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Wir laden Sie und Ihre Freunde herzlich zur Eröffnung am Freitag, den 25. Mai, um 19.00 Uhr ein.
Einleitende Worte Prof. Peter Weiermair
Der Künstler ist anwesend
Es scheinen tatsächlich bestimmte heutige Fragen zu sein, die Davila (*1946) in seinem seit den 70er Jahren entstandenen Œuvre beantwortet, und die für das Verständnis dieses komplexen, offensiven, zuweilen geradezu brutalen Werks hilfreich sind. Ist die Moderne unsere Antike? Was ist das bloße Leben? Und: Was tun? Die Faszination der Moderne, zu deren universaler Forderung nach Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit sich die totalitären Katastrophen des 20. Jahrhunderts komplementär verhalten läßt nicht nach; die Formen, die Diskurse um „Kultur“ und „Identität“ und die Hoffnungen und Visionen der Moderne wirken – obwohl ihr Scheitern längst konstatiert wurde – in der Gegenwart fort. Weiterhin offen bleibt überhaupt die Frage nach der Abgeschlossenheit dieser Epoche. „[…] es scheint, als stünden wir zugleich außerhalb und innerhalb der Moderne“. Die zweite Frage, Was ist das bloße Leben? „gilt der absoluten Verletzlichkeit und Ausgesetztheit menschlichen Lebens. Sie richtet sich auf den Teil unserer Existenz, den keine wie auch immer geartete Sicherheitsmaßnahme je schützen wird. Doch wie in der Sexualität können absolute Verletzlichkeit und unendliche Lust unbehaglich dicht beieinander wohnen. Das bloße Leben kennt eine apokalyptische und unmißverständlich politische Dimension, an deren Ende die Folter und das Konzentrationslager stehen. Es läßt sich auf diesen apokalyptischen Aspekt aber nicht reduzieren, denn es kennt auch eine lyrische oder sogar ekstatische Seite – eine Freiheit für neue und unerwartete Möglichkeiten.
Juan Davilas Werk nimmt innerhalb des Spektrums möglicher Reaktionen auf die Moderne als Kunstepoche eine bedeutende Position ein. Er bezieht sich in vielen seiner Gemälde auf die Ikonen der klassischen Moderne und der Popart; seit einiger Zeit spielt auch das Historienbild des 19. Jahrhunderts in seinen Werken eine Rolle. Dieses Einbauen oft unmittelbar zu identifizierender Versatzstücke aus berühmten Bildern in seine collagehaften Arbeiten ist nicht nur ein Spiel mit den inhaltlichen Implikationen der zitierten, fragmentierten, neu kombinierten Vor-Bilder. Davila zielt auch auf die Mechanismen des Kunstmarkts (überhaupt ist Konsum ein immer wiederkehrendes Thema) und auf die Rezeption bestimmter Künstler und Strömungen in der westlich dominierten Kunst-Welt, die er beobachtet und der er einen Zerrspiegel vorhält. Dabei reflektiert er stets seine eigene Position als Künstler in der Peripherie, der sich in barbarischer Weise der Bilder aus allen Bereichen visueller Kommunikation bedient – seien es Photographie oder Film, Pornographie, Werbung oder etablierte Kunstwerke. Ein wichtiges Element seiner Gemälde und Collagen stellt daneben das Schöpfen aus einem Bilder- und Motiv-Schatz dar, der – zuweilen folkloristisch, zuweilen archaisch, zuweilen persiflierend – auf Davilas lateinamerikanische Herkunft Bezug nimmt. Welten treffen in seinen Arbeiten aufeinander, eine eigentümliche Bildsprache entsteht, die einerseits auf einer metaphorischen Ebene zu lesen ist, andererseits durch ihre oft sexualisierten, verstümmelten oder in Gewaltakte verstrickten Protagonisten so unmittelbar auf den Betrachter wirken können, daß er sich von ihrer Aggressivität angegriffen fühlt.
Davilas Intention ist es nicht nur, politisch und gesellschaftlich Position zu beziehen. Kathartisch vergegenwärtigen und symbolisieren seine Werke die Traumata der von Kolonialismus und Gewalt geprägten Gesellschaften in denen der Künstler lebte und lebt. Davila übersetzt als existentiell erfahrene Gewalt in eine eigene, ebenfalls oft gewalttätige Bildsprache. In dem Text „Woomera“ (2002/04) formulierte er die Forderung nach einer Kunst, die der gesellschaftlichen Weigerung, sich Geschichte und Erinnerung zu stellen entgegenwirkt, und die psychischen Kräfte hinter diesen Prozessen offenlegt.Auch die Frage Was tun? beantwortet Davila mit seinem Oeuvre, das sich als Manifest gegen „Warenfetischismus“ und „Akademismus“ lesen läßt, zu denen „ästhetische Bildung“ die einzige Alternative darstellt. |