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Moderne und Contemporary Art
Besondere Highlights bietet die Sommer-Auktion im Bereich der Malerei der Moderne. Allen voran der „Bacchantenzug“ von Lovis Corinth (Lot 301, Schätzpreis € 150.000 – 200.000) aus dem Jahr 1896. Wie ein Panorama präsentiert das ungewöhnliche Querformat eine Reihe von Bacchanten und Mänaden, von denen zwei den in die Jahre gekommen und offensichtlich angetrunkenen Bacchus stützen. Anders als im 17. Jahrhundert zielt die Darstellung nicht darauf, in moralisierender Absicht vor übermäßigem Weingenuss und Ausschweifung zu warnen, sondern vermittelt einen spöttischen Blick auf die antike Götterwelt.
Lyonel Feiningers mit „Ober-Grunstedt I“ bezeichnete Aquarell (Lot 308, Schätzpreis € 35.000 – 55.000) entstand 1920 im Weimarer Land, das ihn faszinierte, seit er hier 1906 erstmals seine spätere Frau Julia Berg besucht hatte. Beispielhaft zeigt die Arbeit Feiningers Auseinandersetzung mit Dörflichkeit und Urbanität im Kontext zunehmender Industrialisierung und Verstädterung.
Unter den deutschen Künstlern, die in den 1930er-Jahren die Toskana als Exil wählten, war Hans Purrmann wohl der bekannteste und erfolgreichste. Von 1935 bis 1943 leitete er das Künstlerhaus Villa Romana in Florenz. Die Landschaft der Toskana inspirierte ihn zu mehreren Arbeiten, darunter auch den „Blick auf die Villa Bitthäuser“ (Lot 317, Schätzpreis € 60.000 – 80.000), der in herrlichen Grünschattierungen den charakteristischen, transparent erscheinenden Farbauftrag aufweist, den sich Purrmann in Italien aneignete.
Kurz nach ihrer Rückkehr aus Skandinavien wurde Gabriele Münter 1920 in der Münchner Galerie Thannhauser mit einer Retrospektive ihres Werks gewürdigt. Inspiration für neue Bilder fand sie bald in der vertrauten Umgebung von Murnau, unter anderem in einem Garten mit Akazien. Das Motiv griff sie mehrfach auf, die Arbeit „Vom Mai“ (Lot 310, Schätzpreis € 80.000 – 120.000) zeigt den Garten in frühlingshaftem Grün, das in reizvollem Kontrast zu den knorrigen, braunen Akazien steht, die noch nicht ausgetrieben haben.
Gustav Klimts „Fakultätsbilder“ für den Großen Festsaal der Wiener Universität haben wegen ihrer ungeschönten Darstellung von Leben, Krankheit und Tod hitzige Diskussionen entfacht. Der Künstler zog die skandalumwitterten Auftragswerke zurück, 1945 verbrannten sie im Kunstdepot Schloss Immendorf. Eine Vorstudie zur „Allegorie der Medizin“ (Lot 300, Schätzpreis € 30.000 – 50.000) steht nun zum Verkauf: ein wertvolles Zeugnis der zerstörten Bilderserie und zugleich ein wichtiges Dokument der Arbeitsweise des Künstlers.
Schon frühe Holzschnitte von Karl Schmidt-Rottluff bezeugen seine tiefe Sympathie für Katzen, von deren Wesen er fasziniert war. In der aquarellierten Tuschzeichnung „Drei Katzen“ (Lot 307, Schätzpreis € 25.000 – 30.000) hat er virtuos mit wenigen Pinselstrichen und Lavierungen drei faule Stubentiger ins Bild gesetzt, die es sich bequem gemacht haben. Eine vergleichbare Zeichnung von 1909 befindet sich in der Kunsthalle Hamburg. Ob Schmidt-Rottluff auch eine Leidenschaft für das Pilzesammeln hegte ist nicht bekannt. Sein ebenfalls in Aquarell mit Tusche ausgeführtes „Stillleben mit Pilzen“ (Lot 315, Schätzpreis € 18.000 – 20.000) zeigt die frische und noch ungeputzte Ausbeute eines Waldspaziergangs.
Hélène de Beauvoirs ambitionierte künstlerische Laufbahn und der Kampf um Anerkennung wurden geprägt von intellektuellen Auseinandersetzungen mit ihrer Schwester, der Philosophin und Feministin Simone de Beauvoir, sowie mit Jean-Paul Sartre. Nun kommen vier ihrer wunderbaren Acryl-Gemälde zum Aufruf: „Nus“, „Akt mit Pferd“ (Lot 323 und 324, Schätzpreis jeweils € 5.000 – 7.000), „L’oiseau et le chapeau à plumes” (Lot 325, Schätzpreis € 7.000 – 9.000) und „Une bergère gardait ses moutons“ (Lot 326, Schätzpreis € 12.000 – 15.000).
Zwei herausragende Arbeiten aus dem Bereich Contemporary Art ergänzen das Portfolio der Auktion: Alf Lechners „Verschließung V.“ (Lot 331, Schätzpreis € 18.000 – 20.000) gehört zu einer Serie von sechs Stahlskulpturen. Die Reihe ist charakterisiert durch rechteckige Körper und Kuben, die präzise kalkuliert geteilt und anschließend wieder zusammengeschweißt werden. Die deutlich sichtbaren Schnitte sind als „Wunden“ für den Betrachter nachvollziehbar. Die Skulptur „Drehung“ von Thomas Röthel (Lot 332, Schätzpreis € 4.000 – 5.000) illustriert eindrucksvoll die Fähigkeit des Bildhauers, Stahl – ein scheinbar unflexibles Material – in eine fließende dynamische Form zu verwandeln.
Aus der Sammlung Figdor
Zu den Höhepunkten der kommenden Versteigerung bei NEUMEISTER zählen 21 Kunstwerke aus der legendären Sammlung von Dr. Albert Figdor. Zwischen 1869 und 1927 hatte der Wiener Bankier mit Hilfe eines ererbten Vermögens eine der größten und bedeutendsten Privatsammlungen seiner Zeit aufgebaut. Sie umfasste mehrere tausend Objekte: Gemälde, Skulpturen, Tapisserien, Möbel und eine breite Palette an Kunsthandwerk. 1930 wurde ein Großteil der Kollektion bei aufsehenden Auktionen in Wien und Berlin versteigert. Darunter auch die 21 einzigartigen Kunstwerke, die von Verwandten des Sammlers erworben wurden, und sich seit 1930 kontinuierlich im Besitz der Familie befanden.
Zu den reizvollsten Stücken ist die um 1480/90 in Utrecht aus Eichenholz geschnitzte Figur einer „Madonna mit Nähkorb“ (Lot 115, Schätzpreis € 8.000 – 12.000) zu rechnen. Das originelle Bildwerk zeigt Maria sitzend an einen mit Maßwerk ornamentierten und einem dicken Kissen versehen Stuhl gelehnt, dessen Armlehnen mit Löwen besetzt sind. Liebevoll schaut sie auf das Kind in ihren Armen. In einem Weidenkorb mit Nähzeug, der zu Füßen des Stuhls auf dem Boden steht, erkennt man Bänder und eine Schere.
In die Kategorie Möbel fallen ein um 1457 in der Bodenseeregion entstandener „Sakristeischrank“ (Lot 119, Schätzpreis € 20.000 – 30.000) und eine aus dem Veneto stammende „Kleine Truhe“ aus dem 15. Jahrhundert (Lot 120, Schätzpreis € 10.000 – 12.000). Ihre aufwendig gearbeitete, auf einer Balusterreihe ruhende Front ist mit einer in Flachschnitt ausgeführten Verkündigungsszene verziert. Vergleichbare Stücke finden sich in der Eremitage St. Petersburg und im Victoria and Albert Museum in London.
Ebenfalls aus der Sammlung Figdor werden sieben Gemälde zum Aufruf kommen, darunter eine Holztafel mit der Darstellung der „Übergabe einer befestigten Stadt (Verona?) an Kaiser Maximilian I.“ eines österreichischen Künstlers (Lot 127, Schätzpreis € 15.000 – 20.000). In der Mitte des Bildes ist hoch zu Ross der von seinem Gefolge begleitete Kaiser zu sehen, dem die Stadtschlüssel und das Schwert überreicht werden. Die Unterwerfung der oberitalienischen Städte, die unter venezianischer Herrschaft standen, hatte für die Politik Maximilians I. große Bedeutung.
Das ungewöhnliche Format von 34,5 × 188 cm kennzeichnet die wohl als Predella für ein Retabel gemalte „Die Heilige Sippe“ (Lot 126, Schätzpreis € 25.000 – 30.000) von Jan Polack und seiner Werkstatt, die durch die Individualität der Gesichter, die sprechende Gestik sowie den Reichtum an Kleidungstypen und an phantastischen Kopfbedeckungen beeindruckt. Dem Künstler gelang es, in der wirtschaftlichen Blütezeit der Stadt München um 1500 fast alle großen Aufträge an sich zu ziehen. Für die Wittelsbacher Herzöge schuf er Retabeln für die Schlosskapelle der Blutenburg, die Münchner Franziskanerkirche und die Peterskirche.
Graphik und Gemälde 16. bis 20. Jahrhundert
Die Juni-Offerte glänzt – abgesehen von der berühmten Privatsammlung – mit weiteren schönen Gemälden. Zu diesen zählt die Tafel „Flucht nach Ägypten“ (Lot 143, Schätzpreis € 25.000 – 30.000) von Battista Dossi. Zusammen mit seinem Bruder Dosso Dossi verbrachte er den größten Teil seines Lebens als Maler in Diensten der Herzöge von Ferrara.
Unter den zahlreichen angebotenen Porträts ist das um 1800 in Spanien gemalte „Bildnis eines Künstlers“ (Lot 174, Schätzpreis € 10.000 – 12.000) hervorzuheben. Es zeigt einen jungen Mann mit schwarzem Haar und goldenem Ohrring, der dem Betrachter eine Zeichnung und eine mit weiteren Kunstwerken auf Papier gefüllte Mappe präsentiert. Es handelt sich wohl nicht um ein Selbstbildnis, denn das jugendliche Alter des Dargestellten steht in Kontrast zur routinierten Malweise des Bildes.
Das 19. Jahrhundert ist in der Juni-Auktion wieder einmal mit herausragenden Gemälden präsent. Von Carl Spitzweg stammt das nur 20,6 × 13,6 cm kleine Werk „Die Frühstückslektüre“ (Lot 181, Schätzpreis € 50.000 – 60.000). In einem schattigen Garten steht der Morgenkaffe auf dem Tisch. Der Sessel ist leer, denn der in einen roten Mantel gekleidete Hausherr hat sich stehend in die Lektüre der Zeitung vertieft, die seine gesamte Aufmerksamkeit beansprucht. Doch das Gartenidyll trügt. Mit der Niederschlagung der Aufstände von 1848 und 1849 ging eine Einschränkung bürgerlicher Rechte einher. Es war ratsam, sich politisch nicht zu äußern und diskret über die Lage zu informieren. Der Rückzug in den privaten Raum ermöglichte jedoch ein kleines, stilles Glück.
Nach einer Ausbildung an der Münchner Akademie und einigen Jahren als Maler bei der Nymphenburger Porzellanmanufaktur schuf Franz Xaver Nachtmann dekorative Gemälde in Öl, wie das nun offerierte „Stillleben mit Früchten und Insekten“ von 1827 (Lot 176, Schätzpreis € 8.000 – 10.000). Der Reiz des Bildes liegt in der detailgetreuen Ausführung der geschickt arrangierten Früchte und der Insekten, die farblich so raffiniert integriert sind, dass der Betrachter sie erst auf den zweiten Blick erkennt.
Johann Adam Kleins Reisebilder sind von großer topographischer Genauigkeit, auch seine Volksszenen – wie der „Pferdemarkt“ (Lot 183, Schätzpreis € 12.000 – 15.000) – sind präzise erfasst. Klein, zu dessen Förderern u.a. der bayerische Kronprinz Ludwig (später König Ludwig I.) zählte, schildert liebevoll die etwas zwielichtig wirkenden Pferdehändler und deren Kunden, doch die Protagonisten des Gemäldes sind die eleganten, im Sonnenlicht glänzenden Pferde.
Kunsthandwerk, Antiquitäten und Design
Ein Leckerbissen für Porzellansammler dürfte das um 1760 in der Nymphenburger Porzellanmanufaktur hergestellte Cartel-Uhrgehäuse sein, das auf ein Modell von Franz Anton Bustelli zurückgeht. Die Taschenuhr-Rahmung wird von zwei Rocaille-Kartuschen gebildet, auf denen links ein Putto und rechts ein krähender Hahn sitzen (Lot 55, Schätzpreis € 13.000 – 15.000). Weitere Highlights unter den Porzellanen sind die beiden Ensembles des „Bayerischen Königsservices“ nach Modell von Dominikus Auliczek. 143 Teile umfasst das Speiseservice (Lot 56, Schätzpreis € 12.000 – 14.000) mit Tellern in allen Größen, Terrinen, Saucieren, Schüsseln, Platten und einem Kaviarkühler. Aus 160 Teilen besteht das Kaffee- und Teeservice (Lot 57, Schätzpreis € 13.000 – 15.000), zu dem neben diversen Tellern, Tassen und Kannen für verschiedene heiße Getränke auch Dosen, Konfektschalen und Tortenplatten zählen.
Von deutlichen Spuren seiner geschichtsträchtigen Vergangenheit ist ein äußerst interessanter Silberteller (Lot 62, Schätzpreis € 7.000 – 8000) gezeichnet. Er befand sich im Besitz von Kurfürst Maximilian I., der sich nach der Niederlage der kaiserlichen Truppen bei Zusmarshausen im Mai 1648 zur Flucht entschloss, und mit seiner Familie bei Wasserburg die kurfürstlichen Schiffe bestieg. Das sog. „Kuchen-Schiff“, rammte bei Mühldorf am Inn einen Brückenpfeiler und versank mitsamt dem kurfürstlichen Gebrauchssilber. Die umgehend eingeleiteten Bergungsversuche des kostbaren Tafelgeräts scheiterten, doch einzelne Teile wurden wiederaufgefunden, so auch der jetzt angebotene Teller.
Fast zu schön, um damit zu schießen, sind die beiden eleganten „Radschlosspuffer“, die 1685 wohl in der Werkstatt eines dänischen Büchsenmachers entstanden (Lot 92, Schätzpreis € 10.000 – 15.000). Die kostbaren Schusswaffen sind mit Ornamenten, Fabelwesen und Jagdszenen reich dekoriert.
Der nicht nur als Gestalter, sondern auch als Architekt bekannte Hans Bolek stand der Wiener Werkstätte stilistisch nahe. Die prächtige silbervergoldete Schmuck-Kassette (Lot 67, Schätzpreis € 12.000 – 15.000) wurde vermutlich als Unikat um 1910 nach seinen Entwurfszeichnungen von Oscar Dietrich ausgeführt.
In den Bereich Design fallen auch einige extravagante Stühle. In sommerlichem Gelb kommt Piero Fornasettis Sitzmöbel „Sole“ daher (Lot 84, Schätzpreis € 1.800 – 2.000). Aus den späten 1990er Jahren stammen Marc Brazier-Jones Entwurf „Lyra“ (Lot 81, Schätzpreis € 2.300 – 2.500) und der „Wingback Chair Pegasus“ (Lot 82, Schätzpreis € 2.500 – 2.800).
Online Only
Neu bei NEUMEISTER
27. Juni, 10 Uhr bis 8. Juli 2024, 19 Uhr
Ergänzend zum traditionellen Auktionsprogramm werden Online-Versteigerungen durchgeführt, die ausschließlich im Internet stattfinden. Das Angebot umfasst Gemälde aus dem 16. bis 21. Jh., Miniaturen, Kunsthandwerk, Design, Silber sowie modernen und historischen Schmuck. Mit attraktiven Startgeboten soll das Format insbesondere junge Sammler und Einsteiger ansprechen. |