In ihrem Text zum Katalog der Stewens-Ragone-Ausstellung "Gönnt Euch was" in der IG Metall-Galerie Frankfurt schreibt Anne Frechen:
Stewens Ragone lässt die Puppen tanzen: Der kleine Tierfreund, das Ballettschweinchen, Vaters Goldstück, Bug’s Bunny, der Eisenhans, Dr. Schalke, der kleine Flankengott, der Wurstwilli, das Pfefferminzprinzenpaar, Botaniker, Sportler, Helden und immer mal wieder Häschen, Hasen, Teddybären, Eierköppe, Gartenzwerge, Zwillingspärchen oder dubiose Duos und konspirative Trios sind auf seinen Bildern zu sehen. Frontal, meistens auch zentral stehen sie prall im Format und scheinen zu rufen Ja! – die Vorstellung kann beginnen, wir wollen unseren Part übernehmen.
Ragone lässt seine Akteure einzeln auftreten, der Reihe nach. Bei ihm dürfen alle sein, wie sie sind. Aber bevor sie endgültig vors Publikum treten können, werden ihre Eigenschaften ausbalanciert auf der breiten Skala der Möglichkeiten, so dass sie immer genau einen Punkt treffen: sie sind selbstbewusst, aber nicht arrogant; witzig, aber nicht albern; böse, aber nicht gemein; ironisch, aber nicht sarkastisch; sympathisch, aber nicht schleimig; rührend, aber nicht gefühlsduselig; schlicht, aber nicht banal; mysteriös, aber nicht obskur.
Jede von Stewens Ragone gemalte Figur ist eine Hauptperson und spielt unabhängig von der Größe des sie tragenden Bildformates eine Hauptrolle. Jedes Bild ist ein Stück, und die Reihe der Bilder ergibt einen Kosmos von Geschichten, die in der uns umgebenden Alltags-, Waren-, Comic-, Sport-, Werbe- und Konsumwelt spielen – allerdings nicht mehr unter den dort üblichen eindimensionalen Vorzeichen und mit eindeutigen Absichten. Ragone betreibt keine Agitation zum Konsumglück, aber auch nicht zur Kritik daran. Er liefert weder Heilsversprechen noch Schwarzmalerei. Stattdessen konstatiert er Gegensätze, kontrastiert sie innerhalb der Bilder selbst und konterkariert sie durch die Bildtitel.
So sehr man auf Anhieb den Eindruck gewinnen kann, als sei Stewens Ragone wirklich ein Puppenspieler, so klar muss man aber sehen, dass er selbst eigentlich ein Spieler der Malerei ist. Seine Figuren agieren nämlich nicht in gemalten real möglichen Räumen oder Kulissen, sondern fast immer vor einem Hintergrund aus reiner Malerei, d. h. vor befreiter Farbe, vor fließender Farbe, vor gestisch aufgeladener Farbe, vor disharmonisch ineinander verstrickter Farbe oder vor Farbe als aus vielen Schichten aufgebautem Stoff. Stewens Ragone lässt die Malerei ihr Spiel mit ihm treiben, er beobachtet sie sogar dabei, aber sie bekommt nicht die ausschließliche Regie über ihn. Denn informelle Malerei allein birgt für Ragone neben den beschriebenen, für seine Bildgründe genutzten faszinierenden Eigenschaften auch einen „Akademismus der Beliebigkeit“.
Es ist nicht richtig, angesichts der Bilder von Stewens Ragone hierarchisch in Vorder- und Hintergrund zu unterscheiden, obwohl sich die Figuren ganz klar immer vordrängen. Sie scheinen im letzten Moment ins Bild zu springen, bevor es am Ende abstrakt, informell – also „leer“ – bleiben könnte. Im Atelier sind die Bilder aber oftmals lange ohne „Hauptperson“. Das sind die Phasen, wo die Malerei den Maler fest im Griff hat, ihn in Atem hält mit ihren Möglichkeiten, ihm vielleicht sogar diktieren will, wo’s langgeht. Sie fordert ihn zum Kampf, zum Träumen, verspricht Freude, will seine Niederlage oder gönnt ihm auch mal einen Triumph. Aber sich einfach nur ausliefern der Buntheit, der Viskosität, der Transparenz der Lasur – selbstvergessen, womöglich sogar selbstverliebt? Nein, das kommt für Stewens Ragone nicht in Frage. Ihm springt die Welt in Form seiner „Helden“ dazwischen. Denn er beobachtet die Menschen und spürt seinen eigenen Gefühlen und Erinnerungen nach. Er hört aber auch Nachrichten, surft im Internet, liest Zeitungen, empfängt Werbebotschaften – und er reagiert auf alles. Dann realisiert er neu. Dabei synchronisiert er Gegensätze, Widersprüche und Paradoxien mit Humor. Er bringt immer die zwei Seiten der Medaille auf eine Ebene und setzt sodann mit seinen Bildern eine neuartige Währung in Umlauf. Und die muss für bare Münze genommen werden.
Zurück zum zugegebenermaßen etwas unzeitgemäßen Vergleich mit dem Puppenspieler: Er hat nicht nur ein Repertoire an Geschichten und ein Ensemble von Spielfiguren, sondern in der Regel auch eine mobile Bühne, denn er tritt stationär auf, reist von Ort zu Ort. Wie man weiß, stellte der Maler Ragone bereits an vielen Orten in verschiedenen Ländern aus, aber er unterhält seit ein paar Jahren auch einen nomadisierenden Atelierbetrieb. Er zog mit seinen Utensilien von Köln nach Berlin, Worpswede, Kopenhagen, Pertolzhofen (Oberpfalz), Aschaffenburg und immer wieder nach Köln zurück. Bewegung ist angesagt. Und zwar nicht als zeitgeistiges Event-Hopping, sondern als existenzielle Notwendigkeit. Das fördert mentale Entwicklung, verändert den malerischen Prozess. Es lässt sich z. B. feststellen, dass Ragone immer seltener Autos malt und dass seine Bildgründe „beruhigter“ gemalt sind. Auch bringt er neuerdings Wörter in seine Bilder und versieht sie mit Titeln in Ichform. So steht in fetten, roten Großbuchstaben quer Wadenbeißer über dem Bild mit dem Titel Ich bin der Eisenhans, und der geflügelte Pitbullterrier auf goldener Säule darf im Titel sagen Ich bin Vaters Goldstück. Also Vorsicht, die Bilder von Stewens Ragone können sehr bissig werden!
Doch allein darum geht es ihm auch gar nicht. Stewens Ragone ist kein Karrikaturist, erst recht kein Moralist. Und er ist weder Pop-Maler noch Informeller; Art brut und Bad Painting, abstrakte Malerei interessieren ihn nicht als solche. Ihm ist klar, dass er sich wie alle Künstler heutzutage der Medien, künstlerischen Techniken und Kunstrichtungen bedienen kann. Aber er ist eben auch kein Eklektizist. Sven Drühl hat Stewens Ragone vollkommen treffend als klassischen Kunstmaler identifiziert. Und als solcher spiegelt er uns nicht gefällig und idealisierend den Geist unserer Zeit wider, sondern ehrlich und wahrhaftig. Ragone zeigt uns mit seinen Bildern, dass es möglich ist, Alltägliches zu lieben. Er ist ein poetischer Realist, d. h., er adelt den Alltag, denn er malt ihn mit Herz und Verstand.
Anne Frechen
Direktorin der Künstlerhäuser Worpswede
1995 „Steuerzahler & Ganoven“ Kunsthaus Lübeck
Forum für Kunst, 3M, Borken
1996 „Alle gegen die Mafia“ Landesvertretung Niedersachsen, Bonn (K)
„für Astrid Lindgren“ Galerie Open Art, Borken
„Wer hat Angst vor Fleischfarbe?“ Galerie Peters-Barenbrock, Braunschweig
1998 „Gut, daß wir drüber gesprochen haben“ Galerie Peters-Barenbrock, Berlin (mit M. Denkler)
„Wie im richtigen Leben“ Galerie Christa Schübbe, Mettmann
„Schnüffler & Aufpasser“ Galerie Edition Copenhagen
„Arbeiten auf Papier“ Danmarks Radios Kunstforening
„Jugend forscht“ HPC Deutschland GmbH, Unilever GmbH, Hamburg
1999 „Köln total verrückt“ Otto-Galerie, München (mit F. Burkhardt & M. Denkler)
„Arbeiten auf Papier“ Simcorps Kunstforening, Kunstforeningen U-Art-I hos PLS Consult,
Dansk Tipstjenestes Kunstforening, Rødovre Kommune,
„Stewens Ragone, Kunstmaler“ Filmpremiere & Ausstellung bei Scoop, Köln
„show it again...“ Neuer Kunstverein Aschaffenburg
„Am Besten nichts Neues“ Galerie Lutz Rohs, Düren
„DOPPELPOP“ Kunsthalle Koblenz (mit Peter Rössell)
2000 „Stolz, laut & funky“ Leopold Hoesch Museum, Düren (K)
„Spürnasen & Flugschweine“ Galerie im Tulla, Mannheim
„Grappa gut, alles gut“ Kunsthaus Lübeck
„trés“ Galerie Parterre, Kulturamt Prenzlauer Berg, Berlin (mit F. Burkhardt)
„Herz ist Trumpf“ Städtische Galerie Wesseling
2001 „Ab Morgen wird gespart“ Galerie Peters-Barenbrock, Berlin
Galerie Python, Kopenhagen (mit Bettina Kofmann)
2002 „DOPPELPOP“ Middelgrundsfortet, Kopenhagen (mit Michael Denkler) (K)
„Kölschakademie“ Galerie Lutz Rohs, Düren
„Unhaltbar“ Projekt Kunst und Unterhaltung, Worpswede
„DOPPELPOP“ Forum für Kunstdinger, Pertolzhofen
2003 „DOPPELPOP“ Skulpturenpark, Katzow (mit Michael Denkler) (K)
„DOPPELPOP“ SAS Radison, Kopenhagen (mit Michael Denkler) (K)
„DOPPELPOP“ Museum Langes Tannen, Uetersen (mit Michael Denkler) (K)
„DOPPELPOP“ Galerie Lutz Rohs, Düren (mit Michael Denkler) (K)
„Gönnt euch was“ Metallgalerie, Foyer der IG Metall, Frankfurt an Main (K)
2004 „Alles wird gut“ Galerie Tobias Schrade, Ulm
„Komm gut heim!“ Kunsthaus Mandelsloh
1991 Kirche St. Peter a.d. Sperr, Wiener Neustadt (K)
Salon Salder
1992 Galerie Christa Schübbe, Düsseldorf
1993 „Glorreich“ Galerie Lutz Rohs, Düren
„Ottomanie“ Otto-Galerie, München
SAGA-FIAC, Grand Palais, Paris, Art Multiple, Art Cologne
1994 “Confronti” Sala 1, Rom
Villa De Pisa, Olevano Romano (K)
Art Multiple, Art Cologne
1995 „Ortstermin“ Orangerie, Hannover (K)
Art Multiple, Art Cologne, Art Frankfurt
1996 „Tatort Köln“ Galerie Christa Schübbe, Düsseldorf
„Ortswechsel“ Neuer Kunstverein Aschaffenburg (K)
„Hommage an Willi Bleicher“ Otto-Galerie, München
„Nur die besten Stücke“ Galerie Ilka Klose, Würzburg
„Künstler der Otto-Galerie“ Kulturhaus Silvaplana, Schweiz
Art Cologne, Art Multiple, Kunstmesse Dresden
1997 „Nachrichten, Stories, Zeichen und Figuren“ Galerie im Schloß Porcia, Spittal, Österreich, Galerie Apex, Göttingen, Galerie Art und Be, München (K)
Arco, Madrid, Art Frankfurt, Art Cologne
1998 „Kunstszene Köln 98“ Kunsthalle Koblenz
„Künstlerholzpostkarten“ Sammlung Hussong, Korbmachermuseum Dalhausen, (K)
Siegerlandmuseum, Siegen (K)
„Heimspiel“ Museum Schloß Rheydt (K)
„Fußball, Kult und Kunst“ Axel Springer Verlag, Hamburg
„Nachrichten, Stories, Zeichen und Figuren“ Galerie Hammer & Herzer, Weiden (K)
„sweet“ 6. Kunstdingertage, Pertolzhofen
„Hommage an Carl Urwald“ Kunsthaus Lübeck
Arco, Madrid, Kunstmesse Dresden, Art Multiple, Art Cologne,
1999 „Mailand oder Madrid-Hauptsache Italien!“ Expressguthalle des Hauptbahnhofes Aschaffenburg
7. Kunstdingertage, Pertolzhofen
Arco, Madrid, Stockholm Art Fair, Art 30 Basel, Art Jonktion, Nice, Art Cologne
„Kunst im neuen Verwaltungsgebäude der Zürich Re“, Köln
„Intermezzo“ Galerie Ilka Klose, Würzburg
2000 „Kunstfussball – Fussballkunst“ Deutsches Sport- und Olympia-Museum, Köln (K)
„Sweet P.“ Oberpfälzer Künstlerhaus, Schwandorf (K)
Galerie Ilka Klose, Würzburg
„Livet er en Fest“ Galerie Python, Kopenhagen
Arco, Madrid, Art Frankfurt, Art Kunstmesse Herning, KunstKöln 2000
Kunstforeningen ved forbrugerstyrelsen, Noeragersnin de Centre ( Lithografien )
2001 „Düren - Santiago 93 – 97“ Leopold Hoesch Museum, Düren (K)
„Young German Artists” LA. Artcore, Los Angeles
Arco, Madrid, KunstKöln 2001,
„Künstlerholzpostkarten“ Sammlung Hussong, KUNST ARCHIV DARMSTADT, (K)
Universitätsbibliothek Kassel (K)
„loveable creatures“ Galerie Python, Kopenhagen
Galerie Lutz Rohs, Düren
„Junge Kunst für junge Sammler“ Galerie Tobias Schrade, Berlin
2002 „Intermezzo due” Galerie Ilka Klose, Würzburg
10 Jahre Galerie Peters-Barenbrock, Berlin
Galerie Ruländer, Worpswede
Galeri M, Bogense
„Köpfe“ Galerie Ewald Schrade, Schloß Mochental
Art Kunstmesse Herning, KunstKöln 2002,
2003 Galerie Ruländer, Worpswede
„Virus Rot“ Galerie Ilka Klose, Würzburg
„Das kleine Format“ Otto-Galerie, München
KunstKöln 2003
2004 „Fuss-Ball-Bilder“ Stadtsparkasse Mönchengladbach
„Künstler am Ball“ Opel AG, Rüsselsheim
„Kommen Sie nach Hause 6 “, Kunstpunkte Düsseldorf, Internationale Photoszene Köln
„Landesgartenzwerg“ Liebenweinturm, Burghausen
„Neues vom kleinen Tierfreund“ Galerie Ewald Schrade, Schloß Mochental
2005 „come home“ St. Marys Bay, Auckland, New Zealand, The Marine Lodge , Port Chalmers, New Zealand
“Kunsthalle Koblenz in Köln“ Spichernstr.6, Köln
“Grizzly People” Künstlerhäuser Worpswede
2006 „DOPPELPOP“ Skulpturenpark, Katzow (mit Michael Denkler)
„Wadenbeisser“ Büro Emschermann & Partner
„Gut leben und andere Leidenschaften“ Galerie im „nebenan“, Winsen / Aller
Galleri M, Bogense (mit Annette Reichardt)
Galerie Aviva, Essen