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Verschollen, gefunden, zum Geschenk gemacht: Das Kunsthaus Lempertz konnte ein geraubtes Werk Adolph Menzels aus der Berliner Nationalgalerie identifizieren. Zu seinem Jubiläum bringt es die Odyssee des Gemäldes zu einem guten Ende. Prof. Henrik Hanstein, Geschäftsführers des Auktionshauses, schenkt das Bild dem Museum, in das es einst gehörte.
Zum 225. Geburtstag des ältesten Auktionshauses in Familienbesitz macht Geschäftsführer Prof. Henrik Hanstein der Alten Nationalgalerie ein Geschenk: Das Ölgemälde „Ruhender Mann“ von Adolph Menzel. Das Bild war nach dem Zweiten Weltkrieg verschollen und wurde vom Kölner Auktionshaus wiederentdeckt. Gegenwärtig wird es im Museum restauriert. Im Herbst wird als neues altes Werk im Bestand der Alten Nationalgalerie in Berlin vorgestellt.
Adoplph Menzel ist, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung jüngst bestätigt hat, neben Caspar David Friedrich und Carl Blechen einer der drei wichtigsten deutschen Künstler des 19. Jahrhunderts. Sein „Flötenkonzert Friedrichs des Großen in Sanssouci“ ist eine Ikone der Malerei, die wohl die meisten
Deutschen zumindest in ihren Schulbüchern schon einmal gesehen haben. Das Gemälde „Ruhender Mann“, 1850 geschaffen, zeigt wahrscheinlich Ludwig van Beethoven, den Menzel ganz ähnlich inszeniert, wie einst Tischbein den ruhenden Goethe in der Campagna malte. Menzels „Ruhender Mann“ steht typisch für seine Zeit und unterstreicht die herausragende Bedeutung des Künstlers. Noch in seinem Todesjahr 1905 ehrte ihn die Nationalgalerie in Berlin mit einer großen Retrospektive. 1906 hat die Nationalgalerie das Bild über den Kunsthandel Fritz Gurlitt erworben.
Im Bestand der Nationalgalerie blieb das Werk bis zum Zweiten Weltkrieg. 1945 befand es sich noch als Dauerleihgabe im Museum für Bildende Künste in Breslau, danach verliert sich zunächst seine Spur. Die Wirren der Nachkriegszeit eröffneten immer wieder Möglichkeiten, Güter unrechtmäßig an sich zu bringen. In Breslau gab die Situation etwa sowjetischen Soldaten solche Gelegenheit.
Nach dem Krieg kaufte ein Sammler im Kunsthandel in Helsinki ein Bild eines ruhenden Mannes – dass es sich bei dem Werk, das ihn so faszinierte, um ein Gemälde aus der Alten Nationalgalerie in Berlin handelte, konnten der Käufer nicht wissen.
Vor 20 Jahren wurde das Bild dem Kunsthaus Lempertz vom Sohn des damaligen Käufers zur Versteigerung angeboten. Das Menzel-Archiv in Berlin konnte die Echtheit noch nicht bestätigen. Erst Lempertz gelang es später, das Gemälde anhand eines Kataloges der Nationalgalerie identifizieren und damit als authentisches Werk Adolph Menzels aus dem Museum zu belegen. Der Vater des Einlieferers hatte es in den Fünfzigerjahren gutgläubig erworben. Lempertz wollte das Bild nicht versteigern. Prof. Henrik Hanstein, Leiter des Auktionshauses, entschloss sich, das Bild selbst zu erwerben.
Zu seinem 225. Jubiläum hat das älteste Auktionshaus in Familienbesitz jetzt das Gemälde der Alten Nationalgalerie zum Geschenk gemacht. Die Schenkung wurde vermittelnd unterstützt durch den Verein Freunde der Nationalgalerie sowie Kunstmäzen und Rechtsanwalt Peter Raue. Gegenwärtig wird das Bild in der Alten Nationalgalerie restauriert. Im Herbst wird es der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Kunsthaus Lempertz bringt damit die lange Odyssee des „Ruhenden Mannes“ zu einem guten Abschluss. |