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Anna Dorothea Therbusch, Selbstbildnis als Bacchantin, 1778

Anna Dorothea Therbusch, Selbstbildnis als Bacchantin, 1778

Öl auf Leinwand. 79, x 64,5 cm. Unten rechts signiert und datiert "A. D. Therbusch née de Liezewska Peintre / du Roi / 1778", die Signatur darüber wohl eigenhändig wortgleich wiederholt.

Losnummer: 6027


Ihr Werdegang war für das 18. Jahrhundert eine Ausnahme. Im friderizianischen Berlin zwischen Rokoko und Aufklärung setzte sich Anna Dorothea Therbusch mit ungewöhnlicher Hartnäckigkeit, Ehrgeiz und vor allem künstlerischem Talent als Berufsmalerin ersten Ranges durch. Für eine Frau, zudem Gastwirtsgattin und fünffache Mutter eigentlich undenkbar. Ihre einzige Ausbildung genoss sie im väterlichen Atelier, da Künstlerinnen der Zugang zu den Akademien verschlossen war. Beharrlich strotze sie ihren alltäglichen Pflichten als Mutter und Ehefrau Zeit zum Malen ab, wurde 1761 sogar Hofmalerin in Mannheim. In der preußischen Hauptstadt avancierte sie dann in den 1770er Jahren zu einer der wichtigsten Akteurinnen im Kunstbetrieb. Zu ihren Kunden zählten das Königshaus und das gehobene Bürgertum gleichermaßen, zu den Bewunderern Gelehrte und Künstler wie Denis Diderot und Simon Chardin, in den Salons rühmte man ihren „durchdringenden Verstand und ihre außenordentliche Wissbegierde“. Tatsächlich überwanden ihre Bildnisse die oft formelhaften Konventionen der Porträtmalerei ihrer Zeit. Sie verlieh den Dargestellten mit lockerem Pinselschwung eine einnehmende Lebendigkeit, die sie insbesondere den Gesichtern einzuschreiben wusste. Kennzeichnendes Merkmal von Therbuschs Bildnissen war zudem der differenzierte und experimentierfreudige Umgang mit Farben.

Auch unser Selbstbildnis fällt zunächst durch den Charme einer nuancenreichen Palette auf. Das Petrolgrün des gestreiften Seidenkleides ist herrlich auf das zarte Rosa des flatternden Schleiers abgestimmt. Das pudrige Rosé ist wiederum im Blumenkranz und den charakteristisch geröteten Wangen aufgegriffen. Es mag zunächst verwundern, dass sich die bereits 57-jährige 1778 als lebensstrotzende Bacchantin malt, wo sie uns doch nur drei Jahre später kurz vor ihrem Ableben mit Einglas als reife Frau mit strenger Mine entgegentritt. Die jugendliche Erscheinung, ist sich Helmut Börsch-Supan sicher, ist weniger ihrer Eitelkeit als vielmehr dem Wunsch geschuldet, ihre Vitalität geradezu allegorisch zu veranschaulichen. Nachdem sich nämlich 1777 Johann Heinrich Wilhelm Tischbein in Berlin niedergelassen hatte, war ihre Vormachtstellung als Porträtistin kurzzeitig ins Wanken geraten. Erstmals hatte sie auf ihrem Hauptgebiet ernsthafte Konkurrenz zu fürchten. Als Tischbein die Stadt nach nur einem Jahr wieder verließ, leuchtete der Stern der Malerin noch einmal strahlend auf. Die juvenile Inszenierung kann in diesem Zusammenhang als Statement ungebrochener Lebensfreude und Schaffensdrang gedeutet werden. Und welche Figur wäre hierzu geeigneter als die einer Mänade, jenen tanzfreudigen Frauen aus dem Gefolge des Bacchus?

Durchaus souverän meistert die Malerin die Mischung aus mythologischer Referenz und modischem Auftritt. Unverkennbar sind die französischen Anklänge, die dem Bildnis Grazie und Eleganz verleihen, ohne in die Falle des allzu Süßlichen zu tappen. Bereits in ihrer Jugend hatte Therbusch die Malerei des Antoine Pesne zum Studium kopiert. Mit Mitte Vierzig trat sie dann die gewagte Reise nach Paris an. In kürzester Zeit gelang ihr 1767 die Aufnahme als Mitglied der Académie Royale. Es bedeutete ihren Durchbruch. Fortan signierte sie stolz als „Peintre du roi“ und malte sich in den folgenden zwei Jahrzehnten in den weiblichen Olymp der Kunst des 18. Jahrhunderts. Zweifellos zählt vorliegendes Bildnis als Zeugnis selbstsicherer Eigeninszenierung und maltechnischer Virtuosität zu den Glanzstücken der späten Jahre.

Ein Gutachten von Prof. Helmut Börsch-Supan, Berlin, vom 21. Dezember 2021 liegt in Kopie vor.

Provenienz: 1924 belegt in der Sammlung des Bankiers Herbert M. Gutmann, Potsdam (s. Dissertation Leopold Reidemeister).

Zwischen 1924 und 1945 unter ungeklärten Umständen veräußert.

April 2022 gütliche Einigung über die Restitution durch die letzten Eigentümer mit den Erben von Herbert M. Gutmann.

Literatur: Eckhart Berckenhagen: "Anna Dorothea Therbusch", in: Zeitschrift des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaften, 41 (1987), S. 151, Nr. 139 (als "Dame als Bacchantin").

Leopold Reidemeister: Anna Dorothea Therbusch: ihr Leben und ihr Werk, Diss. Berlin 1924, S. 85 (als "Portrait einer Dame").



Errata: * Dieses Los wird regelbesteuert abgerechnet.


Wir bitten darum, Zustandsberichte zu den Losen zu erfragen, da der Erhaltungszustand nur in Ausnahmefällen im Katalog angegeben ist.


Veranstaltungshinweise:

Am 02.06.2022 119. Auktion: Gemälde Alter und Neuerer Meister


Schätzpreis: 45.000,-  EURO

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