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In unserer Ausstellung Herbst 2023 zeigen wir hochkarätige Gemälde, Aquarelle und Plastiken aus dem 20. und 21. Jahrhundert. Vertreten sind Otto Modersohn und Fritz Overbeck als Landschaftsmaler der Worpsweder Künstlerkolonie, die Expressionisten der Brücke – Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff – mit farbenprächtigen Werken, Lyonel Feininger mit einem zartfarbigen Aquarell aus seinem Spätwerk sowie der Wahlsylter Siegward Sprotte mit abstrahierten Meeresansichten und einem üppigen Blumenstillleben. Rupprecht Geiger, Karl Otto Götz, Heinz Mack, Bernard Schultze, Heinrich Siepmann und Fred Thieler ergänzen die Auswahl mit herausragenden Arbeiten auf Leinwand und Papier in ungegenständlicher Formensprache. Darüber hinaus sind Plastiken von Ernst Barlach, dem bedeutendsten expressionstischen Bildhauer der Vorkriegszeit, sowie spektakuläre, mithilfe einer Vakuumpumpe entstandene Implosionen von Ewerdt Hilgemann vertreten.
Die flächenhaft arrangierten Blumenstillleben der 1920er Jahre gehören zu den Höhepunkten in Erich Heckels Œuvre. Hier hat er sich die ersten Frühlingsboten ins Atelier geholt: In strahlendem Gelb präsentiert er uns einen Strauß Narzissen in voller Blüte vor einem leuchtend blauen Hintergrund mit schwungvollem gelbem Streifen. Spielt der Künstler möglicherweise auf die Sonnenstrahlen am wolkenlosen Himmel eines klaren Frühlingstages an?
Ein farbiger Akkord von zartem Rosé, leuchtendem Pink, hellem Rot und kühlen Blautönen, kontrastiert durch ein glühendes Dunkelrot, bestimmt diesen ausdrucksvollen Mädchenkopf von Ernst Ludwig Kirchner. Die außergewöhnliche Farbigkeit und die flächenbetonte Darstellungsweise sind typisch für die innovative Schaffenskraft im Schweizer Spätwerk des Expressionisten. „Meine Bilder sind Gleichnisse, nicht Abbildungen“, erklärte der Künstler 1925 in seinem Davoser Tagebuch.
Feine Tuschfederstriche vereinen sich mit der Duftigkeit zarter Aquarelltöne zu einer ebenso ephemeren wie ausdrucksstarken Komposition. Man spürt förmlich den heraufziehenden Morgen über der Großstadt, die – noch still und unberührt – das Leben des neuen Tages erwartet. Das Blatt entstand 1952 und beweist, dass Lyonel Feininger auch in seinem amerikanischen Spätwerk nichts von seiner kreativen Energie eingebüßt hatte. |