie sich ihr Kanon in die internationalen Entwicklungen des Gedichts eingefügt hat und wie weitestgehend resistent er gegen Machtansprüche und ideologische Bevormundung war.
Komponist*innen der Neue Musik machen unterschiedliche Positionen der DDR hörbar. Einige nahmen an den renommierten „Darmstädter Ferienkursen“ teil, darunter auch Hans-Karsten Raecke, der 1980 kurz nach seiner Ausreise aus der DDR besonderes Aufsehen mit seinen selbstgebauten Blasinstrumenten erregte und für seine Solodarbietungen in Darmstadt den Kranichsteiner Musikpreis erhielt. 1986 ging dieser Preis an Steffen Schleiermacher aus Leipzig, der als Teil des „Reisekaders“ die Ferienkurse besuchen durfte und bereits früh Neue Musik machte. Annette Schlünz, die mit Geburtsjahr 1964 jüngste Komponistin der Schau, trat bereits als Zwölfjährige in die von Hans-Jürgen Wenzel gegründete Komponistenklasse Halle ein und gilt als eine der bekanntesten Vertreter*innen der DDR-Komponist*innen.
Die Ausstellung „Eingebrannt. Malerei, Lyrik, Neue Musik und Proben zweier Bildhauer aus der DDR“ läuft bis zum 29. Juni. Die Kunsthalle Darmstadt hat mittwochs bis sonntags von 11 bis 17 Uhr, donnerstags zusätzlich bis 21 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 10 Euro, ermäßigt 7 Euro.
Kunsthalle Darmstadt
Steubenplatz 1
D-64293 Darmstadt
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