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Adrian Schiess - shiny; im Projektraum: Sabine Boehl - Anfang und Ende immerfort dasselbe

ADRIAN SCHIESS

Shiny

Adrian Schiess' "Flache Arbeiten", die er seit 1987 herstellt und seit einigen Jahren "Malerei" nennt, sind zu einem häufig missinterpretierten Markenzeichen geworden und wurden im Kunstdiskurs als Beitrag zu monochromer Malerei oder Konkreter Kunst kurzgeschlossen. Viel eher sind sie Fragmente seines umfassenden Projekts "Malerei", das sich "immer mit Bildern, inneren wie äußeren, Abbildung, Darstellung, Raum, Zeit, Ort, Platz, Befindlichkeiten, Oberflächen, Schein, Glanz, Wirklichkeiten" (Adrian Schiess) beschäftigt. Seine Malerei entwickelt er auf Holz, Papier, Aluminium, in Videos und Fotografien, im Ansatz auf jedwedem Bildträger in jedweder Technik. Seit 1995 arbeitet er intensiv an materialhaft verdichteten Bildern, um die sich zerstreuende Malerei der Platten auf kleinem Format an der Wand zu konzentrieren und explizit auf dem klassischen Bildträger zu zeigen. Diese Serie der "Couchers du soleil" (Sonnenuntergang) assoziiert ein traditionelles Sujet, ohne es zu zeigen; erforscht wird vielmehr dessen zeitliche Dimension, seine Vergänglichkeit und Schönheit. Die Bilder jüngsten Datums schließen an Arbeiten der frühen 80er Jahre an, bei deren Bildträgern Adrian Schiess Öffnungen ausgeschnitten hatte. Diese neue Bildserie mit dem absichtsvoll beladenen Titel "Vollmond" bzw. "Halbmond", deren Bildgegenstand durch Ausschneidung abwesend ist, spielt auf paradoxe Weise mit Licht und Raum. Aufgrund eines gewissen "Unbehagens im Rechteck" konstruiert Schiess das Format unregelmäßig, die Öffnungen in der Leinwand sind bewusst gesetzt und schaffen ein aktives Verhältnis zum Umraum. Den aktiven Dialog mit dem Betrachter fordert auch eine weitere neue Serie extrem querformatiger Bilder heraus - weitere Fragmente in Adrian Schiess' umfassender Recherche zur Wirklichkeit der Malerei und zur Realität visueller Erfahrung.

Mit der Ausstellung "Shiny" eröffnen wir auch unseren neuen, ebenerdig gassenseitigen LOGIN-Raum. Wir werden dort in Zukunft ortsspezifische Projekte unserer Künstler präsentieren und öffnen das Ausstellungsprogramm nach außen. Adrian Schiess zeigt im LOGIN Videos mit Farbverläufen und übereinandergestapelte "Fetzen".

Adrian Schiess' Auftritt bei der diesjährigen Art Unlimited in Basel, die gegenwärtige Beteiligung an der Ausstellung "Extreme Abstraction" in der Albright-Knox Gallery, Buffalo, und das internationale Interesse von Museumssammlungen an diesem Werk belegen die Anerkennung dieser außerordentlichen Position innerhalb der Malerei.

SABINE BOEHL

Zu den Bildern von Sabine Boehl

Die mit winzigen Glasperlen auf Leinwand applizierten Bilder der in Düsseldorf lebenden Künstlerin Sabine Boehl (geb. 1974 in Darmstadt) oszillieren zwischen Bild und Textur wie in einem antiken Mythos beschworene Stoffe. Die sinnlich verführerisch und zugleich streng reguliert wirkenden Arbeiten der ehemaligen Meisterschülerin von Gerhard Merz verdanken sich einem Rückbezug auf die kunsthistorische Tradition der Ornamentik und Musterbildung ebenso wie der Verarbeitung modernistischer Kompositionsprinzipien wie Raster, Serialität und All Over. Die Engführung von Ornament und Abstraktion, von Fülle und Reduktion mündet bei Boehl in die Vorstellung vom Bild als semiotischem System: "Im Sinne des Mosaiks werden die Perlen verstanden als einzelne Farbinformationen, farbige Zeichen, die als Module der Arbeit dienen", führt die Künstlerin aus.

In einer elaborierten Mischung aus Sprödigkeit und Luxus zitieren Boehls Perlen-Arbeiten die überkommene Pracht einer noblen Textilkultur. Sie streifen nur am Rande die oftmals zur Überfülle tendierenden verzierten Stoffe orientalischer Provenienz ebenso wie die sophistische Ästhetik aktuell modischer Trends von Ethno-Chic und Glamour. Boehls Unikate entstehen in zeitaufwändiger Handarbeit. Wichtig bei der Produktion ist, den Eindruck maschineller Akuratesse zu vermeiden. Vielmehr geht es um eine Dichte der Füllung, durch die das reliefhafte Erscheinungsbild der Arbeiten generiert wird. Erst die Abweichung von handarbeitlich-regelhafter Gleichmäßigkeit, erst der freie, nahezu malerisch kursorische Umgang mit dem Farbmaterial erzeugen den Effekt eines hybriden Artefakts zwischen Bild, Relief und textilem Objekt.

Farbe, Form und Bedeutung werden in den Arbeiten von Sabine Boehl zu einer Aussage über aktuell verbleibende Möglichkeiten von Abstraktion verdichtet, wobei unterschiedlichste historische Traditionsstränge berücksichtigt und in den kostbar wirkenden Tüchern zur Synthese gebracht werden. In die zeitgenössischen Stoffe ist mit den Perlen ein dichtes Geflecht von historischen Bezügen eingenäht, das bei der Recherche nach Vorläufern abstrakter Bildzeichen ein enorm weites Spektrum eröffnet. Es reicht von der antiken Dekorum-Theorie bis zur Semiotik, von kosmologischen Ordnungssystemen bis zur Ornamentgrammatologie des 19. Jahrhunderts, von Alois Riegls Stilfragen bis zu der an Wahrnehmungs- und Gestaltpsychologie orientierten Ornamenttheorie von Ernst H. Gombrich. Nicht zuletzt schließt Boehls prononciert vorgetragene Perlenstickerei an Strategien der Um- oder Aufwertung entlegener, folkloristisch, kunstgewerblich und geschlechtsspezifisch geprägter Techniken im Kontext der jüngeren Kunstgeschichte an.

In den neuesten Arbeiten greift Sabine Boehl auf Schmuckformen aus der arabisch-islamischen Kultur zurück. Wegen der gebotenen Vermeidung figurativer Darstellung handelt es sich bei den antiken islamischen Dekoren vielfach um Modifikationen antiker Ornamente wie Mäander, Akanthus oder Arabeske, die zu flächenfüllendem Rapport verarbeitet werden. Boehl nimmt den kunstvoll rhythmisierten Wechsel von Fließen und Innehalten der islamischen Dekore auf und formuliert daraus abstrakte Bilder. Der Transfer der antiken Ornamentik in die zeitgenössische Kunst vereint die forschende Sicht der tradierten Formkunde mit einem semiotischen Blick auf die Welt. Der durch das 18. und 19. Jahrhundert gefilterte Rückgriff auf die Antike leistet der Revitalisierung einer abstrakten Bildsprache jenseits von Formalismusdebatten und ideologischer Vereinnahmung Vorschub. Sabine Boehls Perlenarbeiten setzen an einer Neubewertung der Vormoderne an, in der "gegenständlich - abstrakt" kein Gegensatz gewesen ist und Handwerklichkeit kein Tabu.

Doris Krystof, Köln 2005

Künstlerbiographie(n) und Kunstwerke:
Adrian SchiessSabine Boehl

Quelle: © Galerie Nächst St. Stephan - Rosemarie Schwarzwälder - Wien

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