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Auktion 140
Kaum jemand kennt heute noch die Malerin Edith von Bonin (1875-1970), Schwester der Schriftstellerinnen Marie Gräfin Neidhardt v. Gneisenau und Elsa von Bonin – und Stiefschwester des Bankiers, Sammlers und Mäzens Karl von der Heydt. Durch dessen Vermittlung machte Edith von Bonin 1907 in Paris die Bekanntschaft des Dichters Rainer Maria Rilke. Dieser erste Kontakt mündete in einen umfangreichen Briefwechsel zwischen der Künstlerin und dem Dichter. Während die Briefe Edith von Bonins an Rilke in den Rilke-Archiven in Deutschland und der Schweiz liegen, sind von den in Privatbesitz befindlichen Briefen Rilkes an die Malerin bisher nur wenige Stücke veröffentlicht worden.
Der gesamte Bestand der 45 Schriftstücke umfassenden Briefe Rilkes an Edith von Bonin aus den Jahren 1907-1918 kommt jetzt mit einem Schätzpreis von € 45.000,- in einem Los auf der Herbstauktion von Venator & Hanstein zum Ausruf.
Ein weiterer Höhepunkt der Auktion dürfte ein Album sein, das 62 eigene, teils sehr private Radierungen von Queen Victoria und ihrem Ehemann Prinz Albert aus den Jahren 1840-1844 enthält. Das Album trägt eine mit dem 24. Dezember 1844 datierte eigenhändige Widmung Victorias an ihren favorisierten Porträtisten Franz Xaver Winterhalter (Schätzpreis € 30.000,-). – Bisher sind nur drei solcher Widmungsalben mit den auf einer kleinen Presse in Windsor Castle hergestellten Arbeiten des königlichen Paares bekannt. Diese enthalten zwar jeweils mehr Radierungen, sind jedoch erst später zusammengestellt worden.
Die Abteilung „Landkarten und Stadtansichten“ kann u.a. mit der 1561 erschienenen seltenen Kupferstichkarte des mittleren Rheintals „Austrasia Ad Rhenum Cum Edelsassia Et Ducat: Alemaniae“ des Wolfgang Lazius aufwarten (4.000,-). Die anschließende „Dekorative Graphik“ bringt in 11 Losen eine kleine Sammlung von 32 Blatt hübschen Brokatpapieren vorwiegend Augsburger und Nürnberger Ursprungs (200,- bis 600,-) sowie in 14 Losen eine Sammlung von über 50 englischen Karikaturen in kolorierten Kupferstichen von G. Cruikshank, J. Gillray und anderen (300,- bis 1800,-).
In der wieder reich bestückten Abteilung mit Druckgraphiken Alter Meister finden wir neben vielen weiteren Radierungen von Rembrandt sein „Selbstbildnis mit runder Pelzmütze“ von 1631 in einem sehr guten Druck in vorzüglicher Erhaltung aus dem Vorbesitz Oettingen-Wallerstein (24.000,-). Goyas reizvolle Radierfolge „Los Proverbios“ in der sehr seltenen 2. Ausgabe ist mit € 16.000,- taxiert. Malerische Ansichten aus Italien bietet die 1792-1798 erschienene Folge „Mahlerisch-radirte Prospecte“ mit 72 Radierungen von A. C. Dies, J. C. Reinhard und J. W. Mechau (8.000,-).
Unter den Handschriften werden u.a. zwei illuminierte Einzelblätter mit schönen Miniaturen aus Gradualen vom Anfang und Mitte des 15. Jahrhunderts angeboten, von denen die erste dem Sieneser Maler Benedetto die Bindo zugeschrieben wird (12.000,-) und die zweite nach Perugia lokalisiert werden kann (6.000,-).
Eine kleine Sammlung von alten Stammbüchern enthält Einträge aus den Jahren 1571 bis 1824. Herausragend ist darin das mit bemerkenswerten Miniaturen versehene Stammbuch des Erasmus Furtenbach, in das sich in den Jahren 1577 bis 1579 in Genua und Mailand Kaufleute aus süddeutschen Patriziergeschlechtern eingetragen haben (10.000,-). Andere Freundschaftsalben beinhalten Gouachen bekannter Künstler wie J. A. E. Niegelssohn, J. S. Blattner, C. L. Frommel oder Chr. Haldenwang.
Unter den naturwissenschaftlichen Werken ist u.a. die „Flora Londinensis“ von William Curtis zu erwähnen, die mit prächtigen Abbildungen versehene Beschreibung der Flora aus der Umgebung der englischen Hauptstadt, hier in zweiten Druck der ersten Ausgabe von 1777-98. Das zweibändige Werk enthält 435 kolorierte Kupferstiche (12.000,-). Die erste bildliche Darstellung der Saturnringe nach den Beobachtungen Galileis zeigt F. Licetis „De novis astris“, Venedig 1623 (5.500,-).
Die Abteilung Alte Drucke bietet u.a. ein gutes Exemplar des sogenannten "Kleinen Schedel" in der deutschen Ausgabe Augsburg 1496 (18.000,-). Eine reich illustrierte Ausgabe von Dantes „La Commedia“ in der Ausgabe Venedig 1497 ist mit € 9.000,- taxiert.
Eine Ausgabe des „Liber veritatis“ mit den 300 Schabkunstblättern von Richard Earlom nach den Zeichnungen von Claude Lorrain trägt einen Schätzpreis von € 20.000,-. Die Kupfer liegen in Zustandsdrucken in Sepia vor dem Besitzervermerk vor; hinzugefügt sind zusätzliche 178 Probe- und Zustandsdrucke. Die vier Bände des Werkes stammen aus dem Vorbesitz der bedeutenden Büchersammlerin Frances Mary Richardson Currer (1785-1861) in Eshton Hall. Für ein schönes Exemplar von Johann Caspar Lavaters „Physiognomische Fragmente“, 1775-78, werden € 7.500,- erwartet.
Der stattliche, durchgehend farbig illustrierte Katalog der Auktion 140 bietet knapp 1000 Katalognummern.
Auktion 141
Am zweiten Auktionstag kommen in über 770 Katalognummern moderne und zeitgenössische Graphik sowie moderne Bücher zum Aufruf. Das umfangreiche Angebot umfasst unter anderem Werke von Lovis Corinth, Max Ernst, Pablo Picasso und Joan Miró über Rupprecht Geiger, Heinz Mack, Günther Uecker und Otto Piene bis Joseph Beuys, Georges Brecht, Christo, Neo Rauch, Gerhard Richter sowie Antoni Tàpies und Andy Warhol.
Von Pablo Picasso kommen als Spitzenlose der klassischen Moderne die signierte Radierung „Vers ou l'on voit“ von 1960 (8000 €) sowie das frühe radierte Bildnis „Tête de femme“ aus dem Jahr 1905 (7500 €) zum Aufruf. Drei unsignierte Arbeiten aus der ‚Suite Vollard‘ (1800-2200 €) runden das Angebot der Radierungen Picassos ab.
Für den Holzschnitt „Boot am Ufer“ von Erich Heckel werden 7500 € erwartet und Lyonel Feiningers „Angler und Schiffe“ im seltenen ersten Druckzustand ist mit 3000 € taxiert. Die Folge „25 Original-Lithographien des Münchener Neuen Secession“ aus dem Jahr 1919 wird mit einem Schätzpreis von 6000 € angeboten. Von Frans Masereel stammen in 17 Losnummern verschiedene Zeichnungen und Holzschnitte mit Taxen von 400 € bis 2000 €.
Rollagen, Collagen und Crumblagen von Jiří Kolář werden in 36 Losnummern mit Schätzpreisen von 400 € bis 4500 € aufgerufen. Höhepunkte dieser umfangreichen Sammlung bilden eine 100 x 70 cm große Papiercollage auf geweißter Holzplatte (4000 €) und das Objekt „Silence Country“ - eine Collage über einem Metronom, einem Topfdeckel und einer Holzplatte (4500 €). In kleineren Collagen, überwiegend der 1960er und 1970er Jahre, verfremdet Kolář bekannte Meisterwerke der Malerei, so beispielsweise Lukas Cranachs „Venus und Amor“ (1000 €) oder er kombiniert Matthias Grünewalds „Stuppacher Madonna“ mit einer Greifvogeldarstellung (800 €).
Für zwei Federzeichnungen des spanischen Lyrikers Federico García Lorca werden jeweils 3000 € erwartet. Ulrich Rückriem ist mit einer Sammlung von 11 teils mehrblättrigen geometrischen Variationen auf insgesamt 49 Blatt in Bleistift, Tinte, Fineliner und Buntstift vertreten (7500 €). Die Bleistiftzeichnung „Gespräch“ von Joseph Beuys in der Vorzugsausgabe des Buchs ‚Joseph Beuys Zeichnungen I‘ ist mit 8000 € taxiert. Auch Stanley Brouwns Buch „This way Brouwn“ enthält in der hier angebotenen Ausgabe in kleiner Auflage eine Originalzeichnung des Künstlers (4000 €).
Höhepunkte der Werke von Vertretern der Zero-Gruppe sind unter anderem die Blindprägungen in Aluminium „Licht und Bewegung“ (3000 €) und „Relais“ (2000 €) sowie eine große Farbserigraphie „Ein Sommertag“ (2000 €) von Heinz Mack. Für das Multiple „Traffic Paint“ hat Günther Uecker einen Nagel auf Holz in weißer Farbe überarbeitet (2500 €).
Aus dem Angebot von Skulpturen stellt der Bronzeguss „Departure“ von Bruce Beasley einen ersten Höhepunkt dar (8000 €), gefolgt von den Edelstahlplastiken von Ewerdt Hilgemann. Der deutsch-niederländische Künstler entzieht mittels einer Vakuumpumpe seinen Stahlkörpern Luft und lässt sie in sich zusammenfalten – so entstehen seine bekannten ‚Implosionen‘, von denen drei Unikate angeboten werden: „Imploded Column“ (8000 €), „Imploded Cube“ (2000 €) und „Imploded Pyramid“ (2000 €). Eine kleine Auswahl demontierbarer Kleinplastiken von Miguel Berrocal (400-3500 €) bildet neben Bronzen von Stephan Balkenhol, Joachim Berthold und Hans Steinbrenner einen weiteren Schwerpunkt der angebotenen plastischen Arbeiten.
Unter den Mappenwerken stechen die komplette Folge „Annonciation“ mit 7 Farbaquatinta-Radierungen von Wifredo Lam (5000 €) sowie die Gemeinschaftsarbeit von Martin Kippenberger und Albert Oehlen „Die Vitalität, der Charme und die natürliche Schönheit“ (5000 €) hervor. Tomas Schmitts „Utopia“ enthält 24 Bunt- und Bleistiftzeichnungen aus dem Jahr 1975 (3000 €).
Mit den Abteilungen modernen Bücher wird das Programm der Auktion abgerundet. Aus der Sammlung Heinrich Stinnes stammt die in 10 Ex. erschienene Vorzugsausgabe von Willi Jaeckels Folge von Radierungen „Kompositionen“ (2500 €). Zehn Silbergelatine-Abzüge des Kölner Fotografen Chargesheimer enthält die Mappe „Portfolio Chargesheimer“ aus dem Jahr 1989 (1800 € ). Der anlässlich einer Ausstellung erschienene zweiteilige Katalog „Montparnasse“ von Andreas Gursky mit einem fotografischen Offsetprint wird mit einem Schätzpreis von 3000 € angeboten. Gleich zwei bedeutende Werke der Weltliteratur mit Illustrationen von Eberhard Schlotter kommen zum Aufruf: Cervantes „El Quijote“ mit 160 signierten und nummerierten Tafeln in Farbaquatinta (4500 €) und die Radierungen zu Boccaccios Novellensammlung „El Decameron“ (2000 €); daneben Schlotters kritische Aquatintaradierungen zu „Kolumbus – Die Tragödie des Menschen“ (1200 €). |