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Uwe Schloen, Schwein 03

Uwe Schloen


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Transsiliconia
Uwe Schloen ist ein Reisender. Immer wieder treibt es den in Norddeutschland lebenden Künstler in die Ferne. Dänemark, Finnland, Luxemburg, die Niederlande sowie, beinah regelmäßig, Italien stehen auf seinem Programm, letzteres schon allein durch seine seit 2000 im Giardino di Daniel Spoerri, Seggiano, beheimatete Außeninstallation „Bunkerdorf“. Jüngere Reisen brachten ihn nach Nordafrika oder Osteuropa, nach Polen und die Slowakei, nach Budapest sowie Rumänien. Und weitere Fahrten sind geplant.
Schloen reist dabei in der Regel nicht allein. Neben verschiedenen Künstlerfreunden haben ihn in letzter Zeit „stumme Kollegen“ in Form kleinerer Arbeiten begleitet, hölzerne figurative Skulpturen, aus dem eigenen Fundus für die jeweilige Tour sorgsam ausgewählt.
Bohumil Hrabal beispielsweise, benannt nach dem 1997 verstorbenen tschechischen Schriftsteller und Erzähler, ist so eine Figur. Eine grob geschnitzte, weiß gefasste, bewegliche Gliederpuppe mit eigenwilliger Silikonkappe. Zuletzt reiste die kleine Skulptur im Gepäck von Schloen mit nach Prag, wo Hrabal bis zu seinem Tod immer wieder in seinen skurrilen, humoristischen und satirischen Erzählungen Komik, Anekdoten und umgangssprachliche Wendungen mit
einer tragischen Grundstimmung mischte. Anders dagegen Franz Kafka, dessenProsa von der Überzeugung an ein mystisch unveränderliches Sein berichtet. Unbeweglich, ja geradezu blockhaft erscheint folglich die nach ihm benannte hölzerne Figur, die ebenfalls mit nach Prag, der Geburtsstadt des Schriftstellers, auf Reisen ging.
Nach Amsterdam wurde Schloen wiederum von einem kleinen gummibestiefelten Figurenduo begleitet, beide beinah vollständig mit den für den Künstler so typischen Silikonsetzungen überzogen. Eine andere Stiefelpuppe mit Silikonhaube fand 2005 ihren Einsatz in Oronsko, dem polnischen Zentrum für Skulptur. Und seine „Silikonteddys“ folgten ihm bislang schon nach Rumänien, Budapest, Krakau sowie in die Slowakei.
Merkmal einer jeden Reise ist die Fremdheit. Als Reisender unterwegs zu sein bedeutet, das Vertraute hinter sich zu lassen, um sich (zunächst) in einer fremden Kulisse zu bewegen. Jeder Schritt gleicht einer Eroberung und nicht selten einer Befreiung vom alltäglichen Sein. Uwe Schloen hat für sich die Bedeutung des Reisens erkannt. Die mitgeführten „stummen Kollegen“ erlauben ihm dabei, das Schweigen und die Fremdheit der neuen Umgebung aufzubrechen, indem sie nicht weniger fremd zum Bestandteil der jeweiligen Kulisse werden.
Schloen platziert die Arbeiten an verschiedenen Orten und fixiert diese Situationen dann als Fotografie, die dabei weniger durch große Brillanz oder kompositorische Raffinesse überzeugen muss. Vielmehr sind meist spontane Eindrücke, eine Wasserlache auf dem Boden, eine hölzerne Wegbegrenzung in Signalfarben, ein Friedhof, ein Bretterzaun u.a.m., Auslöser für die Fotos, wobei nicht selten die Potenzierung des Fremden wiederum zu einer Verbindung und zugleich Vertrautheit führt. So entwickeln sich beinah regelmäßig aus den eigenwilligen Aktionen Kontakte zu Passanten, zufällige Beobachter der Aktion, die die skurrile Situation zum Anlass eines Gespräches nutzen. Insbesondere die „Silikonteddys“ aus verklebten Plastikflaschen haben sich dabei in ihrer bizarren „kindlichen“ Form besonders bewährt und so über den spielerischen Umgang Kommunikation auf einer Metaebene ohne Sprache ermöglicht.
Es ist gerade der Aspekt des „kindlichen“, die Besinnung auf die Kindheit, die Schloen immer wieder auf Reisen gehen lässt. Seine Reisetagebücher belegen schon früh die Beschäftigung und Annäherung des Künstlers an die Vergangenheit, gekoppelt mit dem Bedürfnis, sich dem alltäglichen Trott zu entziehen. Eine alte Arbeit im seinem Atelier trägt folgerichtig auch den Titel. „Ich nehme nicht teil“, was ein ausgeprägtes Abgrenzungsbedürfnis erkennen lässt. Schon das elterliche Haus bietet dem Künstler in jungen Jahren ausreichend Platz und Material, Orte der Fantasie und zugleich des Rückzuges zu entwickeln, ein Merkmal, das sein Werk bis heute durchzieht. „Nicht teilnehmen“ ist dabei aber nicht gleichbedeutend mit „sich verweigern“. Denn eher gegenteilig sind Werk und Vita Schloens von zahlreichen Arbeiten und Aktionen gesäumt, die seinen künstlerischen Erfolg deutlich erkennen lassen. Neben dem erwähnten Bunkerdorf in Italien, eine Installation aus bleiummantelten Bauwerken für die vier alchemistischen Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft im Giardano di Daniel Spoerri, zeugen so beispielsweise die „Siedlung Gölm“ oder „das legendäre Silikonzimmer“ von seinem anerkannten und dabei eigenwilligen Blick auf die Dinge, jene gleichberechtigte „Parallelwelt“ zur vordergründigen Erscheinung des Seins. Vielmehr speist sich Uwe Schloens Abgrenzungsbedürfnis eo ipso aus seinem selbstgewählten Dasein als Künstler, sowie der damit zwangsläufig verbundenen Einsamkeit, die er unter dem Begriff der „Vergletscherung“ für sich künstlerisch auslotet. Schon die früheren bleiummantelten Arbeiten spielen in diesem Sinne mit der Ambivalenz des Materials Blei, das sowohl in höchstem Maße Schutz (vor Strahlung), als auch aufgrund seiner Giftigkeit Gefahr verkörpert. Nicht weniger eindringlich sind jene Arbeiten aus Silikon, die nicht zuletzt durch die Farbe weiß den Eindruck von Kälte anschaulich transportieren.
Dabei bedient sich Schloen auch hier der Ambivalenz des Materials, das sowohl durch die Form der Verarbeitung als Igelhaut die Bereiche Kälte, Schutz und Distanz bei gleichzeitiger faktischer Weichheit und Wärme des Materials in sich vereint. Der daraus resultierende, an die Emotionalität des Betrachters gekoppelte interpretatorische Freiraum ist ausdrückliches Anliegen des Künstlers, dessen Werke grundsätzlich Grenzen und deren Überwindung thematisieren.
In diesem Sinne ist Uwe Schloen ein Reisender. Das über und über silikonisierte Auto, ein entkernter und seiner Räder beraubter Fiat 126, ist ihm dabei nicht tatsächlich Fortbewegungsmittel, sondern vielmehr Metapher für eine auf Nähe und Distanz, auf Fremdheit und deren Überwindung hin angelegte Reise. Ausgestattet mit einem kleinen silikonisierten Kronleuchter in der Fahrgastzelle verweist die seltsame Skulptur auf die Möglichkeit des Sich-Einrichtens im Rahmen der kontinuierlichen Situation eines Reisenden. Nicht „Ankommen“ ist das Ziel für Uwe Schloen, sondern vielmehr der Weg dorthin. Entsprechend verleitet auch die sog. „Haltestelle“ nicht wirklich zu langer Rast. Sie ist vielmehr Sinnbild für den kurzen Moment des Innehaltens auf dieser Reise, die vorbei an der „Camping-Installation“ aus Silikon zum „legendären Silikonzimmer“, einer früheren Arbeit von 2004 führt, das abermals durch unzählige Silikonsetzungen an Rätselhaftigkeit gewinnt. Während die „Camping-Installation“ auf die temporäre Sesshaftigkeit am fremden Ort verweist, gekoppelt an den Versuch, die Blicke vom erhöhten Standpunkt aus oberhalb der Dinge schweifen zu lassen, gleicht „das legendäre Silikonzimmer“ trotz seiner vollständigen Einrichtung nicht „belebbar“. Wie auch bei der „Haltestelle“ oder der „Camping-Installation“. Alles scheint möglich und nichts geht wirklich an diesem seltsamen Ort, der dank seiner Mehrdeutigkeit die Betrachter in ihrer eigenen Befindlichkeit vehement aufschreckt. Tisch und Stuhl, Fernseher und WC, Kühlschrank, Wände und Decken schimmern unter einer alles verklärenden Schicht tausender Silikonnippel. Durchblick erhält nur derjenige, der erkennt, dass alles Gezeigte, alles Gelebte und Erlebte, alles Gefühlte, Gesagte und Verschwiegene Bestandteil eines übergeordneten Ganzen ist, das wahrzunehmen und erkennen sich Uwe Schloen zur Aufgabe gesetzt hat. Seine Blicke dringen durch das Silikon auf Plastikflaschen, hölzerne Figuren, auf Tische und Stühle, auf Autos und Haltestellen und dergleichen mehr. Alles Gezeigte ist im Prinzip bekannt, wobei das Bekannte in seiner Ambivalenz an Mehrdeutigkeit gewinnt. Uwe Schloen reist durch das Land Transsiliconia und wir reisen mit. Schön, sind seine Arbeiten dabei allerdings nicht. Sie wollen es auch gar nicht sein. Ihr Zweck ist die Skepsis. Ihr Ziel ist die Frage. Nichts verharmlosendes oder bagatellisierendes haftet den Werken an. Vereinzelt, ganz selten mal ein Hauch von Witz.
Lachen aber möchte niemand.

Dr. Christian Krausch


Arbeiten des Künstlers

Schloen, Uwe ◊ Die Gölmer, 2006
Schloen, Uwe ◊ Die Gölmer, 2006

Schloen, Uwe ◊ Schwein + Schlachter (Sehnsucht), 2006
Schloen, Uwe ◊ Schwein + Schlachter (Sehnsucht), 2006

Schloen, Uwe ◊ Eismeer, 2006
Schloen, Uwe ◊ Eismeer, 2006

Schloen, Uwe ◊ Kinderzimmer (Ich komme gleich wieder), 2006
Schloen, Uwe ◊ Kinderzimmer (Ich komme gleich wieder), 2006

Schloen, Uwe ◊ Mobile, 2007
Schloen, Uwe ◊ Mobile, 2007

Schloen, Uwe ◊ Frau mit Kind, 2007
Schloen, Uwe ◊ Frau mit Kind, 2007

Schloen, Uwe ◊ Schwein 05, 2006
Schloen, Uwe ◊ Schwein 05, 2006

Schloen, Uwe ◊ Schwein 04, 2006
Schloen, Uwe ◊ Schwein 04, 2006

Schloen, Uwe ◊ Schwein 03, 2006
Schloen, Uwe ◊ Schwein 03, 2006

Schloen, Uwe ◊ Praga 07, 2006
Schloen, Uwe ◊ Praga 07, 2006

Schloen, Uwe ◊ Buda 04, 2006
Schloen, Uwe ◊ Buda 04, 2006

Schloen, Uwe ◊ Buda 01, 2006
Schloen, Uwe ◊ Buda 01, 2006

Schloen, Uwe ◊ Beil 06, 2006
Schloen, Uwe ◊ Beil 06, 2006

Schloen, Uwe ◊ Amster 03, 2006
Schloen, Uwe ◊ Amster 03, 2006

Biographie


1958 geboren in Kuhstedt / Niedersachsen
1981-83 Fachoberschule für Gestaltung, Bremen
1984-87 Studium der Bildhauerei / Malerei, Hamburg
seit 1983 freischaffender Künstler



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Ausstellungen


Aktuelle und vergangene Ausstellungstermine:
15.10.2007
UWE SCHLOEN


Weitere Termine:

2000 Galerie Apex, Göttingen
2001 Installation "Stazione", Schloß Agathenburg
2002 Galerie B/C 2, Luxemburg
Erich-Hauser-Kunststiftung, Rottweil
2004 'Das legendäre Silikonzimmer'
Kunsthalle Dominikanerkirche Osnabrück
Galerie Apex - Silikonflowers
Kunsthalle Osnabrück - 'Das legendäre Silikonzimmer'
Kunsthaus Grenchen (Schweiz)
'Die Künstler im Giardino di Daniel Spoerri', Seggiano (Italien)



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Pressemitteilungen:
16.10.2007
UWE SCHLOEN - Eröffnung mit viel Publikumsandrang
13.12.2007
Galerie Noack: Uwe Schloen - Weitere Haltestelle in Mönchengladbach


© Galerie Noack - Mönchengladbach    




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