Losnummer: 36
Mit dem Gemälde „Aus dem Grunewald“ kommt eine seltene frühe Parklandschaft von Max Liebermann zum Aufruf. Wie bei der 1902 entstandenen, bekannten „Papageienallee“ (Kunsthalle Bremen, Eberle 1902/27), einem der populärsten Bilder Liebermanns, bot ihm das Thema die Möglichkeit, sich mit der Darstellung spezieller Lichtphänomene zu beschäftigen und seiner persönlichen Spielart des französischen Impressionismus Ausdruck zu verleihen.
Mit einem Wohnsitz am Brandenburger Tor und damit unweit des waldreichen Tiergartens zeigte sich schon früh Liebermanns künstlerische Verbundenheit mit den Berliner Park- und Waldlandschaften. In zahlreichen Varianten malte er sommerlich gekleidete Männer und Frauen der gehobenen Berliner Gesellschaft, Kinder mit ihren Gouvernanten sowie Reiter und Pferdekutschen auf den Parkalleen. Allein an diesen Tiergarten- und Grunewaldbildern ließe sich die Entwicklung seiner stilistischen Mittel eindrücklich darstellen. Das signierte und 1912 datierte Gemälde „Aus dem Grunewald“ zeigt auf einer der Hauptalleen unter hohen Bäumen einen dunkel gewandeten Herrn mit Stock, zwei im Gespräch vertiefte Damen mit ausladenden Hüten und zwei sonntäglich gekleidete Kinder, die mit einem vorweg laufenden Dackel spielen. Im Unterschied zu den frühen Bildern dieser Themenreihe zeigen die Motive unseres Gemäldes schon wunderbar fließende Umrisse und eine in helle Licht- und Farbflecken aufgelöste Pinselfaktur. Kompositorisch ist es ein Beispiel für Liebermanns Passion für eine klare Perspektive und einen von Vertikalen bestimmten Bildraum.
Werkverzeichnis
Eberle 1912/34
Provenienz
Otto H. Claass, Königsberg i. Pr. (1914); Paul Cassirer, Berlin (1916); Galerie Thannhauser, München (ab 1916); Galerie Fischer, Luzern, Auktion 1.-5. Juni 1948, Lot 2385; Privatbesitz Stein am Rhein (1979); Privatsammlung Nordrhein-Westfalen
Literaturhinweise
Erich Hancke, Max Liebermann. Sein Leben und seine Werke, mit einem Werkkatalog der Gemälde und Pastelle bis 1913, Berlin 1914, S. 546
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