Losnummer: 38
Bei nur wenigen Künstlern nach Canaletto dürfte die Wiedergabe venezianischer Ansichten einen so breiten Raum im Œuvre eingenommen haben wie bei Friedrich Nerly. Im Gegenzug waren die Ansichten des deutschen Maler neben denen einiger, insbesondere englischer Maler wie Richard Parkes Bonington oder William Turner prägend für das Bild der Lagunenstadt im 19. Jahrhundert, dem Jahrhundert nach Canaletto und Bellotto. Wenn auch Nerly in der minutiösen Detailgenauigkeit an die Veduten Canalettos anknüpft, so überwiegt bei ihm doch die atmosphärische Wiedergabe eines pittoresken, idealisierten Venedig. Alltagsszenen und Figuren des zeitgenössischen Lebens finden sich in den gemalten Venedig-Ansichten Nerlys selten, durchaus häufig dagegen in seinen Zeichnungen, Aquarellen und vorbereitenden Studien.
In die Lagunenstadt gelangte Nerly, der in Erfurt als Christian Friedrich Nehrlich geboren wurde, auf der Rückreise eines mehrjährigen Aufenthalts in Rom. Im Alter von 21 Jahren war Nerly nach Rom gezogen und wollte 1835 eigentlich nach Deutschland zurückkehren. Nach einem längeren Aufenthalt in Mailand kam er schließlich 1837 besuchsweise nach Venedig – und blieb! Er zog in die Räumlichkeiten, in denen sich zwei Jahre zuvor sein Schweizer Malerkollege Lépold Robert erschossen hatte, der sich unglücklich in die Prinzessin Charlotte Bonaparte verliebt hatte. Nerly dagegen heiratete die Adoptivtochter eines venezianischen Adeligen, wodurch er Eingang in die venezianische Gesellschaft fand, und hat die Lagunenstadt mit Ausnahme kurzer Reisen bis zu seinem Lebensende 1878 nicht mehr verlassen.
Provenienz
Van Ham, Köln 21.4.2007, Lot 2203.
Literaturhinweise
Wolfram Morath-Vogel (Hsg.): Römische Tage - Venezanische Nächte. Friedrich Nerly zum 200. Geburtstag. 2008. S. 106 (Abb.), S. 209, Nr.31.
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