Losnummer: 27
Der deutsche Impressionist Max Liebermann verbrachte die Sommermonate ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert zu Malaufenthalten in den Niederlanden. In Amsterdam, Laren und Noordwijk widmete er sich bevorzugt Motiven aus der Arbeitswelt. Er, der selbst aus äußerst wohlhabender Familie stammte, fand an der Darstellung unterschiedlicher Berufe und Tätigkeiten Interesse. Wäscherinnen bei der Bleiche, Weber, Markthändler, Reitknechte am Strand oder auch Jäger in den Dünen wurden von ihm festgehalten. So widmete er sich ebenfalls arbeitenden Tieren, die über attributive Zugehörigkeit als eigenständige Wesen wie hier Eingang in Liebermanns Oeuvre finden, der die Jagdhunde in einer Serie von Gemälden festhält (vgl. Wvz Eberle Nrn. 1913/25-1913/30). Ganz ohne menschliche Begleitung kommt dem Spaniel in unserem Werk eine prominente Rolle zu, ist der Hund doch prachtvoll lagernd, porträtiert – eine Bildgattung, die in der Regel dem Menschen vorbehalten ist. Tierbildnisse gelten seit jeher als Auszeichnung für besondere Leistung oder den Zuchterfolg und manifestieren den Stolz des Besitzers. Doch neben der Charakterisierung anatomischer Vorzüge sucht Liebermann in unserem Gemälde wie bei einem menschlichen Porträt die Eigenschaften seines Modells herauszustellen. Der Maler, selbst Dackelbesitzer - legendär Männe –, zeigt uns den Spaniel in entspannter und dennoch aufrechter Haltung, das weiche, wirbelige Fell in interessanter Färbung; passioniert bei der Jagd, freundlich und treu gegenüber seinem Herrn.
Die Provenienz adelt das wunderbare Hundeporträt überdies. So stammt es aus dem Besitz der bedeutenden deutschen Philosophin Eva Cassirer, deren Vater Alfred Cassirer großer Sammler von u.a. deutschen und französischen Impressionisten war. Diese Leidenschaft teilte er mit seinem Bruder, dem Berliner Kunsthändler Paul Cassirer. Auch besaß Paul Cassirer ein Ferienhaus in Noordwijk, und zusammen mit Max Liebermann begleiteten sie in dem Jahr einen Jäger in den Dünen und schauten sich seine Hunde im Zwinger an. Die im Zuge dieses Besuchs entstandenen Hundeporträts gelten vorwiegend als verschollen. Die große Szene „Jäger in den Dünen“ (Eberle 1913/34) wurde bereits 1914 vom Wiener Kunsthistorischen Museum bei Paul Cassirer erworben und befindet sich heute in der Österreichischen Galerie Belvedere.
Werkverzeichnis
Eberle 1913/28
Provenienz
Max Liebermann, Berlin; von Paul Cassirer am 27.2.1915 vom Künstler erworben; von Dr. Alfred Cassirer, Berlin, am 10.9.1915 von Vorgenanntem erworben; seitdem Familienbesitz, Dr. Eva Cassirer, Berlin/Spanien; Privatbesitz Spanien
Literaturhinweise
Harry David, Liebermann als Tiermaler, in: Vossische Zeitung, Nr. 106, 27.2.1914; Liebermann zum 150. Geburtstag. Rekonstruktion der Gedächtnisausstellung des Berliner Jüdischen Museums von 1936. Kalender 1998, ganzseitige Abb. August.
Ausstellung
Berlin 1936 (Jüdische Gemeinde), Max Liebermann, Nr. 39; Berlin 1981 (Neuer Berliner Kunstverein), Berliner Secession, Kat. Nr. 256 mit Abb.
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