Losnummer: 8031
Leidenschaftlichkeit und psychologische Durchdringung ebenso wie das sensible Gespür für Farbe zeichnen Geigers Darstellung des Heiligen Sebastian aus. Er stellt den gemarterten, von Pfeilen durchdrungenen Heiligen mitten in eine enge Gasse, lässt schattenhafte Passanten erschreckt stehenbleiben angesichts der Erscheinung. Den römischen Märtyrer beschreibt die Legende aus dem 5. Jahrhundert, historisch nicht belegt, als Gardeoffizier, der wegen seines christlichen Glaubens auf Befehl des Kaisers Diokletian mit Pfeilen erschossen und als vermeintlich tot liegen gelassen wurde. Sebastian, in der Folge Schutzherr gegen Krieg, Hunger und Pest, steht bei Geiger mit qualvoll verzerrtem Körper am Marterpfahl, sein Inkarnat Grün und Rosa. Die weichen, locker in Schwarz gezeichneten Konturen und die irisierende Farbgebung verleihen der Szene eine gespenstisch moderne Wirkung.
Die expressive, frühe Arbeit Geigers entstand in seiner Berliner Zeit direkt vor oder nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Er hatte bereits beachtliche Erfolge als Künstler gefeiert, war mit Stipendien nach Spanien, Italien und Nordafrika gereist, hatte 1910 den Villa-Romana-Preis auf Vorschlag von Max Klinger erhalten und hatte bei Cassirer und Gurlitt ausgestellt. Begeistert war auch er freiwillig gleich zu Beginn in den Krieg gegen Frankreich gezogen, dort aber nach den ersten Schlachten schnell von der grausamen Realität ernüchtert. Zunehmend widmete er sich in dieser Zeit der Malerei, wobei sich sein zuvor zwischen Impressionismus und linearer Ornamentik wechselnder Stil nun bald in Richtung des Expressionismus entwickelte.
Provenienz: Ketterer München, Auktion 02.06.1986, Lot 365
Neumeister München, Auktion 23.05.2007, Lot 353
Wir bitten darum, Zustandsberichte zu den Losen zu erfragen, da der Erhaltungszustand nur in Ausnahmefällen im Katalog angegeben ist.
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