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Bartolomé Esteban Murillo, Rosenkranzmadonna

Bartolomé Esteban Murillo, Rosenkranzmadonna

Öl auf Leinwand (doubliert). 167,2 x 112 cm.
Signiert unten links: Murillo f:.

Losnummer: 2077


Bartolomé Esteban Murillos ist einer der bedeutenden Meister des „siglo de oro“, des goldenen Zeitalters der spanischen Malerei, und seine Werke befinden sich in den großen Museen der Welt. Bewundert werden sie vor allem wegen ihres volkstümlichen Realismus und der menschlichen Mystik, die Murillos religiöse Malerei auszeichnet. Der Meister aus Sevilla, der seine Heimatstadt nur einmal im Leben für eine kurze Reise nach Madrid verlassen hat, malte insgesamt vier Tafeln mit dem Motiv der „Rosenkranzmadonna“, von denen zwei besonders ähnlich sind. Die eine befindet sich seit 1822 als Geschenk des Großherzogs Ferdinand III. von Lothringen im Palazzo Pitti in Florenz, und die zweite ist das hier vorliegende Werk, das als einziges der vier signiert ist.

Aus verschiedenen schriftlichen Quellen des 18. Jahrhunderts wissen wir, dass sich in der Sakristei des Klosters Carmen Calzado in Sevilla eine „Madonna mit Kind“ von Murillo befand. Die große Tafel, die die Madonna in Lebensgröße zeigte, war offensichtlich von den Karmelitern bei dem jungen, nicht unweit des Klosters wohnenden Maler in Auftrag gegeben worden. Sie verblieb „in situ“ bis zu den Wirren der napoleonischen Zeit, als kirchliche Einrichtungen säkularisiert und geplündert wurden. Anders als viele andere bedeutende Kunstwerke, die damals auf den Markt kamen und ins Ausland verkauft wurden, blieb diese Madonna von Murillo offensichtlich in Sevilla. Denn 1833 erwirbt sie dort der Engländer Julian Benjamin Williams, ein leidenschaftlicher Kunstsammler und Kunstagent. In einem kürzlich veröffentlichten Brief vom Januar 1833 an William Eden in England schreibt Williams, dass er gerade eine großartige Madonna in Lebensgröße von Murillo erworben habe. Ein Jahr später, am 12. April 1834, schreibt er nochmals an Eden, offenbar ihm antwortend: „The Virgin del Rosario which you mention I conclude to be the large Picture by Murillo that I hang at the end of the long room on the right in the Centre space. The Virgen full length is seated with the child on her lap. It belonged to the Sacristia del Carmen Calzado and is mentioned in Cean, also in Pons, who calls it bellisima." (H. Brigstocke, op. cit., S. 120)

Noch im selben Jahr kaufte William Eden, 4th Baronet of Maryland (1803-1873) das Gemälde und ließ es in seine Residenz Windelstone House, Durham, schicken (H. Brigstocke, op. cit., S. 122). Murillos „Rosenkranzmadonna“, gelegentlich auch „Madonna Eden“ genannt, blieb im Besitz der Familie über drei Generationen, bis sie 1933 in London versteigert wurde. Sie wurde damals von der New Yorker Newhouse Gallery erworben, die sie später an den Pianisten José Iturbí verkaufte. Aus dessen Familien-Nachlass wurde sie 2008 völlig verkannt als “studio of Bartolomé Esteban Murillo“ auf einer Auktion in Los Angeles versteigert und dort von dem jetzigen Eigentümer erworben (Bonhams Los Angeles 2.6.2008, Lot 186).

Über zwei Jahrhunderte genoss die Tafel allgemeine Bewunderung als ein Werk von Murillo; zunächst im Kloster selbst, später in der Sammlung Eden sowie auf zwei Ausstellungen Spanischer Malerei in London (1895/96 und 1913/14).

In seiner Monographie zu Murillo von 1913 veröffentlichte Ludwig Mayer die Eden-Madonna ohne Einschränkungen bezüglich der Zuschreibung anhand einer alten Photographie (L. A. Mayer, op. cit.). Warum er 1934 seine Meinung zu dem Gemälde geändert hat und es dann für eine Kopie hielt, ist nicht bekannt (L. A. Mayer, op. cit.), auch nicht, ob er es je im Original gesehen hat. Sicher ist jedoch, dass er irrtümlicherweise die sehr ähnliche Komposition aus dem Palazzo Pitti für die Tafel aus dem Karmeliter-Kloster von Sevilla hielt, was heute widerlegt ist. Mayers Urteil über das Bild hat sich später auch Angulo Iniguez (1981, op. cit.) zu eigen gemacht. Auch bei ihm ist es fraglich, ob er das Bild im Original gesehen hat, da ihm sein Verbleib nicht bekannt ist.

Im Lichte kürzlich ausgeführter technologischer Untersuchungen und kunsthistorischer Studien von einer jüngeren Kunsthistorikergeneration wie Alvarez Calero, Ignacio Cano (H. Brigstocke op. cit. S. 120) und Hugh Brigstocke (siehe Literatur) wird die „Eden-Madonna“ wieder als charakteristisches Werk aus der frühen Reifezeit des Malers gesehen, das um 1645/1650 für das Kloster Carmen Calzado in Sevilla gemalt wurde. Die Bedeutung dieses Auftrages scheint der Maler mit seiner Unterschrift ausdrücklich bestätigen zu wollen.

Abgesehen von der Signatur, hat die technologische Untersuchung von Rafael Romero Asenjo und Adelina Ilán Gutierrez 2013 eine weitere Besonderheit des Bildes zu Tage gebracht. Murillo hat auf der grauen Grundierung, bestehend aus Bleiweiß und Beinschwarz, bei dem Umhang der Madonna nur mit reinem Azurit von hoher Qualität gearbeitet. Da dieses Material besonders kostbar und entsprechend teuer war, hat er bei anderen Bildern meistens eine Mischung von Azurit oder Lapislazuli mit minderwertigeren Pigmenten verwendet. Man kann auch diese Auffälligkeit des Bildes nur darauf zurückführen, dass sich der Maler der Bedeutung des Auftrages bewusst war. Für die Karmeliter von Sevilla hatte vor ihm Velazquez schon zwei Werke ausgeführt, Murillo selbst hat für das Kloster außer der „Rosenkranzmadonna“ auch eine Darstellung des „Ecce Homo“ gemalt.

Die Leinwand ist mit braunen Ockerpigmenten vorbereitet, wie dies in Sevilla im 17. Jahrhundert üblich war. Auf dem Röntgenbild ist zu erkennen, dass einige Stellen der Figuren leichte Spuren einer früheren Zeichnung aufweisen. Die Jungfrau ist mit einer direkten und spontanen Technik gezeichnet, mit einigen Korrekturen in den Umrissen des Kopfes und des linken Armes sowie der Fransen des weißen Tuches und dem Kreuz des Rosenkranzes, das verkleinert und verkürzt ist. Auch diese Beobachtungen sind überzeugende Indizien dafür, dass dieses Bild keine Kopie nach Murillo sein kann, sondern dass es sich hierbei möglicherweise sogar um die erste Fassung des Bildmotivs handelt.

Provenienz

Kloster Carmen Calzado, Sevilla bis ca. 1810. – Wahrscheinlich Manuel del Real Garcia, Sevilla. - Julian B. Williams, Sevilla. - 1834 verkauft an Sir William Eden, 4th Baronet of Maryland (1803-1873). - Im Erbgang an seinen Sohn Sir Robert Johnson Eden. - Danach sein Sohn Timothy Calvert Eden. - Sotheby´s London 26.7.1933, Lot 17. - The Newhouse Galleries, New York von 1922-1938. - Dort von dem Pianisten José Iturbi 1938 erworben. - Nachlass José Iturbi und Marion Seabury 1980-2008. - Bonhams Los Angeles, 2.6.2008, Lot 186 (als B. E. Murillo, Werkstatt). - Dort vom jetzigen Eigentümer erworben.

Literaturhinweise

D. Ortiz de Zúñiga: Anales eclesiásticos y seculares de la Muy Noble y Muy Leal cindad de Sevilla, Tomo V 1796, p. 37. – F. Arana de Valflora: Compendio histórico descriptivo de la Muy Noble y Muy Leal ciudad de Sevilla, Metrópoli de Andalucía , primara parte, Sevilla 1798, P. 44. – J. A. Ceán Bermúdez: Diccionario de los más ilustres profesores de las Bellas Artes de España, Madrid 1800, II, p. 59. – E. Davies: The life of Bartolomé Esteban Murillo; compiled by verious authors, London1819, p. 95. – F. Gonzalez de León: Noticia Artística, histórica y curiosas de todos los edificios públicos y sagrados de la Muy Noble …, Sevilla 1844, vol. I, p. 199. – W. Stirling Maxwell: Annals of the artists of Spain, London 1848, vol. 4 p. 1610. – F. M. Tubino: Murillo, su época, su vida, sus cuadros, Sevilla 1864, p. 205. – C. B. Curtis: Velázquez and Murillo, London 1883, p. 152, Nr. 87. – M. F. Sweeter: Murillo, Boston 1879, vol. 5, p. 131. – P. Lefort: Murillo et ses élèves, suivi du catalogue raisonné de ses principaux ouvrages, Paris 1892, p. 74, Nr. 85. – C. Justi: Murillo, Leipzig 1892, p. 41. – L. A. Mayer: Murillo. Des Meisters Gemälde, Stuttgart/Berlin 1913, p. 27, Abb. B. – L. A. Mayer: Anotaciones a obras murillescas. In: Boletín de la Sociedad Española de excursiones, XLII, Madrid 1934, pp. 14-18. – J. A. Gaya Nuño: La pintura española fuera de España, Madrid 1958, p. 242, Nr. 1865. – J. A. Gaya Nuño: L´Opera completa de Murillo, Milano 1978, Nr. 34. – D. Angulo Iñiguez: Murillo. Su vida, su arte, su obra, Madrid 1981, pp. 148-149 (about the painting in Florence, Palazzo Pitti). – A. J. Álvarez Calero: Dos cuadros desconocidos de Murillo que se hallaban en el convento Casa Grande del Carmen de Sevilla. In: Laboratorio de Arte 24, Sevilla 2012, pp. 301-314. – A. J. Álvarez Calero: Nuevas aportaciones sobre el cuadro „La Vírgen del Rosario“ procedente del antiguo convento del Carmen de Sevilla atribuído a Murillo. In: Ucoarte. Revista de Teoría e Historia del Arte, 5, 2016, pp. 69-95. – H. Brigstocke: William Eden: The discovery of Murillo with his friends in Spain. In: I. Kent (ed.): Collecting Murillo in Britain and Ireland, Madrid/London 2020, pp. 99, 120, 122.

Ausstellung

London 1895/96: Exhibition of Spanish Art under the patronage of Her Majesty the Queen Regent of Spain, The New Gallery, Katalog S. 28-29, Nr. 123. - London 1913/1914: Illustrated Catalogue of the Exhibition of Spanish Old Masters in support of National Gallery Funds and for the benefit of the Sociedad de Amigos del Arte Espanol, Grafton Galleries London, Katalog S. 76-77, Nr. 70, Abb. XXXII.


Veranstaltungshinweise:

Am 21.05.2022 Auktion 1197: Alte Kunst und 19. Jahrhundert


Schätzpreis: 1.000.000 - 1.500.000  EURO

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