Auf Wunsch zeigen wir die Filme "Ringel" (1971) und "Colette" (1996), Künstlerportraits über Franz Ringel von Wilhelm Gaube
"Die Reise nach Petuschki" ist der Titel eines Buches von Wenedikt Jerofejew, das er 1969 geschrieben hat und das 1978 erstmals auf deutsch erschien.
In diesem Buch macht sich der Künstler und Säufer Wenedikt Jerofejew mit einem Köfferchen voll Spirituosen auf zum Kursker Bahnhof, um nach Petuschki zu fahren. Petuschki, das ist sein Ziel, der Ort, "wo die Vögel nicht aufhören zu singen, wo sommers wie winters der Jasmin nicht verblüht".
Der Kursker Bahnhof ist leicht zu finden, denn wohin er auch geht, ob nach rechts oder nach links, vor oder zurück, immer kommt er zum Kursker Bahnhof. Und also trinkt er und trinkt und trinkt ...
Jerofejews Apologie der Trunksucht stellt die alte Frage, wer die eigentlich Betrunkenen und wer die Nüchternen in dieser Welt sind, auf unnachahmliche Weise wieder: "Wir alle sind betrunken, nur jeder auf seine Weise." Deshalb würde diese Reise ohne Alkohol letztlich genauso verlaufen.
Franz Ringel, 1999
Der Zyklus "Antonin Artaud" besteht aus einer Reihe gemalter Köpfe, die Artauds Selbstbildnis gewidmet sind und sich an der antiakademischen "Ungeschicklichkeit" orientieren, die dessen Zeichnungen auszeichnen. Ringel verschmiert alle eindeutigen Konturen, mischt die Profile und verdoppelt die Köpfe, die er in Fensterrahmen und -kreuze einkastelt. Seine von Striemen und Schnitten durchfurchten Gesichtslandschaften haben dem Clochard und Schmerzensmann in Artaud aufgespürt und gehuldigt, wie es dieser einst mit van Gogh tat.
Peter Gorsen, 1998
... Ringel malt keine Ideen. Er coloriert bloß seine Geister.
Er schmiert die Farben so hin, daß man merkt, was Farben sind. Die Verrückten im leiseren Bild - Hintergrund staunen darüber lächelnd.
Durch Ringel auf den Verdacht gekommen: Irgendwie schauen die Bilder ihren Malern ähnlich. (Nicht nur bei Selbstportraits!)
Bei Dichtern ist häufig das Gegenteil der Fall ...
Wolfgang Bauer, 1999
Seine Bilder aus den Sechzigerjahren haben ihn berühmt und berüchtigt gemacht.
... Figuren des Ausdrucks eines orgiastischen Lebensprinzips, schwellende Glieder, die den Bildraum zu sprengen scheinen, nicht selten als hermaphroditische Zwitter konzipierte Gestalten ...
Die Spannung der beiden Positionen zueinander, jene der Sechzigerjahre zu der der Neunzigerjahre erscheint aufschlußreich, vom Bildraum und der Konzeption des Räumlichen her könnte man von einer Umkehrung sprechen, denn nun kommt dem Weißraum des Bildgrundes eine weit wichtigere und dominante Rolle zu als früher, wo der Körper das Bild ausfüllte und zu dehnen schien.
Ringels sich immer wieder erneuernde Malerei hat in den Bildern der Neunzigerjahre in den Huldigungen, aber vor allem in den Akten den größten Abstraktionsgrad erreicht. Der Raum saugt den Körper auf, der nur mehr in extremen Verdünnungen und Andeutungen vorhanden ist.
Ringel ist immer ein figurativer Maler geblieben, der am Akt und am Körper, also besonders seiner Präsenz als sexuellem Wesen interessiert war...
Peter Gorson bemerkt zu Recht, daß Ringel mit einer in der Kunst des XX. Jahrhunderts seltenen Eindringlichkeit die autonome Natur archetypischer Motive von Leben und Todestrieb, Eros und Leiden thematisiert hat.
Peter Weiermair, 1995
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