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40 Jahre Galerie Thomas
Der Galerist Raimund Thomas ist mit dem Anspruch angetreten, „möglichst schnell eine erstklassige Galerie zu etablieren“. Diese Zielvorgabe ging in Erfüllung, denn seine Galerie feiert in diesem Jahr ihr vierzigjähriges Jubiläum. Seit 10 Jahren führt er die Galerie gemeinsam mit seiner Tochter Silke Thomas.
Seit vierzig Jahren findet man die Galerie Thomas unter der gleichen Adresse auf der Maximilianstraße in München. Als Raimund Thomas dort 1964 seine erste Ausstellung eröffnet, spielt die Kunst der Moderne in der bayerischen Metropole eine unbedeutende Nebenrolle. Dennoch herrschen Aufbruchstimmung und ein Bedürfnis nach Vermittlung zeitgenössischer Kunst. „Ein Beginn mit Wachheit für alles Neue, für Vernissagen, die lebendig sind, für Themen, die in der Luft liegen, für Menschen, die unkonventionell denken“, beschreibt Raimund Thomas die Stimmungslage seiner Anfangszeit.
Schnell entwickelt er ein ambitioniertes, umfangreiches Programm, das Arbeiten von Yves Klein, Horst Antes und Gotthard Graubner, aber auch Schmuckkunst, Objekte von Joseph Beuys sowie Farbstiftzeichnungen von Friedrich Schröder-Sonnenstern umfasst. „Wer Orientierungshilfe erwartet hatte“, so Raimund Thomas, „verzweifelte. Überhaupt: Dogmatiker hat die Galerie nie an sich binden wollen.“ Das Programm dieser Jahre ist vielseitig und avantgardistisch. Thomas erweist sich als ein konzeptionell arbeitender Kunstvermittler, der ohne programmatische Vorgaben ein subjektives Gespür für neue künstlerische Strömungen entwickelt. Von Beginn an werden die Ausstellungen begleitet von Katalogen und kunsthistorisch überzeugenden Stimmen. Renommierte Kunstkritiker wie Will Grohmann und Albert Schulze-Vellinghausen, Rolf-Gunter Dienst und Günter Metken verfassen die ersten Katalogtexte und halten Eröffnungsreden.
Die späten 60er Jahre stehen im Zeichen der Pop-Art. Tom Wesselman zeigt seine ‚Nudes’, Lothar Günter Buchheim seine „Pi-pa-pop-Poster“ und Otmar Alt installiert einen Teich mit quakenden Enten. Schließlich kommt „das Skurrile, Phantastische, Surreale“ hinzu, darunter eine Ausstellung mit Hans Bellmer, die zur Befürchtung Anlaß gibt, der Staatsanwalt könne die Präsentation der Kunstwerke verbieten.
1967 gehört Raimund Thomas zu den Gründungsmitgliedern des Kölner Kunstmarktes. Insgesamt 18 Galerien aus ganz Deutschland hatten sich zusammengeschlossen, um erstmals in Deutschland ein zentrales Forum für den Handel mit zeitgenössischer Kunst zu etablieren. Raimund Thomas nennt diesen neuen Weg der Kunstvermittlung „eine ungewöhnliche Methode, mit Kunst umzugehen, eine Frechheit, ein Wagnis.“
Schon bald setzt der Galerist einen ersten, bis heute beibehaltenen Schwerpunkt, indem er sich auf Werke des deutschen Expressionismus und der klassischen Moderne konzentriert. Max Pechstein, Karl Schmidt-Rottluff, August Macke und Gabriele Münter, Ernst Heckel, Christian Rohlfs, Otto Müller und Ernst Ludwig Kirchner sind fortan untrennbar mit dem Programm der Galerie verbunden.
1978 kann Thomas eine Ausstellung mit hundert zuvor nie gezeigten Werken von Alexej Jawlensky präsentieren. Drei Jahre später zeigt er eine erlesene Kollektion von Werken Max Beckmanns und des deutschen Expressionismus aus der Zeit vor 1925.
Ein weiterer Meilenstein in der Galeriegeschichte ist der Erwerb bedeutender expressionistischer Werke aus der legendären „Sammlung Rheingarten“, die Thomas sich gegen die Konkurrenz einer Londoner Galerie und eines Schweizer Auktionshauses sichert. Mit Ausstellungsereignissen wie dem Zyklus „Die blauen Vier“, der nacheinander Klee, Kandinsky, Jawlensky und Feininger präsentiert, führt Thomas die Tradition seiner großen Vorgänger fort, der Galeristen Otto Stangl und Günter Franke.
Obwohl Thomas inzwischen zu den international führenden Galeristen für die Klassische Moderne gehört – neben den Expressionisten zeigt er Künstler wie Pablo Picasso und Max Beckmann, Alberto Giacometti, Eduardo Chillida und Fernando Botero – richtet er sein Interesse zugleich auf die Kunst der Avantgarde. Diese Anteilnahme an junger Kunst und neuen Bewegungen findet einen Höhepunkt in seinem Engagement für die ‚wilde‘ Malerei der 80er Jahre. Als er schon längst als Spezialist für Kirchner, Heckel und Nolde gilt, stellt er gleichzeitig die Berliner ‚Neuen Wilden‘ und die italienische ‚Transavanguardia‘ aus. So schlägt er eine Brücke von den renommierten Expressionisten des Jahrhundertbeginns zum avantgardistischen Expressionismus der Gegenwart.
Tatsächlich gehört Pioniergeist zu den charakteristischen Eigenschaften, die Raimund Thomas zeitlebens entwickelt hat. Bezeichnend dafür ist die Eröffnung seiner privaten Kunsthalle, des A 11 Artforum, in dem er jahrelang - auch als Kunstsammler - seine persönlichen Ausstellungsvisionen
verwirklicht. Das Projekt führt Thomas in eine neue Dimension von Galerietätigkeit. Auf mehreren Etagen zeigt er Querschnitte aus der ‚documenta 8’ und der Biennale, immer wieder junge Kunst, Joseph Beuys, aber auch Klassisches wie das gesamte lithographische Werk von Picasso. „Ich wollte mehr zeigen, Kontakte herstellen zwischen Künstlern, Objekten und Betrachtern“, so Thomas. Peter M. Bode nennt ihn damals den „Größten und Mutigsten“ und lobt seinen „Blick für die Highlights des Zeitgeistes“.
Noch lange bevor die traditionell konservative Münchner Kulturlandschaft mit der Pinakothek der Moderne eine große Aufwertung erfuhr, waren es Galeristen wie Raimund Thomas, die das Ansehen Münchens als Standort der modernen Kunst weitgehend geprägt haben. Dazu gehört auch sein kulturpolitisches Engagement für die Interessengemeinschaft der Galerien der Maximilianstraße. „Denn“, so Raimund Thomas, „es ist für einen einzelnen immer schwerer, etwas auszurichten und die Interessen der Galerien als Kultur- und Wirtschaftsträger den Gemeinden, Städten, Museen und anderen Einrichtungen gegenüber deutlich zu machen“.
Raimund und Silke Thomas haben im Frühjahr 2005 das vierzigjährige Bestehen ihrer Galerie mit einer Jubiläumsausstellung gefeiert und können auf nahezu 350 Ausstellungen in München sowie auf rund 200 Messeauftritte in Köln, München, Basel, Maastricht, Madrid, Paris sowie in New York, Chicago, Los Angeles, Miami und Palm Beach zurückblicken.
Gemeinsam wollen sie dafür sorgen, dass neben den bewährten Meistern der Moderne weiterhin auch die zeitgenössische Kunst ein Forum in der Galerie finden wird.
Die Galerie Thomas auf der Art Cologne
vom 27. Oktober - 1. November 2005
Auf der diesjährigen Art Cologne ist die Galerie Thomas mit einer grossen Auswahl an herausragenden Werken der Klassischen Moderne, des Deutschen Expressionismus, der Kunst nach 1945 und der zeitgenössischen Kunst vertreten. Zu den Spitzenwerken des Angebotes zählen u.a. Gemälde von Alexej Jawlensky, Fernand Léger, und Max Ernst, sowie Skulpturen von Joan Miró und Max Ernst und Zeichnungen von Pablo Picasso.
Alexej Jawlenskys Gemälde "Helene" entstanden um 1913, das seine Geliebte und die Mutter seines Sohnes Andreas (geb. 1902), Helene Nesnakomoff (1881-1965) zeigt, stammt aus einer für den Künstler entscheidenden Phase. Hatten in seinem Oeuvre bisher Landschaften, Stilleben und Porträt gleichwertig nebeneinander gestanden, so rückt nun das menschliche Gesicht in den Vordergrund seines Schaffens – die Thematik, die sein Werk fortan bestimmen sollte.
Monumental, farbgewaltig und sinnlich, sind die in dieser frühen Periode entstandenen “Köpfe” ein erster künstlerischer Höhepunkt im Schaffen des Malers. Im Mittelpunkt stehen bereits die gewaltigen Kontraste großer Farbflächen, welche die Ausdrucksfähigkeit der eigentlich naturbezogenen Bilder steigern.
Das Bild setzt also an einem Punkt ein, wo Jawlensky einen für einen konservativen Porträtbegriff hohen Abstraktionsgrad erreicht hat. Die Vereinfachung der Form in gegenständlicher Formelhaftigkeit von Kopf und Gesicht sowie das kraftvolle Austarieren der Dissonanzen teils komplementärer Farben haben sich zur eigentlichen Thematik des Bildes verselbständigt.
Fernand Léger malte das Bild "Composition aux deux papillons (La femme aux papillons)" 1943 in den USA, wo er von 1940 bis 1945 eine Professur an der Yale University innehatte und am Mills College lehrte. Amerika hat seine Arbeit kaum beeinflusst, er war bereits fast 60 Jahre alt und sein Stil so ausgereift, dass er keinerlei externer Stimuli mehr bedurfte. Auch der zu dieser Zeit in Europa tobende Zweite Weltkrieg hinterließ keine Spuren in seiner Malerei.
In den vielfigurigen Kompositionen seines Spätwerkes schildert Léger eine Welt, die von Lebenslust und Freude erfüllt ist. Der karge strenge Stil, der die Bilder der dreißiger Jahre prägte, in denen er die Technik und die Arbeitswelt darstellte, weicht einer Fröhlichkeit, deren Ausgelassenheit nur durch die wahrhaftige Anwendung der Mittel in Zaum gehalten wird.
Er verteilt großzügig Figuren mit wechselnden Objekten. Dabei belässt er es jedoch nicht bei einer wahllosen Darstellung, sondern erzählt etwas über sie. Es sind einfache, sofort erkennbare Geschichten, in einfachen Linien und klaren Farben dargestellt.
Das Bild von Max Ernst "Mishnongovi" entstand in 1948. 1946 heiratet Max Ernst die Malerin Dorothea Tanning und beide übersiedeln nach Sedona in Arizona. Aus dieser Zeit stammt das Tryptichon "Mishnongovi", das von Ernst so konzipiert wurde, dass es sämtliche wichtigen Elemente seines bisherigen Schaffens vereint. Links der Wald als Verweis auf das Männliche, rechts das "weibliche" Element, das die Reminiszenz an den surrealistischen Raum spüren lässt. Im Mittelteil steht dann die Synthese der linken und rechten Seite, deren Aufbau, Formensprache und Farbigkeit starke Assoziationen zur Kultur der Ureinwohner Arizonas - der Hopi-Indianer - trägt, wie auch der Titel "Mishnongovi" auf ihre Sprache verweist.
Die Skulptur von Joan Miró "Tête au croissant" von 1977 folgt dem Prinzip der Materialcollage, bei dem der vielseitige Künstler seit den 40er Jahren in weitgehend frei aus Ton modellierte Formen seine "objets trouvés", also etwa Blechdosen, Geräteschaften, Draht, Holzstücke etc. einmontierte. Schon im Gipsabdruck und erst recht im anschliessenden Bronzeguss verwischen sich die Grenzen zwischen realen und phantastischen Partien zugunsten eines einheitlichen Gesamteindrucks, der den Charakter als eigenständiges Kunstwerk unterstreicht.
Die Skulptur von Max Ernst "Deux Assistants" entstand 1967 und wurde noch während seiner Lebzeit 1976 gegossen. Mit seinen verschmitzten, wasserspeienden Phantasiegebilden zwischen Mensch und Frosch versucht der Künstler die sichtbare Welt zu überwinden und aus dem surrealen Bereich des Unbewussten neue, imaginäre Bilder zu schöpfen. Die Figur der "Deux assistants" ist die kleinere und verdoppelte Fassung des "Grand assistant". Max Ernst integrierte die wunderlichen, kleinen Wesen auch in seine beiden Brunnen-Ensembles von Amboise, 1968 und Brühl, 1971. Die Verdoppelung der Assistenten bezieht sich in Amboise auf die Widmung des Brunnens an Leonardo da Vinci, dessen Schriften seitenverkehrt geschrieben sind und nur mit einem Spiegel entziffert werden können.
Die Tuschezeichnung "Tête de femme" von Pablo Picasso aus dem Jahr 1923 entstammt einer Serie von Zeichnungen aus dem Skizzenbuch Nr. 067 von 1923, das in Cap d'Antibes an der Französischen Riviera entstanden ist. Diese Zeichnung ist ein Porträt von Sara Murphy, die Tochter eines sehr reichen amerikanischen Industriellen. Ihr Mann, Gerald, Sohn des Besitzers des berühmten Lederwarengeschäftes Mark Cross in New York, war ein aufstrebender Maler, dessen Werke in der Avantgarde Aufsehen erregten. Picasso hatte das Paar in Paris 1922 kennengelernt. Die beiden waren ein strahlendes Paar, das in den Cafés der Bohème genauso zu Hause war wie in den Salons der Oberschicht. Sie sind ein typisches Beispiel der "Lost Generation", sie kommen in den Memoiren von Ernest Hemingway vor und waren Vorbilder für Dick und Nicole Diver in F. Scott Fitzgeralds "Tender is the Night". Picasso war von der Schönheit Saras sofort angezogen, möglicherweise war er auch verliebt in sie. Den Sommer 1923 verbringen die Murphys in Cap d'Antibes. Auch Picasso reist dorthin, zusammen mit seiner Frau Olga, dem Sohn Paulo und seiner Mutter und er zeichnet Sara in der klassischen Manier griechischer Vasenmalerei.
Für weitere Presseauskünfte und Rückfragen:
GALERIE THOMAS
Giannina Spargnapani
Maximilianstraße 25 80539 München
Telefon 089/29 000 812 Fax 089 / 29 000 888
info@galerie-thomas.de - www.galerie-thomas.de
oder direkt auf der Messe
Halle 9.1 - Stand A 40/B41
Telefon +49-221/284 41 17 - Fax +49-221/284 58 42
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Abbildung:
Léger, Fernand
(Argentan 1881-1955 Gif-sur-Yvette)
"Composition aux deux papillons (La femme aux papillons)"
Öl auf Leinwand
1943
73 x 92 cm
signiert und datiert unten rechts
rückseitig signiert, datiert und betitelt
Bauquier 1119
Provenienz
Galerie Louis Carré, Paris
Saidenberg Gallery, New York
Sammlung Mrs. Joseph L. Block, Chicago
The Art Institute of Chicago (Inv. 20 C 1988.503)
Privatsammlung, Israel
Ausstellungen
Galerie Louis Carré, Paris 1946. F.Leger, Œuvres d'Amérique 1940-1945. Nr. 14
Stedelijk Museum, Amsterdam 1947. Alexander Calder Fernand Léger. Nr. 73
Kunsthalle, Bern 1947. Calder, Léger, Bodmer, Leuppi. Nr. 67
The Art Institute of Chicago; The San Francisco Museum of Art; The Museum of Modern Art, New York, 1953/54. Léger. Nr. 51, Farbabb. S. 63
Literatur
Cooper, Douglas. Fernand Léger et le nouvel espace. London/Paris, 1949. Farbabb. S. 137
Kuh, Katharine. Léger. The University of Illinois Press, 1953. Farbabb. S. 63
Descargues, Pierre. Fernand Léger. Paris 1955. Abb. S. 136
Messages de la Grèce. Le voyage en Gréce. Paris 1956. Spezialausgabe, Abb. S. 21
Bauquier, Georges. Fernand Léger Catalogue raisonné de l'oeuvre peint 1929-31.
Nr.1119 mit Farbabb.
Descargues, Pierre. Fernand Léger. Paris 1997. Abb. S. 140
Léger malte "Composition aux deux papillons (La femme aux papillons)" in den USA, wo er von 1940 bis 1945 eine Professur an der Yale University innehatte und am Mills College lehrte.
Amerika hat seine Arbeit kaum beeinflußt, er war bereits fast 60 Jahre alt und sein Stil so ausgereift, daß er keinerlei externer Stimuli mehr bedurfte. Auch der zu dieser Zeit in Europa tobende Zweite Weltkrieg hinterließ keine Spuren in seiner Malerei.
In den vielfigurigen Kompositionen seines Spätwerkes schildert Léger eine Welt, die von Lebenslust und Freude erfüllt ist. Der karge strenge Stil, der die Bilder der dreißiger Jahre prägte, in denen er die Technik und die Arbeitswelt darstellte, weicht einer Fröhlichkeit, deren Ausgelassenheit nur durch die wahrhaftige Anwendung der Mittel in Zaum gehalten wird.
Er verteilt großzügig Figuren mit wechselnden Objekten. Dabei beläßt er es jedoch nicht bei einer wahllosen Darstellung, sondern erzählt etwas über sie. Es sind einfache, sofort erkennbare Geschichten, in einfachen Linien und klaren Farben dargestellt.
Die Naivität der Bilder zeigt das Ergebnis eines lebenslangen Strebens nach Vereinfachung, eine Naivität, die vollkommene künstlerische Reife mit dem Geist monumentaler Kunst verbindet.
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