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Die Vorbesichtigungen zur Frühjahrsofferte bei NEUMEISTER waren sehr gut besucht und die Auktion überraschte durch zahlreiche unerwartete Ergebnisse. Der Saal war fast vollständig besetzt und das Segment der Altmeistergemälde schnitt sehr gut ab.
Gemälde und Graphik 15. bis 20.Jahrhundert
Als Toplos erwies sich das Kinderporträt eines flämischen Künstlers aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (LOT 176, Schätzpreis € 3.000-3.500). Die reizende, sechs Monate alte „Cornelia“ hat zweifellos nicht nur emotional entzückt. Das Bildnis wurde in einem alten Auktionskatalog (Ausriss auf der Rückseite des Rahmens) dem Maler Cornelis de Vos zugeschrieben und soll dessen Tochter darstellen. In einem mehrere Minuten dauernden Gefecht setzte sich am Telefon ein Sammler aus Belgien mit € 123.500 gegen einen Bieter aus London durch.
Auch an dem Porträt der als Tochter von Maria Theresia und Kaiser Franz in Wien geborenen Erzherzogin Marie Antoinette von Johann Michael Millitz (LOT 196, Schätzpreis € 4.000-6.000) bestand großes Interesse. Nicht etwa ein französischer, sondern ein süddeutscher Bieter verliebte sich in die bildschöne Dauphine von Frankreich und ersteigerte das Gemälde für € 52.000. Ihren Schätzpreis verdoppeln konnten die beiden um 1615 in Nürnberg entstandenen Bildnisse des Johann Wilhelm Kreß von Kressenstein und seiner Frau Susanna (LOT 166, Schätzpreis € 8.000-12.000), die vermutlich anlässlich der Hochzeit des Paares in Auftrag gegeben wurden. Eine Dame im Saal übertrumpfte einen Unterbieter am Telefon und zeigte sich hocherfreut über ihren Fang, den sie sich € 16.900 kosten ließ. Schon im Vorfeld der Auktion erregte die Andrea Vaccaro zugeschriebene „Hl. Magdalena“ (LOT 175, Schätzpreis € 8.000-12.000) die Begehrlichkeiten einiger Sammler. Der Künstler zählte im 17. Jahrhundert zu den erfolgreichsten Malern in Neapel, seine bis heute andauernde Wertschätzung belegt das Ergebnis von € 45.500.
Ein altes handgeschriebenes Etikett auf der Rückseite schreibt die Ölstudie „On the Medway“ (LOT 211, Schätzpreis € 1.000-1.200) John Constable zu. Im Austausch mit Experten in Großbritannien ließ sich die Zuweisung zwar nicht bestätigen, doch vielleicht hat die Notiz trotzdem einige Fans des Künstlers, die online und telefonisch um das Bild rangen, überzeugt. Für € 59.800 geht die schöne Seelandschaft nun nach London. Erstaunliche € 13.000 erzielte das „Früchtestillleben“ (LOT 276, Schätzpreis € 800-1.000) von Théodule-Augustin Ribot, das einen aufgeklappten Weidekorb mit Trauben, Birnen und Äpfeln zeigt. Der in der Normandie geborene Künstler setzte seine Stillleben und Genreszenen durch raffinierte Lichteffekte vor dunklem Hintergrund in Szene.
Der Sammler Karl Wormser (1911–1994), der eine Teppichgalerie in Nürnberg besaß, trug mit ausgeprägtem Blick für künstlerische Qualität eine Privatsammlung von Gemälden des 19. und 20. Jahrhunderts zusammen. 17 herausragende Stücke dieser Kollektion kamen jetzt zum Aufruf und wurden bis auf drei mit sehr guten Ergebnissen verkauft, die teilweise deutlich über den Taxen lagen. Allen voran die € 15.000-18.000 geschätzte Arbeit von Alfred von Wierusz-Kowalski, dessen realistische Wiedergabe von Pferden von Sammlern besonders geschätzt wird. Obwohl er sich bereits im Alter von 27 Jahren in München niederließ, blieben fast ausschließlich Motive seiner polnischen Heimat die Themen seiner Gemälde. So auch seine begehrte „Schlittenfahrt“ (LOT 284), die nun für € 49.400 in ihre Heimat zurückkehrt. Das ebenfalls aus der Sammlung Wormser stammende „Hirtenpaar mit Rindern am Seeufer“ von Johann Friedrich Voltz (LOT 287, Schätzpreis € 5.000-6.000) brachte einen Erlös von € 10.400.
Moderne und Contemporary Art
Bei der Offerte Moderne und Contemporary Art spielten die Arbeiten von Fritz Koenig die Hauptrolle. Das aus dem Besitz verschiedener Einlieferer stammende Konvolut wurde vollständig versteigert, teilweise für ein Vielfaches der Taxen. Heiß umkämpft war die „Pietà“ aus dem Jahr 1962 (LOT 434, Schätzpreis € 5.000-7.000). Fünf Telefonbieter trieben den Preis auf € 94.900. Das „Votiv“ (LOT 435, Schätzpreis € 5.000-7.000) ließ sich ein Fan des Künstlers € 41.600 kosten und sicherte sich kurz darauf auch das „Doppelkreuz“ (LOT 445, Schätzpreis € 6.000-8.000) für € 48.100. Die Papierarbeiten von Fritz Koenig (LOT 437, 439, 440 und 441, Schätzpreise € 300-1.500) konnten ihre Taxe jeweils mindestens verdreifachen und brachten € 1.820, € 3.900, € 4.290 und € 1.950.
Faszinierende Texturen und Muster zeichnen die graphischen Blätter von Antoni Tàpies aus, dessen Werken die Verwendung unkonventioneller Materialien eine organische Qualität verleiht. Sehr gefragt waren seine beiden Radierungen „Espiral blanca“ von 1991 (LOT 465, Schätzpreis € 800-1.200) und „Informal“ aus dem Jahr 1987 (LOT 466, Schätzpreis € 1.200-1.500) für die € 2.210 und € 2.340 bewilligt wurden. Zwei herrliche von der Galerie Lelong in Zürich herausgegebene Aquatinta-Radierungen von Eduardo Chillida erwarb ein spanischer Sammler. Für das Blatt „Zabaldu“ (LOT 475, Schätzpreis € 2.000-3.000) musste er € 5.850 und für „Batz“ (LOT 474, Schätzpreis € 2.000-3.000) € 3.640 zahlen.
In den Bereich Contemporary Art fällt der großformatige „Upholstered Fan“, ein in kräftigen, kontrastierenden Farben aus Acryl- und Stoff collagierter Fächer der Pionierin der feministischen Kunst der 1970er Jahre, Miriam Schapiro (Lot 450, Schätzpreis € 40.000 – 45.000). Für € 62.400 sicherte sich ein ausländischer Sammler den „Fan“ der US-Amerikanerin, deren Werke sich in den großen internationalen Museen finden. „Converging Territories“ (Lot 476, Schätzpreis € 7.000-9.000) ist der Titel einer Arbeit der Fotografin und Malerin Lalla Essaydi, die aus ihrer Perspektive als Marokkanerin und Muslima die komplexe Realität der arabisch-weiblichen Identität thematisiert. Das großformatige Foto verdreifachte seine Taxe auf € 20.800.
Vintage Fashion
Ein Bieter im Saal, der extra zur Auktion der Vintage Fashion gekommen war, entpuppte sich als Vertreter eines deutschen Museums. Er erhielt den Zuschlag für ein farbenfrohes „Mantelkleid“ aus dem Hause Emilio Pucci (LOT 519, Schätzpreis € 1.200-1.500, Ergebnis € 1.300) und für einen ausgefallenen „Blouson mit Kapuze“ von Courrèges (LOT 528, Schätzpreis € 400-600, Ergebnis € 520). Zusätzlich konnte er als wichtige Dokumente zur Modegeschichte die „ESCADA Jahrbücher“ zu den Kollektionen 1978-2001 (LOT 511, Schätzpreis € 1.500-2.000) erwerben, die mit einem museumsfreundlichen Ergebnis von € 1.300 unterhalb der Taxe blieben.
Kunsthandwerk und Antiquitäten
Das Highlight des Angebots an Skulpturen war eine nur 13,5 cm hohe „Thronende Madonna“ aus Elfenbein (LOT 45, Schätzpreis € 1.800-2.000), die in Frankreich entstand. Innig wendet sich die Mutter dem auf ihren Knien stehenden Kind zu, um ihm die Brust zu geben. Online und an den Telefonen bemühten sich mehrere Interessenten um das reizvolle Stück, das für € 16.900 in den Besitz eines niederländischen Händlers gelangte.
Ungebrochen ist nach wie vor die Begeisterung für figürliche Keramik, insbesondere die dekorativen Nymphenburger Papageien lassen die Herzen vieler Sammler höher schlagen. Jeder der drei großformatigen Vögel nach Entwürfen von Josef Wackerle war auf € 6.000 – 8.000 geschätzt. Der „Ara“ (LOT 17) und der kecke „Haubenkakadu mit Kirschzweig im Schnabel“ (LOT 18) brachten jeweils ein Resultat von € 16.900, ein weiterer „Haubenkakadu einer auf einem umgeworfenem Früchtekorb“ (LOT 16) € 15.600. Für die komplette Serie von 16 „Figuren der Commedia dell’Arte“ nach Modell von Franz Anton Bustelli (LOT 6, Schätzpreis € 12.000-14.000) wurden € 23.400 fällig.
Eine Überraschung war die Begeisterung für zwei Trinkgläser, die im 18. Jahrhundert möglicherweise in der Glashütte Emde entstanden. Für den heftig umworbenen „Pokal mit Goldrand, Mattschnittdekor und Sinnspruch“ (LOT 38, Schätzpreis € 1.000-1.200) zahlte ein Bieter am Telefon € 12.350, für den mit figürlichen Darstellungen im Mattschnittdekor versehenen „Jahreszeiten-Pokal“ (LOT 39, Schätzpreis € 1.000-1.200) wurden € 9.100 ausgegeben.
Schmuck
Beim Schmuck standen historische Stücke im Mittelpunkt des Interesses. Ein um 1870-1880 von einem deutschen Goldschmied gefertigtes „Collier mit Diamanten und Email“ (LOT 103, Schätzpreis € 2.000-2.500) wurde für € 13.000 an einen Händler für alten Schmuck in Florenz verkauft. Derselbe Bieter genehmigte für das „Goldcollier mit Muschelkameen“ aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts (LOT 102, Schätzpreis € 2.000-3.000) € 6.500. Das „Collier mit roten Granaten, Perlen und Email“ (LOT 78, Schätzpreis € 2.500-3.500) wurde wohl in einer österreichischen oder in einer Prager Werkstatt um 1600-1610 zusammengestellt, es erzielte € 5.200. Um „Sieben antike Ohrringe“ (LOT 76, Schätzpreis € 2.200-3.200) bemühte man sich sowohl telefonisch als auch online. Ein Bieter am Telefon ergatterte den aus dem 2. oder 3. Jahrhundert n. Chr. Stammenden Schmuck für € 4.290. Bei den Uhren machte eine aus den 1970er-1980er Jahren stammende „Damenarmbanduhr mit Brillanten und Saphiren“ von Piaget (LOT 141, Schätzpreis € 3.700-4.700) das Rennen. Sie konnte ihre Taxe mehr als verdoppeln und erreichte einen Preis von € 9.100. |